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Advent, Advent - Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr !

  • Gesehen vor zwei Jahren in einem Naumburger Laden.
  • hochgeladen von Doris Seifert

Vor vielen, vielen Jahren - wohl über fünfundfünfzig an der Zahl - begab es sich, dass wir als kleine Kinder am Nachmittag des Weihnachtsabends bei den Nachbarskinder zu Besuch waren.

Wir durften einen Blick in die Weihnachtsstube werfen. Oh, wie waren wir doch gespannt. Der Vater der Nachbarskinder öffnete leise, die etwas knarrende Tür. Tannenduft und der liebliche Geruch von Weihnachtsgebäck umschmeichelte unsere Nasen. Etwas ganz Besonderes kündigte sich an.

Eine riesige Tanne, die über und über mit silbernem Lametta, silbernen Kugeln, silbernen Tannenzapfen, silbernen Vögeln, weißen Kerzen und allerlei essbarem Zierrat versehen war, ließ unsere Münder vor Staunen offen stehen.

Während wir Kinder diese schönen Dinge durch die geöffnete Tür bestaunten,
ertönte plötzlich Glöckchengeläut, das Poltern von Stiefeln ließ uns zusammenzucken und eine laute Männerstimme brummte: "Von drauß' vom Walde komm ich her; Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!".

Der Weihnachtsmann hatte angeklopft.

Oh, der Schreck fuhr uns allen in die Glieder und wir versteckten uns unter dem runden Stubentisch mit der langen Festtagstischdecke. Leise blieben wir unter dem Tisch sitzen und warteten bis Knecht Ruprecht wieder von dannen zog.

Erleichtert lugten wir unter dem Tisch hervor und warteten ganz brav auf die Bescherung unter dem Tannenbaum. Dieses Erlebnis habe ich nie vergessen.

Knecht Ruprecht

Habt guten Abend, alt und jung,
Bin allen wohl bekannt genug.

Von drauß' vom Walde komm ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Allüberall auf den Tannenspitzen
Sah ich goldene Lichtlein sitzen;
Und droben aus dem Himmelstor
Sah mit großen Augen das Christkind hervor;
Und wie ich so strolcht' durch den finstern Tann,
Da rief's mich mit heller Stimme an:

"Knecht Ruprecht", rief es, "alter Gesell,
Hebe die Beine und spute dich schnell!
Die Kerzen fangen zu brennen an,
Das Himmelstor ist aufgetan,
Alt' und Junge sollen nun
Von der Jagd des Lebens einmal ruhn;
Und morgen flieg ich hinab zur Erden,
Denn es soll wieder Weihnachten werden!
So geh denn rasch von Haus zu Haus,
Such mir die guten Kinder aus,
Damit ich ihrer mag gedenken,
Mit schönen Sachen sie mag beschenken."

Ich sprach: "O lieber Herre Christ,
Meine Reise fast zu Ende ist;
Ich soll nur noch in diese Stadt,
Wo's eitel gute Kinder hat."
- "Hast denn das Säcklein auch bei dir?"
Ich sprach: "Das Säcklein, das ist hier:
Denn Äpfel, Nuß und Mandelkern
Fressen fromme Kinder gern."
- "Hast denn die Rute auch bei dir?"
Ich sprach: "Die Rute, die ist hier;
Doch für die Kinder nur, die schlechten,
Die trifft sie auf den Teil, den rechten."
Christkindlein sprach: "So ist es recht;
So geh mit Gott, mein treuer Knecht!"

Von drauß' vom Walde komm ich her;
Ich muß euch sagen, es weihnachtet sehr!
Nun sprecht, wie ich's hierinnen find!
Sind's gute Kind, sind's böse Kind?

Vater: Die Kinder sind wohl alle gut,
Haben nur mitunter was trotzigen Mut.

Knecht Ruprecht:
Ei, ei, für trotz'gen Kindermut
Ist meine lange Rute gut!
Heißt es bei euch denn nicht mitunter:
Nieder den Kopf und die Hosen herunter?

Vater: Wie einer sündigt, so wird er gestraft;
Die Kinder sind schon alle brav.

Knecht Ruprecht: Stecken sie die Nas' auch tüchtig ins Buch,
Lesen und schreiben und rechnen genug?

Vater: Sie lernen mit ihrer kleinen Kraft,
Wir hoffen zu Gott, daß es endlich schafft.

Knecht Ruprecht: Beten sie denn nach altem Brauch
Im Bett ihr Abendsprüchlein auch?

Vater: Neulich hört ich im Kämmerlein
Eine kleine Stimme sprechen allein;
Und als ich an die Tür getreten,
Für alle Lieben hört ich sie beten.

Knecht Ruprecht:
So nehmet denn Christkindleins Gruß,
Kuchen und Äpfel, Äpfel und Nuß;
Probiert einmal von seinen Gaben,
Morgen sollt ihr was Besseres haben.
Dann kommt mit seinem Kerzenschein
Christkindlein selber zu euch herein.
Heut hält es noch am Himmel Wacht;
Nun schlafet sanft, habt gute Nacht.

Theodor Storm

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4 Kommentare

Eine niedliche Geschichte schön erzählt! Von dem Gedicht kannte ich nur ein paar Zeilen- danke für die "Vollversion!" Liebe Grüße Frank

Ach, Doris, Du hast uns wieder einmal ganz auf Deine Weise ins Kinderweihnachtsland zurück geführt. Vielen Dank

Constanze, Frank und Renate, herzlichen Dank, dass euch meine Geschichte gefallen hat. Als ich heute den Aufruf zum Schreiben las, fiel sie mir wieder ein.
Den Baum sehe ich noch heute vor meinem geistigen Auge in voller Pracht stehen. Und unsere Ängstlichkeit vor dem Knecht Ruprecht fühle ich noch heute. Es gibt Kindheitserlebnisse, die haben sich unauslöschlich ins Gedächtnis geschrieben.

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