IN 160 TAGEN UM DIE WELT (TEIL 9)

14.1.08: Versprochen wurde uns im Hochglanzprospekt ein Besuch des Traumstrandes Cayo Coco an der Nordküste Kubas. Doch dank der nicht seetüchtigen Rettungsboote, die zum tendern nötig sind, wird das Ziel einfach gestrichen. Ausrede: der Strand ist beim letzten Sturm weg geschwommen. Für wie dumm hält eine Reederei ihre Kreuzfahrtgäste eigentlich? Also Seetag mit vollem Bordprogramm einschließlich Willkommens-Cocktail für die neuen Passagiere. An Bord gekommen ist Ezzelino von Wedel. Er wird unser Bordpfarrer bis Hamburg und ein aufgeschlossener, vielseitig gebildeter Gesprächspartner sein. Siehe auch: http://www.radiobremen.de/nordwestradio/religion/s...

15.1.08: Begeistert und gleichzeitig deprimiert hatten wir La Havana verlassen. Doch es sollte noch dicker kommen. Ankunft in Santiago de Cuba (der Heimat der Revolution) morgens gegen 10 Uhr.
Entgegen aller Warnungen (man will ja Exkursionen verkaufen) gehen wir wieder auf eigene Faust los. Wieder maliziöse Gesichts- und Handgepäckkontrolle durch Militärs, bevor wir das Armenhaus Kubas betreten. Wir verbringen den ganzen Tag in der Altstadt zwischen lebenslustigen Menschen und Militärposten an jeder Straßenecke. Zwischen alten Herren, die auf der Plaza Musik machen (die Gitarre hat noch drei von sechs Saiten, weil es keinen Ersatz gibt) und hübschen jungen Kubanerinnen, die sich wie strahlende Sonnen zwischen den baufälligen Häusern bewegen; zwischen baufälligen Patrizierhäusern und missbrauchten Kirchen. Wir sehen das berühmte Velazquez-Haus (1516), die Kathedrale (1528), wo uns 30 Bettler umringen, weil kein Militär in der Nähe ist, die Festung El Morrro und die Moncada Kaserne, deren Erstürmung Castro und seinen Revolutionären misslang. Unter dem Blütenbaldachin der Plaza genießen wir kubanischen Kaffee und meckern über die zahlreichen Kellner, die den Tresen fest halten und mit System dorthin schauen, wo keine Gäste winken.
Abends besuchen wir die weltberühmte TROPICANA-Show, die es nicht nur in Havanna gibt. Schöne Frauen und Männer, tolle Kostüme, tolle Ausleuchtung, aber verwässerte Salsa (Pop-)Musik. Anstatt zu tanzen, wird viel mit den Becken und Hinterteilen gewackelt. Für Freunde des Tanzes nicht empfehlenswert: Touristenabzocke.

16.1.08: Mit dem Taxi fahren wir hinaus aufs Land zu einer alten Kupfermine im Tagebau (El Cobre) und einer Wallfahrtskirche nebenan. Beim Verlassen der Stadt wird unser Taxi vom Militärposten kontrolliert. An der Wallfahrtskirche umzingeln uns bettelarme Menschen. Sie drücken uns kupferhaltige Steine in die Hand, die uns Glück und ihnen eine Spende bringen sollen. Ich versuche freundlich zu erklären, dass wir nicht allen Menschen auf einer so langen Reise helfen können. Doch man kann nicht verstehen, denn wir Europäer sind alle Millionäre.
Wir flüchten ins Taxi. Auf der Rückfahrt, an der Peripherie von Santiago kommen wir nach erneuter Militärkontrolle über den pompösen Platz der Revolution: „Muchas gracias, Fidel – máximo Lider!“ Abends an Bord präsentiert Marion von Richy für uns ein Rendezvous mit Filmmusik und Musicals. Als Nachthäppchen gibt es Lachsschnittchen mit Kaviar – oh, Mann, morgens wir durften noch nicht einmal einen Apfel mit an Land nehmen. Die Militärs hätten ihn selbst gegessen!

17.1.08: Morgens um 8 Uhr öffne ich unsere Balkontür und – traue meinen Augen nicht. Wir ankern direkt im Paradies! Port Antonio, Jamaika: links die Palminsel, die einmal Errol Flynn gehörte. Rechts ist das Schiff direkt neben einem traumhaften Sandstrand fest gemacht: Palmen, Blüten, Cocktail-Bar, sauberer, gepflegter Sand, grünes, klares Wasser. Haben wir Kuba nur (alb-)geträumt?
Wir spazieren durch den Ort – hinauf auf einen Hügel mit Aussicht über die Doppelbucht. Auf der Terrasse eines geschlossenen Hotels lassen uns die fleißigen Putzfrauen verweilen und die Aussicht genießen: „Yaman, Jamaica is de most!“
Schnell zurück zum Traumstrand und den tropischen Cocktails, die dort unten warten. Wir entspannen und genießen die beste Pina Colada unserer Reise.
Dann die Abschiedsparty am Pooldeck mit „Jamaica farewell“:
„But I’m sad to say I’m on my way.
Won’t be back for many o’day.
My heart is down, my head is turning around…“
(Harry Belafonte)

18.1.08: Seetag. Wir schippern quer durch den Golf von Mexiko. Kurs Süd/Südwest. Der Frühschoppen (mit Freibier) ist nur schlecht besucht, denn das Meer zeigt, was es so drauf hat. Wir genießen die Gischt über dem Vorschiff und bedauern viele grüne Gesichter. Abends haben wir Glück: Helene Fischer kann nicht singen, weil das Schiff unbeirrt und rücksichtslos in Richtung Süden stampft.
Siehe auch: http://www.myheimat.de/marburg/beitrag/51368/in-16...
http://www.myheimat.de/marburg/beitrag/50972/in-16...

Bürgerreporter:in:

Hans-Rudolf König aus Marburg

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