Sahra Wagenknecht: Der Faktencheck zur Rente in Österreich

In der Fünfkampf-Diskussion der kleinen Parteien fiel Moderatorin Sonia Mikisch aus der Rolle (ab min 23:50) und hielt ein Gegenreferat zu Sahra Wagenknechts Bemerkungen zur Rente in Österreich. Eine Replik ließ sie nicht zu, eine Frage stellte sie nicht. Sahra Wagenknecht kontert auf Facebook mit einem Faktencheck der Mikisch-Statements. Ich würde sagen, nun ist der „Faktenfinder“ der ARD gefragt.

Ich bin gespannmt, wie die "Faktenfinder" der ARD sich herauswinden werden. Als Lektüre ist den Faktencheckern das Buch „Die große Rentenlüge“ wärmstens zu empfehlen.

Der Faktencheck:

Eine gute gesetzliche Rente ist möglich, wenn alle – also auch Beamte, Selbständige und Politiker – fair einzahlen! So habe ich in der ARD-Sendung „Fünfkampf“ argumentiert. Mit dem Verweis auf Österreich, wo die gesetzliche Rente im Durchschnitt 800 Euro höher ausfällt. Die Moderatorin stellte diese Aussage mit vier Argumenten infrage.

Behauptung 1:. Es gibt in Österreich keine Pflegeversicherung, die durch die Rente abgedeckt wird

Richtig ist: Die Pflege (Pflegegeld) wird zwar in Österreich über die Rentenversicherung (Pensionsversicherungsanstalt) abgewickelt, aber ihre Leistungen (das Pflegegeld) werden in der Statistik getrennt aufgeführt. Außerdem ist das Pflegegeld in Österreich komplett steuerfinanziert! Das Argument, die Rente sei in Österreich deshalb höher weil daraus auch die Pflege finanziert würde, ist also Unsinn!

Behauptung 2: Die Rente in Österreich wird voll besteuert.

Richtig ist: Auch in Deutschland werden Renten besteuert! Für den Rentenjahrgang 2017 gilt ein Besteuerungsanteil von 74 Prozent, der bis 2040 auf 100 Prozent steigen wird. Da Renten in Deutschland also je nach Jahrgang unterschiedlich besteuert werden, ist ein Vergleich kaum möglich – zumal es auch Freibeträge gibt: Renten bis zu einer Höhe von 1111,71 Euro monatlich brutto sind in Österreich z.B. steuerfrei.

Schade, dass Frau Mikich nicht eine andere Statistik zu Renten und Steuern zitiert hat, die viel interessanter ist: Laut OECD hat Deutschland eine der niedrigsten Nettoersatz-raten, d.h. die Rente fällt hierzulande im Vergleich zu den vorherigen Verdiensten so niedrig aus wie in kaum einem anderen Industrieland! Vor allem Geringverdiener werden bei der Rente extrem benachteiligt!

Für Deutschland liegt die Nettoersatzrate bei 50 Prozent für einen durchschnittlich Verdienenden und bei 53 Prozent für einen Geringverdienenden

Österreich erzielt eine Nettoersatzrate von 91,6 Prozent für einen durchschnittlich Verdienenden und 92,1 Prozent für einen Geringverdienenden!

Behauptung 3: Es gibt in Österreich eine andere Demografie, also mehr Erwerbstätige die Renten finanzieren würden

Richtig ist: Es stimmt: In Deutschland sind ca. 21% der Bevölkerung 65 Jahre und älter, in Österreich nur 18,5 Prozent – aber so groß ist der Unterschied nicht. Viel entscheidender ist außerdem, wie sich die Arbeitsproduktivität entwickelt und wie viele Menschen durch eine gut bezahlte und sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit in die Kassen einzahlen! Das kann man politisch gestalten: Höhere Löhne = mehr Geld in der Rentenkasse! Mehr Kitaplätze = mehr Möglichkeiten für Frauen, erwerbstätig zu sein u.a.

Behauptung 5: Es gibt in Österreich höhere Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente

Richtig ist: Ja, es gibt in Österreich höhere Abschläge bei der vorzeitigen Rente. Aber zum einen sind die Unterschiede marginal, zum anderen hat man in Österreich sehr viel mehr Möglichkeiten, frühzeitig in Rente zu gehen!

Frage: Wer manipuliert hier?

Bürgerreporter:in:

Hajo Zeller aus Marburg

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