Ein Wunder, dass wir überhaupt noch leben (eine Generationsgeschichte)

Dreckspatz

Wir, die wir in den 50er und 60er Jahren lebten und als Kinder die Welt entdeckten, können zurückblickend heute kaum glauben, dass wir überhaupt so lange überleben konnten.
Als Baby lagen wir in eine Decke gewickelt auf dem Rücksitz und saßen dann später als Kinder im Auto unserer Eltern ohne Kindersitz, ohne Sicherheitsgurt und Airbags.
Unsere Kinderbettchen waren angestrichen in strahlenden Farben voller Blei und Cadmium. Die Arzneifläschchen aus der Apotheke oder die Schaubverschlüsse der Putzmittelflaschen konnten wir mit unseren kleinen Händen mühelos öffnen.
Türen uns Schubladen waren eine ständige Bedrohung für unsere Fingerchen.
Auf dem Fahrrad trugen wir niemals einen Helm und wir tranken Wasser direkt aus den Wasserhähnen der bleihaltigen Wasserleitungen oder bei Wanderungen direkt an der Quelle oder dem Gebirgsbach aus unseren dreckigen Händen und nicht nur aus sterilen Mineralwasserflaschen. Im Winter aßen wir kiloweise Schnee.
Aus Materialien, die wir von überall her zusammen trugen, bauten wir uns Seifenkisten-Wagen und merkten erst währen der ersten Fahrt den Abhang hinunter und dem unerwarteten Überschlag oder der Landung an einem Baum oder in einem Bach, dass wir die Bremsen vergessen hatten.
Wir hatten weder Play-Station, Nintendo, X-Box, Videospiele, über 60 Fernsekanäle, Filme auf Video oder DVD, Surround-Sound, eigene Fernseher oder Computer in unseren Zimmern und kannten keine Internet-Chatrooms.
Wir hatten einfach nur Freunde und am Morgen verließen wir das Haus zum Spielen auf den Straßen, blieben den ganzen Tag weg und mussten erst zu Hause sein, wenn die Straßenlaternen angingen und es Abendessen gab.
Niemand wußte oder interessierte sich dafür, wo wir waren und uns herum trieben, denn wir hatten natürlich auch kein Handy dabei.
Wir dachten uns Spiele aus, spielten mit langen Stöcken, mit denen wir - wider erwarten - nicht besonders viele Augen ausstachen, haben uns mit unseren Taschenmessern, die wir schon mit sechs zum Geburtstag bekamen, hunderte Male beim Schnitzen geschnitten, wir brachen uns manchmal Knochen und verloren auch schon mal einen Zahn, aber niemand wurde deswegen verklagt. Denn kein Mensch fragte damals nach "Aufsichtspflicht". Wir kämpften und schlugen einander manchmal grün und blau. Wir mußten damit leben, denn die Erwachsenen interessierte dies kaum. Sie kannten dies aus ihrer eigenen Kindheit.
Wir aßen Kekse, Brot mit dick Butteer drauf, tranken viel und wurden dennoch nicht zu fett. Mit unseren Freunden tranken wir aus einer Flasche, aßen Würmer um die Wette und keiner von uns starb an den Folgen!
Beim Straßenfußball durfte nur mitmachen, wer gut war. Wer nicht so gut war mußte lernen, mit Enttäuschungen klarzukommen. Manche in der Schule waren nicht so schlau wie andere und mussten die Klasse wiederholen. Dies führte aber nicht zu emotionalen Elternabenden oder gar zu Änderungen der Leistungsbewertungen.
Mit 16 Jahren fuhren wir Moped wie die wilden - ohne Helm! und mit 18 Jahren machten wir den Motorrad- und Autoführerschein - ebenfalls ohne Helm und ohne Gurt!
Unsere Taten zogen aber manchmal auch Konsequenzen nach sich und keiner konnte sich verstecken. Wenn einer von uns gegen das Gesetz verstoßen hatte, war klar, dass die Eltern ihn nicht aus dem Schlamassel heraushauten. Im Gegenteil; sie waren stets derselben Meinung wie die Polizei.

Unsere Generation hat eine Fülle von innovativen Problemlösern und Erfindern mit Risikobereitschaft und Fleiß hervorgebracht. Wir hatten Feiheit, Mißerfolg, Erfolg und Verantwortung. Und mit allem wußten wir stets adäquat umzugehen.
Wir sind die Letzten ohne nennenswerte Allergien, Burn-Out's und - der Statistik zufolge - die gesündeste Generation! - wenngleich wir (ebenfalls statistisch) längst mehrmals und aufgrund verschiedenster Gründe hätten tot sein müssen!
Wir haben aber alles überlebt!
Grenzt dies nicht schon beinahe an ein Wunder?

Wenn Du auch dazu gehörst: GLÜCKWUNSCH !!

frei nach einer Idee v. P.Tresselt -"Schule heute" 2004

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Kreiner aus München

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