Reise durch Honduras

Die letzte Zepterübergabe von Copan
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Honduras bedeutet Mayakultur, Karibikküste und Regenwald. Zwei Wochen im August/September 2013 lernten mein Bruder und ich die Bananenrepublik mit der höchsten Kriminalitätsrate weltweit gemeinsam mit einem Reiseleiter kennen. Von wenigen Höhepunkten abgesehen war dieser Abenteuertrip nach Zentralamerika für uns zwar ein aufschlussreiches aber leider kein überwältigendes Erlebnis.

In San Pedro Sula gelandet, begann unser Abenteuer direkt mit dem ersten Highlight: Copan. Die Mayastätte überzeugte nicht nur mit der längsten Hieroglyphentreppe aller Orte der Mayakultur und kunstvollen Stelen auf der Gran Plaza, sondern auch mit Umkleideräumen am Ballspielplatz, einer ausgeklügelten Wasserversorgung und unzähligen Details. So ist auf einem Stein die Herrschergeschichte Copans verzeichnet. Sie endet mit der letzten Übergabe des Zepters an den 18. König. Danach ging Copan unter. Als hätten die Mayas es gewusst: Platz für einen weiteren Herrscher gibt es auf dem Chronik-Stein ohnehin nicht. Auffällig ist, dass die Könige fast durchgehend ohne Nase aus dem Stein schauen. Unser Führer erzählt, die Nasen wurden bei Revolten aus Protest abgeschlagen – nur mit dem 16. König war die Bevölkerung offenbar zufrieden. Einen kleinen Fußmarsch weiter besuchen wir La Sepultura – eine Maya-Wohnanlage, die zum Maya-Komplex Copan gehört. Archäologen legen mit Rastrojón gerade eine weitere Ausgrabungsstätte frei, die ein bisschen außerhalb ebenfalls zu Copan gehört und für neugierige Blicke geöffnet ist.

Deutsches Bier und kurioses Eis in Copan

Der großzügig inmitten der Natur schön angelegte Vogelpark Macaw Mountain Bird Sanctuary beherbergt neben Aras, Papageien, Tukanen und Eulen auch faszinierende Spinnen und lohnt einen Besuch, zumal hier auch Fotos mit den Gefiederten ohne Aufpreis oder Trinkgelderwartung möglich sind. Im Ort Copan probieren wir uns durch bizarre Eissorten. Während mein Bruder rosa Tequila-Eis (mal was anderes) und Käse-Eis (bäh) versucht, wage ich mich an Zapote- (kaum Geschmack) und Mais-Eis. Letzteres schmeckt überraschend stark nach Mais, der sich allerdings trotzdem nicht wirklich für diese Verwendung eignet. Paradox: Auf die Frage, ob die Verkäuferinnen auch Bohnen-Eis im Sortiment haben, erhalten wir die Antwort: „Nein, wieso sollten wir so eine komische Sorte haben?“ Abends suchen wir dann die Kellerkneipe von Thomas aus Ulm auf, der hier mit aus Deutschland angelieferten Zutaten leckeres Bier braut. Das ist zwar deutlich teurer als die honduranischen Flaschenbiere Imperial und Salva Vida, schmeckt aber auch den Einheimischen so gut, dass sie bereit sind, dafür etliche Lempira mehr zu bezahlen. Der langhaarige Altrocker gibt interessierten Gästen gerne auch eine „Brauerei-Führung“, in der er amerikanischen Touristen hauptsächlich von der deutschen Braukunst und seinen Produkten vorschwärmt, dabei aber auch mit Fachwissen glänzt.

Bauboom und ein Junkie-Friedhof in Trujillo

Unser nächster Stopp führt uns nach Trujillo. Die ehemalige Hauptstadt des Landes wird heute stark vernachlässigt,Touristen lassen sich kaum blicken. Die Strandpromenade entlang steht Restaurant neben Restaurant. Manche davon sogar dreistöckig, obwohl nur eine Handvoll Besucher die Lokalität aufsucht. Hoffen die Betreiber noch auf einen Boom, wenn vielleicht in ferner Zukunft mal Kreuzfahrtschiffe den Hafen von Trujillo anfahren? Oder sind die – für die Gegend und mögliche Auslastung - überdimensionierten Bauten lediglich errichtet worden, um Drogengelder zu waschen? Spätestens um 20 Uhr regt sich am nächtlichen Strand jedenfalls nichts mehr. Mittags essen wir Fisch direkt am Strand, blicken aufs Meer und die Kokosnüsse an den Palmen, die so idyllisch dazwischenliegen. Nachmittags besichtigen wir das Fort Santa Barbara, von wo aus Kanonen gen Ozean gerichtet sind. Dabei lernen wir etwas über die Geschichte der Stadt und des Piraten William Walker sowie über die Herstellung von Casabe-Brot aus Yucca, wie es die Garifuna backen. Auf der Rückfahrt aus dem Dschungel einige Tage später werden wir ein paar Bissen dieses Brotes, das ähnlich wie Hostien schmeckt und welches eine Garifuna-Mitfahrerin mit uns teilt, futtern. Nach dem Besuch des Forts drehen wir eine Runde auf dem Friedhof, sehen das Grab von William Walker und eines Montenegriners sowie die Spritzen und die Dorfjugend mit Junkie-Affinität. Von etwaiger Beschaffungskriminalität oder auch den gefürchteten Jugendbanden (Maras) merken wir in den zwei Wochen allerdings nichts.

Gerümpel-Museum, Garifuna-Dörfer und ein Ozelot am Strand

Ein Kuriosiäten-Museum steht noch auf dem Programm. Über Jahrzehnte hat der Besitzer von Präsidenten-Schreibmaschinen über Geldscheine aus aller Welt bis hin zu Fliegerbomben und Sperrmüll allerlei Gerümpel angesammelt. Seitdem er im Vorjahr verstorben ist, verstauben die Exponate im begehbaren Schuppen; eine Führung mit heiteren Anekdoten bieten seine Nachfolger auch nicht an. Dennoch: Wer nicht darauf erpicht ist, ausnahmslos historisch relevante Gegenstände zu sehen und mit einer Ausstellung mit Schrottplatz-Flair klar kommt, kann hier durchaus Spaß haben. Am nächsten Tag fahren wir an den menschenleeren Sandstrand von Campamento. Das klare Wasser teilen wir uns mit bunten Quallen, während beim Frühstück dort ein sieben Monate altes Ozelot die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Die tapsige „Sarafina“ spielt – mal an einer Leine, mal frei - gerne mit Luftballons, stößt dabei versehentlich ihre Trinkschale um und kaut leidenschaftlich Sandalen, selbst wenn noch Füße darin stecken. Am Nachmittag fahren wir durch drei Garifuna-Dörfer und genießen die Aussicht auf halbem Weg nach Petulia. Wo wir auf der einen Seite auf üppige Vegetation und auf der anderen auf's Meer blicken, fahren Lastwagen zu einem entstehenden Wasserkraftwerk. Unser Reiseleiter ist überrascht. Wieso baut die Regierung hier, wo nur wenige Wochen überhaupt mal eine brauchbare Menge Wasser fließt, ein Wasserkraftwerk? Etwa, weil neben investitionsfreudigen Kanadiern wie dem „Pornokönig“ nun angeblich noch der mexikanische Unternehmer Carlos Slim - einer der reichsten Männer der Welt - Land in der Gegend aufkauft?

Strom, Wasser und Toilettenspülung

Mittags essen wir Burger mit Fritten im Wedges-Stil im Banana Beach Resort in Santa Fe. Schmeckt unterirdisch und führt direkt zu Durchfall. Auch das Meer ist hier ganz anders als in Campamento – nämlich dreckig und mit beißenden Ameisen beim Umziehen auf dem Weg zum Auto, fast direkt am Strand. Abends trinken wir wie am Vorabend eine Spezial-Limo im Bamboo Beach am Strand von Trujillo. Serviert von einer kecken Bedienung, die erst beim Bezahlen der Rechnung am zweiten Tag merkt, dass ich kein Spanisch spreche und verwundert ist, dass wir gar nicht hier leben. Ob es nur der Burger mit den Fritten oder auch die Spezial-Limo war, die uns die Nacht und den folgenden Tag komplett mit Sprühstühl und Kotzerei verbringen lässt? Putzfrau im Hotel O'Glynn möchte ich nicht sein, denn mitten in der Nacht ist der Strom weg. Offenbar hängen Wasser und Toilettenspülung in der Unterkunft mit der Energieversorgung zusammen, denn nichts geht mehr. Strom läuft in der Regel über Generatoren. Abends um 17:30 Uhr, wenn die Leute von der Arbeit kommen und es dunkel wird, schalten die meisten ihre Lichter an und verursachen dadurch häufig Stromausfall. Dafür brennen Straßenlaternen – vereinzelt oder ganze Straßenzüge – wegen kaputter Dimmschalter tagsüber. Hinzu kommen horrende elektrische Verluste durch schlechte Leitungen. Anstatt die Defekte zu reparieren, wälzt der Netzbetreiber die Kosten auf den Verbraucher ab. Noch eklatanter ist die Wasserversorgung in Trujillo. Sind die Wassertanks der Häuser und Hotels leer, kommt oft stundenlang kein Wasser. Unser Reiseleiter hat acht Jahre lang in Trujillo gewohnt und wusste, wo die Rohre für die einzelnen Stadtviertel reguliert werden. Da sich die zuständigen Beauftragten aber nicht um fließendes Wasser kümmern, hat er sich damals selbst geholfen. Er fuhr zur offen zugänglichen Regulierungsstelle, drehte sein Rohr auf und alle anderen zu, bis sein Tank gefüllt war, und machte anschließend alle Rohre wieder auf.

Aufregende Fahrt in die Mosquitia

Schwer angeschlagen brechen wir einen Tag später als geplant auf in Richtung Regenwald „La Mosquitia“. Mit einem gut be- bzw. überladenen Pick-Up, bei dem eine Person auf der Mittelkonsole sitzt, fährt unser Fahrer F (Name geändert) los. Drei Mal muss der Wagen auf ein Fährfloß, einmal steigen wir dort aus, um uns die Beine zu vertreten und stellen fest: Außer dem Helfer sitzen plötzlich noch drei Anhalter auf dem Gepäckberg auf der Ladefläche. Wann sind die denn aufgesprungen? Nach knapp sechs Stunden Autofahrt über schlechte Straßen, Schotter- und Sandpisten steht uns noch eine Stunde mit dem Boot bis zur Unterkunft bevor. Wasserwege werden auf unserer Tour durch den Dschungel immer in schmalen, hölzernen Einbaum-Booten mit Außenbordmotor bewältigt. Geschlafen wird in einem zweckdienlichen Raum mit Holzverkleidung, je ein Bett inklusive Moskitonetz, kleinem Tisch und Hocker pro Person. Leider ist auch hier die Klospülung defekt, was bei anhaltendem Durchfall suboptimal ist. Mit einer Schüssel schöpfen wir Wasser aus einer Tonne. Die Ansprüche sind heruntergeschraubt, die Urwald-Dusche wirkt daher sogar erfrischend: Nachts sorgen Toilettengänge für die größte Gefahr auf der Reise, denn wer die Hose herunterlässt, den stechen sofort Moskitos in den Oberschenkel, wo wir kein Anti-Mücken-Mittel aufgetragen hatten. Ein Fehler, den wir in einer Region mit Malaria- und Dengue-Risiko kein zweites Mal machen. Zum Frühstück gibt’s frittiertes Brot, das aber auch nicht drin bleibt. Wenigstens bleiben die Flüssigkeiten ab 8 Uhr drin. Bei sechs Stunden Bootsfahrt im Einbaum nach Las Marias wäre alles andere verhängnisvoll. Pech haben wir dennoch, denn die zweite Hälfte hält strömenden Regen und eine Motorpanne (Kühlwasserzufuhr verstopft, aber in einer Viertelstunde repariert) parat. Jetzt hilft nur noch Galgenhumor. Durchnässt kommen wir mitten in der Mosquitia im Dorf Las Marias an.

Enttäuschender Regenwald um Las Marias

Unsere Unterkunft ist noch spartanischer eingerichtet, die Moskitonetze bringen wir selbst mit. Zum Plumpsklo müssen wir über schlammige Wege knapp 100 Meter durchs Dorf laufen. Die Nacht teilen wir uns mit stattlichen Cucarachas, Spinnen und einem Skorpion. Moskito fressende Geckos wie andernorts in Honduras wären mir lieber. Am dritten Tag unseres Dschungelabenteuers in der Mosquitia starten wir morgens in Sandalen mit einem fast halbstündigen Fußmarsch zum Boot, während die Einheimischen die Führung in Gummistiefeln bewältigen. Wir waten durch Matsch, der beinahe zwangsläufig mit Tierkot von umher laufenden Kühen, sich gegenseitig beißenden Schweinen, Pferden, Hunden und Hühnern getränkt ist. Zwei Paddler (zur Bewältigung kniffliger Stellen) und ein Steuermann am Motor lenken unser Pipante-Boot zu einer Stelle auf der anderen Seite des Flusses. Dort schlüpfen wir erst in Socken, dann in Wanderstiefel und laufen durchs Unterholz. Immer noch nicht ganz fit und von der hohen Luftfeuchtigkeit (ca. 95%) beeindruckt, geht es nur langsam den rutschigen Pfad hinauf. Am höchsten Punkt sehen wir eine von der Witterung vernichtete morsche Hängebrücke zu einem ebensolchen ehemaligen Aussichtsturm, der mangels Touristen nicht instand gehalten wurde. Nur wenige Spinnenaffen (habe zwei gesehen) und Blattschneideameisen repräsentieren die hiesige Fauna. Bergab lande ich trotz Stocks auf dem Rücken – und beim Aufstehen gleich nochmal. Schmerzfrei aber richtig schön dreckig geht’s mit dem Pipante weiter zu den Petroglyphs – Steinen im Fluss, die mit mystischen Schriftzeichen versehen sind, aber nicht spektakulär genug sind, als dass Forscher sich eingehender damit beschäftigen würden. Zurück im Dorf bemerken wir Oropendulas (eine Vogelart) sowie zwei unterschiedliche Kirchen; eine katholische mit Wellblechdach sowie eine evangelisch-morada Holz“ruine“. Vom Vordach unserer Unterkunft (mit Tisch, Stühlen und einer Hängematte) schauen wir zu, wie Buben im Regen versuchen ein Pferd einzufangen.

Fußball auf der Landebahn und Rückfahrt mit Angst-Faktor

Unser Transfer-Bootsfahrer, der uns nach Palacios bringt, heißt Davis Morgen und humpelt. Captain Morgen also. Dort angekommen beobachten wir vom Steg aus sechs Enten, die weitgehend – untypisch für ein Honduras ohne Ordnungssinn – brav in einer Reihe schwimmen. Vor einigen Jahren sind noch Flugzeuge in Palacios gelandet, heute kicken Jugendliche auf der Landebahn. Am nächsten Morgen geht es auf die andere Seite des Flusses, von wo aus wir per Pick-Up in die Zivilisation zurückkehren. Die Ladefläche wird kaum mit Gepäck, sondern vielmehr mit zusteigenden Passagieren gefüllt. Anstatt F sitzt ein Latino mit Bleifuß am Steuer. Mit fünf bis acht Menschen hinten drauf sowie fünf Fahrgästen im Innenraum heizt Marvin grenzwertig und bei dem aufwirbelndem Staub mit sehr geringer Sicht an Ölpalmen vorbei über den Schotter. Plötzlich auftauchende Hindernisse wären nicht mit dem Bremsweg kompatibel. Aber erst auf dem mit Schlaglöchern (wie überall in Honduras) übersäten Asphalt riskiert er aller Leben bei Überholmanövern frontal auf LKWs zu. Unserem Reiseleiter Matthias platzt der Kragen. Er droht wirkungsvoll damit, auszusteigen. Da Marvin in diesem Fall kein Geld sehen würde, fährt er lammfromm bis zum Ziel weiter.

Willkürliche Polizeikontrollen

Gleich drei Polizeikontrollen warten auf der Rückfahrt auf uns – wie auf der Hinfahrt. Mit Unterschieden. Während F den Beamten ein paar Scheine in die Hand drückte und wir direkt weiterfahren durften, sehe ich bei Marvin kein Geld fließen. Womöglich werden die Kontrollen aber auch deshalb gewissenhafter durchgeführt, weil die Teams neu zusammengestellt worden sind und/oder weil in dieser Fahrtrichtung eher mit Drogentransporten gerechnet werden muss. Jedenfalls steigen wir bei jeder Kontrolle aus und zeigen unsere Papiere vor. Beim ersten Stopp genügt den Polizisten bei meinem Bruder die Kopie des Reisepasses, Kontrolleur Nummer zwei empfiehlt ihm, eine Farbkopie zu machen. An der dritten Station bestehen die Beamten auf das Original-Dokument und erstmals schauen sie auch bei den Mitfahrern auf der Ladefläche genauer hin. Eine Haitianerin hat offenbar keine Ausweisdokumente dabei; irgendwie geht’s aber trotzdem mit ihr an Bord weiter. Gut, dass wir nicht mit US-Amerikanern und Kolumbianern reisen, die laut Matthias stets komplett durchsucht werden, Gepäck inklusive. Fährt unser Reiseleiter an einer Polizeikontrolle vorbei, kurbelt er beim langsam Vorbeifahren das Fenster seines als Tourismus-Fahrzeug erkennbaren Pick-Ups herunter und darf in der Regel ungehindert passieren.

Durch den Verkehr des Grauens nach La Ceiba

Der Verkehr in Honduras ist typisch mittelamerikanisch. Rücksichtslos fahren Autos gegen die Einbahnstraße, hupend und oftmals ohne Nummernschild. Diese werden nämlich in Kanada produziert und offenbar nicht so häufig geliefert. Fahrschulen suchen wir vergebens, den Führerschein kauft man sich einfach. Die Hupe ist mitunter das wichtigste Teil im Auto, denn Honduraner haben teils keinen Überblick über den Verkehr um sich herum und potenzielle Gefahren. Wer angehupt wird, weiß: Ups, ich muss auf meiner Spur bzw. stehen bleiben. Die Strecken sind von Schlaglöchern gesäumt. Kinder schaufeln den Asphalt mit Sand zu. Ab und zu fallen dafür kleine Lempira-Scheine (1 Euro = 26 Lempira) aus dem Wagen. Danach machen viele der Kids Pause, bis das nächste Auto angerauscht kommt.

In La Ceiba angekommen, machen wir eine „Stadtrundfahrt“. Ausgestiegen wird bei den Stadtrundfahrten auf dieser Reise generell selten. Einerseits aus Sicherheitsgründen, andererseits, weil es sich kaum lohnt. Am Park der Standard Fruit Company sowie bei den Schienen am Bananenhafen machen wir eine Ausnahme. Eine Eisenbahn fährt in Honduras allerdings seit Jahrzehnten nicht mehr. Direkt vor unserem Hotel am Zentralplatz verrichten Schuhputzer ihren Broterwerb. Eine günstige Gelegenheit, die im Regenwald eingesauten neuen Wanderstiefel wieder vorzeigbar machen zu lassen. Ein paar Meter weiter feiern die Garifuna 136 Jahre La Ceiba – so richtig Pep hat das Fest aber nicht. Abends essen wir Burger in der Fast-Food-Kette Wendys – ein Laden mit bewaffnetem Sicherheitsmann. Überhaupt tummeln sich unheimlich viel Security und Polizei in den Städten, insbesondere vor Banken. Wer tagsüber zum Schalter will, wird mit dem Metalldetektor untersucht, wer abends Geld am Automaten im Vorraum der Bank abheben will, wird ebenfalls gecheckt.

Von wem kaufen wir Lychees?

Bevor wir von San Pedro Sula aus den Heimflug antreten und für einige Zeit genug von Reis, Bohnen, Huhn und Rindfleisch haben, bietet uns das Hotel Maya Vista in Tela noch einen tollen Ausblick über die Stadt. Wir baden am Garifuna-Strand und erkunden Bäume im tropischen Garten Lancetilla. Vor dessen Toren verkaufen Frauen Lychees. Matthias hat einen humorvollen Tag, fragt, von welcher wir die Früchte kaufen möchten: Von der mit den größten Brüsten, von der mit den kürzesten Shorts oder von der mit dem größten Haufen Lychees auf dem Tisch? Mein Bruder möchte die günstigsten kaufen, doch der Preis ist bei all der optischen Verkaufstaktik gleich. Also verdient diejenige ein paar Lempira, die am schnellsten am Auto ist.

Wie kommen die Bananen in die Kiste?

Außerdem inspizieren wir in San Manuel eine Bananenplantage mit Verpackungsstation einer Kooperative, die für Dole (Standard Fruit Company) produziert. Die Bananen hängen zwecks Mikroklima und Schutz vor Schädlingen bereits an der Staude in blauen Tüten. Arbeiter ziehen rund 15 Stück mit einem Bauchgurt an einer Schiene entlang zur Verpackungsstation. Dort wird die Stammdicke gemessen, bevor die Bananen abgeschnitten und in ein Wasserbecken gelegt werden. Der fruchtlose Staudenrest wird auf einen LKW verladen und als Dünger wiederverwertet. Die Bananen setzen derweil ihren Weg auf die andere Seite des Wasserbeckens fort. Dort werden sie geprüft, etikettiert und der Schnitt mit einer schwarzen Fäulnis-Prävention bestrichen. Dann werden die Bananen in Gruppen (in der hintersten Reihe pro Karton 150 Stück einzeln) in eine Kartoneinlage gelegt und anschließend in den Karton gepackt, der von oben über eine Art Rutsche kommt. Die Kartons werden flach angeliefert, per Hand und Maschine in Form gebracht und nach unten geschubst. Die gefüllten Bananenkartons werden gewogen, gegebenenfalls angepasst – die Gewichtstoleranz ist minimal – und zur Verladung in einem LKW-Container gestapelt.

Fazit für einen Trip durch Honduras

Die Bananen-Verpackungsstation zählt neben Copan, Macaw Mountain und dem Quallenstrand von Campamento mit Ozelot zu den spannenden und schönen Erinnerungen an unsere Reise nach Honduras. Katastrophale Infrastruktur, einseitiges Essen, Durchfall, die viele Freizeit bei gleichzeitig wenig Beschäftigungsmöglichkeiten abseits des Programmverlaufs sowie der Zeitaufwand von fünf Tagen für ein Dschungel-Fiasko trüben das Erlebnis dagegen.

Der Tourismus in Honduras ist am Boden; die meisten – durchaus charmanten - Unterkünfte stark sanierungsbedürftig. Die teils penetrante Trinkgeldmentalität typischer Urlaubsländer ist hier erfreulicherweise nur sehr gering ausgeprägt. Angenehm ist auch das Verhalten der Händler und Straßenverkäufer, die zwar vereinzelt auf Touristen zukommen, aber ein „Nein, danke“ sofort akzeptieren. Kehrseite der Medaille ist eine vielerorts recht geringe Leistungsbereitschaft und Gleichgültigkeit, sowie die offensichtliche Korruption. Wer mit einem ortskundigen und Spanisch sprechenden Führer unterwegs ist, von Gangs beherrschte Gegenden meidet und gängige Sicherheitsmaßnahmen beherzigt, sollte allerdings von der eingangs erwähnten Kriminalität wenig bis gar nichts mitbekommen.

Bürgerreporter:in:

Michael S. aus Neusäß

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