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Georgs Krieg. Eine verlorene Jugend.

So wie Georg erging es vielen in jener Zeit. Als er an der Oberrealschule in Marburg, die wie so viele Schulen auch, nach dem “größten Feldherrn aller Zeiten“ benannt war, mit 18 sein Abitur machte, steckte er voller Pläne und Gedanken an Reisen in ferne Länder. Stattdessen steckten sie ihn in eine viel zu große Uniform und schickten ihn in den Krieg. Zwar mit dem verordneten Hurra auf den Lippen, jedoch mit gemischten Gefühlen im Bauch zog er irgendwie fasziniert von der ersten Auslandsreise seines Lebens.

Seine Kamera und seine Notizbücher begleiten ihn Tag für Tag, um seine Eindrücke und Erlebnisse festzuhalten. Nach den anfänglichen Kriegserfolgen waren die Sorgen der Eltern, die nach gerade einmal zwanzig Jahren das Elend des ersten Weltkrieges noch vor Augen hatten, ebenso vergessen wie das Grauen, das sie selbst bereits in den ersten Wochen des neuen Krieges auf der Gegenseite verbreitet hatten. Von Polen führte die Reise nach Frankreich. Endlich konnte er die in der Schule erworbenen Sprachkenntnisse einmal in der Praxis anwenden.

„Freitag, den 14. Juni 1940
Um 06:30 geweckt, sind wir nach Paris marschiert. Unsere Division marschiert als erste in die Stadt ein. Die Bevölkerung kommt allmählich wieder von ihrer Flucht zurück. Der Flugplatz von Le Bourget ist von unseren Stukas zerstört.
Paris ist eine schöne Stadt. Über den Place de la Concorde marschieren wir an unserem Div. Kommandeur vorbei. Dort ist auch das Regierungsviertel, der Champs-Elysées, das Grand Hotel und die amerikanische Botschaft. In der Straße machen wir Rast bis 19:30 und unterhalten uns mit den Pariser Mädels mit ihren rot geschminkten Lippen. Abends marschieren wir nach Wissou, einem Vorort von Paris (15 km entfernt), wo wir diesmal in Betten übernachten.“

„Samstag, den 15. Juni 1940
3 Stunden geschlafen und wieder abmarschiert Richtung Süden. Französische Soldaten laufen haufenweise über. Sie sind die Schießerei leid. Teilweise sind sie besoffen. Wir übernachten in einem kleinen Dorf, wo feindliche Panzer Widerstand leisten, der von uns aber gebrochen wird. “

„Sonntag, den 16. Juni 1940
Um 10:00 Uhr aufgestanden und mit LKW Richtung Orlean gefahren. Bei Donneville leistet der Feind hartnäckigen Widerstand. Ich persönlich nehme einen Leutnant und zwei Mann gefangen. Man hört, Frankreich will Frieden machen. Nachts schlafen wir auf einer Wiese.“

Doch die zerstörten Städte, das Elend der flüchtenden Bewohner, die Gräber der Kameraden hinterlassen ihre Spuren. Sie ziehen bis in den Südwesten Frankreichs. Ohne es wahrzunehmen wird Georg erwachsen, aber seine Notizbucheintragungen werden immer einsilbiger. Es geht nach Russland und aus dem “Kessel von Smolensk“ wieder zurück in die Normandie.

„Dienstag, den 06. Juni 1944
Heute früh hat die Invasion begonnen. Soweit man sehen konnte waren englische und amerikanische Kriegsschiffe vor der Küste. Wir haben uns abends nach einem schweren Gefecht bis hinter Abbéville zurückgezogen.“

Ein knappes Jahr später, wenige Tage vor dem offiziellen Kriegsende wartet Georg mit seiner Einheit in einem Eisenbahnzug bei Kassel auf die Gefangennahme durch die Amerikaner. Er beschließt, seinen Krieg zu beenden und verlässt im Schutze der Nacht mit einigen Kameraden aus der Gegend den Zug. Von einem Bauern besorgt er sich Zivilkleidung und einen Hammer und legt als Streckenläufer getarnt den Weg in seinen Heimatort Gemünden(Wohra) entlang der Gleise zu Fuß zurück.

Georg hatte Glück, er verlor nur seine Jugend, viele seiner Freunde und Klassenkameraden ihr Leben. Wann immer er später gleichaltrige traf, nach kurzer Zeit kamen sie alle immer wieder auf das eine Thema zurück. Seine Notizbücher sind leider nur noch fragmentarisch erhalten.

  • Junge russische Gefangene sind froh, dass sie leben
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  • Englischer Soldatenfriedhof aus dem ersten Weltkrieg
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8 Kommentare

Danke Karl-Heinz,
der “Kessel von Smolensk“ kam auch in den leisen Erzählungen vor, die mein Vater vom Krieg mitbrachte. Allerdings auch die späteren "Kessel", wie der von Witebsk. Eine Verwundung ersparte ihm Stalingrad. Leider hat er damals seine Lernschritte (bei der Infanterie sind das einige) auf dieser "Jugendfahrt durch Europa" (Polen/Frankreich/Russland) mit anschließenden "Erlebnis-Camp" in Sibirien nicht aufgezeichnet. Wahrscheinlich wären solche Notizen auch nicht durchgekommen. Erzählt hat er uns davon kaum, nur kurze Fragmente, aus denen sich das Grauen erahne ließ.

Erwin, jeder hatte sicher seinen eigenen Weg, um seine Erlebnisse zu verarbeiten. Der eine versuchte zu verdrängen, der andere schrieb es sich von der Seele, obwohl die Aufzeichnungen immer einsilbiger wurden oder gar ausblieben.

Danke

ich konnte mal so Tagebuchnotizen meines Großvaters aus dem ersten Weltkrieg lesen

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