Anton, Teil 21 (Katzenaugen)

Tiger in der Nacht

Im Juli1998 war ich in der Nacht im Garten, um Sterne zu beobachten. Was genau, da bin ich mir nicht mehr so sicher, kann auch die Unterlagen gerade nirgends finden. Anton war kurz bei mir, ging dann aber bald wieder, da ich mich zu sehr auf das Teleskop oder den Feldstecher konzentrierte.

Aber als ich die Geräte wieder abbaute, sah ich zwei leuchtende Punkte auf dem Geräteschuppen in Antons Garten. Weit war er also nicht weggegangen, hatte vermutlich die ganze Zeit zugeschaut. Von diesem ‚Tiger in der Nacht’ musste ich einfach ein Foto machen. Also habe ich schnell die Kamera geholt, gehofft, dass Anton bleibt, wo er war, und tatsächlich, als ich wieder auf der Terrasse ankam, saß er immer noch auf dem Dach.

Und in der Tat: Das Bild wurde besser als erwartet. Zwar arg pixelig, wegen zu wenig Licht, aber Anton war deutlich zu erkennen. Vor allem seine beiden leuchtenden Punkte, die Reflektion des Umgebungslichtes in seinen Augen.

Durch die reflektierende Schicht hinter ihrer Netzhaut sind Katzenaugen deutlich Lichtempfindlicher als Menschenaugen, und ich wüsste zu gerne, wie für sie der Sternenhimmel aussieht. Wenn wir in der Nacht zusammen unterwegs waren, hat Anton gelegentlich nach oben geschaut. Einmal, der sehr helle Jupiter stand nur etwa 10° über dem Nachbarhaus, blieb Anton vor mir stehen und sah genau in diese Richtung. Es war hell genug, dass ich ihn dabei beobachten konnte. Ich weis natürlich nicht, ob er wirklich den Jupiter angesehen, oder nur mich imitiert hat, hatte aber keinen Grund zur Annahme, dass letzteres zutrifft.

Katzen verstehen zwar so gut wie nie, was ein Mensch meint, wenn er mit der Hand auf irgend etwas deutet, aber sie verstehen sehr wohl, wenn ein Mensch irgendwo hinschaut. Vor allem, wenn er das sehr konzentriert macht. Daher kann ich mir schon vorstellen, dass Anton verstanden hat, dass ich in klaren Nächten Sterne ansehe, wenn ich nach oben blicke. Aber ob er aus eigenem Antrieb... Ich weis es nicht.

Leider fiel nie ein heller Meteor, also etwas, das sich schnell bewegt, wenn Anton zusammen mit mir unterwegs war, aber Tinis Vorgänger Anti (cooler Name für einen Dackel, die ja ‘immer’ das Gegenteil von dem machen, was man will) hat Anfang der 70er Jahre einmal eine Feuerkugel, einen extrem hellen Meteor gesehen. Das war eine merkwürdige Geschichte. Der Dackel schlief damals bei meinen Eltern, musste nachts einmal raus – ein dringendes Geschäft erledigen – weshalb ihn meine Mutter zur Terrassentür heraus ließ.

Aber anstatt sein ‚Geschäft’ zu erledigen, blieb er stehen, starrte nach oben und eine Feuerkugel flog am Himmel entlang. Nach einem Bericht in der Zeitung zwei Tage danach, muss der Meteorit wohl in der Bodenseegegend herunter gekommen sein. Jetzt frage ich mich, wieso hat Anti fast eine Minute, bevor etwas zu sehen war, hochgeschaut? Ein Zufall? Vermutlich. Gut, sehr helle Meteore geben tatsächlich ein Geräusch ab, von dem immer noch nicht klar ist, wieso man das zeitgleich mit der Leuchterscheinung hören kann. Nun, die Geschichte mit dem Geräusch stimmt. Ich habe einmal, 1975 im August, beim Perseidenbeobachten in Grasbrunn, mir eingebildet, ein ganz leises Zischen zu hören, als ein sehr heller Meteor fiel. Aber die meisten der Erklärungsversuche, ich will so etwas nicht als Theorien bezeichnen, schwanken nach meiner Beurteilung fast alle zwischen unsinnig bis absurd.

Das Problem ist die Schallgeschwindigkeit. Rund 330 Meter pro Sekunde. Die Meteore sieht man aber in 70 bis 100 Kilometer Höhe, der Schall würde also Minuten brauchen, um den Boden zu erreichen. Können sie bei Verkehrsflugzeugen ausprobieren: Wenn sie ein hochfliegendes Exemplar beobachten, hören sie den Schall 30° bis 60° hinter dem Flugzeug. Und die fliegen in nur 10 bis 12 Kilometer Höhe.

Und wenn Anti über eine Minute bevor etwas zu sehen war, etwas gehört hätte, wäre der Meteoroid, so nennt man die kleinen Gesteinsbrocken bevor sie in die Erdatmosphäre eintreten, bei einer mittleren Geschwindigkeit von 30 Kilometer pro Sekunde noch mindestens 1800 Kilometer weit weg gewesen. Also noch sehr weit außerhalb der Atmosphäre. Anti kann also gar nichts gehört haben, das ganze war also ein ungewöhnlicher Zufall, und als der Dackel etwas Auffälliges sah, hat er vermutlich vergessen, was er eigentlich vorgehabt hatte.

Bürgerreporter:in:

B Göpfert aus München

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