Oskar Lafontaine: Macron stärkt Le Pen - Dilemma in Frankreich

Leider hat Oskar Lafontaine mit dem nachstehenden Kommentar völlig Recht. Allerdings beschreibt er nicht präzise genug, was in den nächsten fünf Jahren passieren wird: Setzt Macron sein neoliberales Programm der Kürzungen tatsächlich um, ohne - im Konflikt mit Deutschland - über kreditfinanzierte Ausgabensteigerungen die Arbeitslosigkeit in Frankreich entscheidend zu senken, so wird 2022 niemand mehr Marine Le Pen aufhalten können. Und dann greift tatsächlich der legendäre Spruch von Wolfgang Schäuble: Isch over. Für EU und EWU. Mit katastrophalen Auswirkungen auf den Exportjunkie Bundesrepublik Deutschland.

Oskar Lafontaine:
Macron stärkt Le Pen - Dilemma in Frankreich

Bei der Präsidentschaftswahl in Frankreich stehen mit Marine Le Pen und Emmanuel Macron, der unter Präsident François Hollande Wirtschaftsminister war, nun eine Rechtsextremistin und ein Vertreter des Systems, das das Aufkommen der Rechten in ganz Europa verursacht hat, im zweiten Wahlgang. Denn der Aufstieg des Front National in Frankreich hat seine Ursache im Versagen des Parti Socialiste (PS). »Wenn die Linke die Arbeiterklasse verneint, dann sucht diese sich einen neuen Repräsentanten«, hat der französische Soziologe Didier Eribon gesagt. »Politiker wie Macron haben Le Pen stark gemacht«, meint nicht nur Eribon, sondern auch der französische Schriftsteller Édouard Louis. »Sie gaben sich als Linke und haben lupenrein rechte Politik gemacht, die Banken unterstützt, das Parlament geschwächt.« Für Louis ist Marine Le Pen »in erster Linie das Produkt des Ekels vor dieser konservativen Linken«. Insofern ist es nicht überraschend, dass Marine Le Pen am Sonntag mit 21,5 Prozent auf dem zweiten Platz landete.

Umso ermutigender ist deshalb das außergewöhnliche Ergebnis Jean-Luc Mélenchons. Er landete mit einem grandiosen Wahlkampf mit 19,6 Prozent nur knapp hinter dem Konservativen François Fillon und deutlich vor dem Kandidaten des PS, Benoît Hamon. Von Marine Le Pen trennen ihn gerade 1,9 Prozent. Hätte sich die PS in den vergangenen Tagen dazu entschlossen, Mélenchon zu unterstützen, wäre Le Pen nicht in den zweiten Wahlgang gekommen. Weder Macron noch Fillon und schon gar nicht Le Pen – nur Mélenchon steht für einen grundlegenden politischen Wechsel und eine Politik, die wieder die Mehrheit der Erwerbstätigen, der Arbeitslosen und Rentner in den Blick nimmt und ein demokratisches und soziales Europa will. Er hat die Notwendigkeit einer neuen Wirtschafts- und Währungsordnung in Europa erkannt, die allen Ländern eine faire Chance lässt. Der durch Währungs- und Lohndumping begünstigte deutsche Exportnationalismus zerstört den europäischen Zusammenhalt.

Ganz im Gegensatz dazu der smarte Rothschild-Banker Macron. Er steht für eine Fortsetzung der Austeritätspolitik, für einen weiteren Abbau des Arbeitsrechts, für eine weitere Kürzung sozialer Leistungen und für eine Unterstützung der Interessen von Banken und Konzernen. Kein Wunder, dass er in Deutschland von den neoliberalen Einheitsparteien CDU, CSU, SPD, FDP und Grünen unterstützt wird.

Zur Stichwahl sagte der Sprecher Mélenchons: »Wir bedauern, dass wir uns nun hinter eine neoliberale Politik stellen sollen, die Frankreich und Europa ausbluten lässt.« Der Nationalismus Le Pens lässt die Geister wiederaufleben, die Europa nur Krieg und Unglück gebracht haben. Die Fortsetzung der bisherigen Politik durch einen Präsidenten Macron wird den Front National weiter stärken und den europäischen Zusammenhalt weiter schwächen.

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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