Rezension von „155 Kurze aus der Poetry Slam Szene“

Wolf Hogekamp und Björn Högsdal haben für den Lektora Verlag eine Anthologie mit 155 Kurztexten aus der Poetry Slam Szene zusammengestellt und geben im gleichen Atemzug auch eine Kostprobe ihrer Texte. Passend lautet der Buchtitel „155 Kurze aus der Poetry Slam Szene“ und liefert genau das. 39 Autoren mit Bühnenerfahrung tragen mit ihren Texten zum 12,90 Euro kostspieligen Werk bei. Ziel des Buches: einen Eindruck von der Kreativität und Vielfalt der Spoken Word Szene zu vermitteln.

Die Anthologie soll laut Klappentext als Inspiration genauso dienen wie als Textgrundlage für Workshops an Schulen oder schlicht als Klolektüre. Fast alle Formate an Kurztexten ist vertreten. Aphorismen, Haikus, Elfchen, Limericks, Vierzeiler und Kurzgeschichten. Namhafte Szenegrößen von Bas Böttcher über Bleu Broode, Florian Cieslik, Frank Klötgen, Harry Kienzler, Markim Pause, Pauline Füg, Peh, Renato Kaiser, Peter Janicki, Sebastian 23, Temye Tesfu bis hin zu Toby Hoffmann haben Material zur Verfügung gestellt. Wer einen Teil dieser Slammer allerdings live gehört hat, merkt beim Lesen schnell: Diese Kurzen sind nicht unbedingt ihre besten Texte. Eingeteilt in Kategorien wie „Tiere“, „Stadt-Land-Fluss“, „Skurriles“, „Politik und Gesellschaft“, „Familie“ oder „Liebe“ – ein Kapitel, das angesichts der Inhalte den Zusatz „und Sex“ verdient hätte – spiegeln sie tatsächlich Kreativität und Vielfalt wider. Doch es tummelt sich zwischen tollen, amüsanten, verschrobenen und tiefsinnigen Kurztexten auch Gewöhnungsbedürftiges, Beliebiges und Durchschnittliches.

Zu den Perlen zählen – auch wenn Geschmack verschieden ist – mit Sicherheit „Widerstand“ von Högsdal, der spitzfindig einen Krieg gegen Energiesparlampen beschreibt. Hinzu kommen die fiktiven Interviews mit Politikern in der Reihe „Auf einen Tee bei Holly Heubert“ aus der Feder von Xóchil A. Schütz, die überdies den Neologismus „Einkindergartnung“ kreiert. Ein herrlich kurzes Lesevergnügen ist Moritz Neumeiers „Möwen“, der Nudeln als gemeinsamen Nenner zwischen hoffnungsvollem Poet und bierseligem Sozialfall entdeckt sowie Patrick Salmens Seekuh-Wortspiele oder „Der Zoo“ von Andy Strauß.

Zusammenfassung: „155 Kurze aus der Poetry Slam Szene“ hält, was es verspricht. Die Kurztext-Anthologie gibt einen Überblick über das Schaffen namhafter Spoken Word Poeten, ist aber nicht das Nonplusultra am gedruckten Slam-Himmel.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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