Für eine Erneuerung des linken politischen Lagers

Oskar lafontaine via facebook:

DIE LINKE darf nicht auch noch die Seite wechseln

Der Aufruf, angesichts des Absturzes des „linken Lagers“ von 52,7 Prozent 1998 auf 38,6 Prozent 2017, eine linke Sammlungsbewegung zu gründen, hat zu einer lebhaften Diskussion geführt. Unter anderem widmete der „Spiegel“ vergangenen Samstag seine Titelgeschichte diesem Thema. Der Artikel enthält viel Richtiges aber auch falsche Behauptungen:

„Der Partei DIE LINKE, das Resultat einer früheren Zerrissenheit und einer Abspaltung von der SPD, droht dieser Tage selbst die Spaltung. Weil sie sich nicht darauf verständigen kann, wie linke Politik im Zeitalter von Globalisierung und Migrationsdruck aussieht: Offen und internationalistisch oder abschottend, nationalistisch.“

Diese Passage enthält zwei Irrtümer: Eine Spaltung droht der Linken nicht. Mit Spaltung drohte das letzte Mal Gysi auf dem Göttinger Parteitag 2012. Und dass einige innerparteiliche Widersacher Sammlung mit Spaltung verwechseln wollen – geschenkt.

Auch die Konfrontation von „offen und internationalistisch“ gegenüber „abschottend und nationalistisch“ gibt es nicht. Vielmehr stehen sich überspitzt formuliert Human-Nationalisten, Export-Nationalisten und Beschäftigungs-Nationalisten auf der einen Seite und Verteidiger des Sozialstaates und Befürworter fairer internationaler Zusammenarbeit auf der anderen Seite gegenüber.

Human-Nationalismus heißt:
Hilfe für Menschen in Not ja, aber vor allem auf deutschem Boden.

Export-Nationalismus heißt:
Wir produzieren mehr Waren als wir verbrauchen, auf deutschem Boden.

Beschäftigungs-Nationalismus heißt:
Wir exportieren Arbeitslosigkeit und schaffen so mehr Beschäftigung, auf deutschen Boden.

Internationale Zusammenarbeit heißt:
Hilfe für Menschen in Not auch außerhalb Deutschlands, in den Lagern, in den Hunger- und Armutsgebieten.

Internationale Zusammenarbeit heißt:
ausgeglichene Handelsbilanz.
Wir kaufen anderen so viele Waren ab, wie wir ihnen verkaufen.

Internationale Zusammenarbeit heißt:
wir exportieren keine Arbeitslosigkeit und werben keine ausgebildeten Arbeitskräfte aus den Entwicklungsländern ab, sondern setzen auf Investitionen und Beschäftigung in diesen Ländern.

Im Gegensatz zur Titelgeschichte des „Spiegel“ ist in einem lesenswerten Aufsatz von Andreas Wehr die Konfliktlinie richtig beschrieben:

„Die Sozialdemokraten öffneten sich aber nicht nur dem Neoliberalismus als Wirtschaftsstrategie sondern auch Politikinhalten, die man zusammengefasst als postmaterielle bezeichnen kann. Überall übernahmen sie Werte und Inhalte der Grünen bzw. der 'neuen sozialen Bewegungen', der Umweltbewegung, der Feministinnen sowie der verschiedenen Initiativen zur Gleichstellung von Minderheiten.“

Und dann kommt der entscheidende Satz, der auch die Gefahr der Fehlentwicklung innerhalb der Partei DIE LINKE beschreibt:
„Die traditionelle Ausrichtung linker Politik auf gesamtgesellschaftliche Ziele, auf die Emanzipation der Lohnabhängigen als der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung, ging dabei verloren.“

Letzteres ist der Grund, warum Arbeiter, Arbeitslose und Gewerkschaftsmitglieder von linken Parteien zur AfD abwandern.

Wenn wir auf diese Menschen auch noch überheblich herabblicken, wie der Chef von Ramelows Staatskanzlei, der das Thüringer Bundestags-Wahlergebnis nicht zu deuten weiß, werden wir weiter verlieren. Er schrieb:

„Der resignatitv-autoritäre Teil (damit sind die Verlierer der Globalisierung und der Agenda 2010 gemeint) orientiert auf die Wiederherstellung des alten Sozialstaats. Er möchte sich an die ihm paternalistisch gegenübertretende Macht anlehnen und erwartet von ihr Schutz durch Protektionismus und Schutz vor Fremden, die er fürchtet.“

Das ist nun wirklich reaktionärer neoliberaler Mist, den auch ein Funktionär des BDI absondern könnte.

DIE LINKE muss achtgeben, dass sie nicht wie andere Parteien des „linken Lagers“ vor lauter postmodernem Geschwätz ihren ursprünglichen Auftrag aus dem Auge verliert und auch noch die Seiten wechselt.

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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