Wer nicht angelt kann keinen Fisch fangen! (2. Teil)

Dem Fisch ist deine Ausrüstung egal...

Womit hat man eigentlich vor 100, 1000 oder 2000 Jahren geangelt? Den Beruf des Fischers zu damaligen Zeiten belegt nicht nur die Bibel. Wie kam man im Mittelalter ohne Fischfinder auf Echolotbasis oder in der Steinzeit ohne elektronische Bissanzeige zurecht? Was haben nur die alten Römer ohne zwölffach kugelgelagerte Rollen angestellt?
Schauen wir mal einen Tausender voraus. Ich könnte mir vorstellen, daß die Angelvereine ihren Besatzfischen kleine Chips in die Rückenflosse knipsen. Diese vermitteln ihre Position an Satelliten. Von denen wiederum beziehen rund um das Gewässer positionierte Laserkanonen ihre Informationen, um auf das Wasser kleine Punkte zu projizieren und so den Standort der Forelle zu markieren. Wer einen Chip am Eingang abgibt erhält 50 Eurasia zurück. Der Angler übrigens verfügt an seiner Rute (mit automatischer Abschußvorrichtung) über einen kleinen Monitor: Dieser zeigt das Bild der in dem Wobbler enthaltenen Minikamera. Weiterhin ist im Wobbler ein winziger Außenborder installiert, der über einen Joystick unterhalb der Rolle mit dem rechte Daumen zu steuern ist. Fiktion? In tausend Jahren sprechen wir uns wieder!
Zurück zur Gegenwart. Daß der Handel mit Angelzubehör ein Wahnsinnsgeschäft mit der Dummheit der Menschen ist, zeigt spätestens die 1999 im ABU-Katalog (schwedische Nobelmarke) erschienene Abhandlung über das Bissverhalten in Abhängigkeit von Wassertemperatur und Blinkerfarbe. Mit wissenschaftlicher Akribie versuchte hier tatsächlich jemand zu belegen, daß der Fisch bei 10º Wassertemperatur den grünlichen Blinker dem gelblichen vorzieht, bei 12º dagegen den gelblichen dem pinkfarbenen, usw. Alles belegt durch wunderschöne Grafiken und Bildchen für eine Temperaturspanne von ca. 15º, die durch sieben verschiedenfarbige Blinker des selben Modells abgedeckt wurde. Was Blinkern recht ist, ist Wobblern und Jiggs billig. Wahrscheinlich hatte sich ein schlauer Mensch bei ABU die Frage gestellt: „Wie versiebenfachen wir unsern Umsatz?“ Bei dem Teil der Klientel, die auch glaubt, daß die Länge des Fanges proportional zu der Anzahl der Kugeln im Rollenlager ist, dürfte ihm dies gelungen sein. Sahnehäubchen: Wie zufällig wurde im selben Katalog ein hochkompliziertes, unverschämt teures Wasserthermometer angeboten, das beim Absinken automatisch alle paar Zentimeter die Temperatur elektronisch mißt und speichert. Im nächsten Katalog soll es die entsprechende Software mit dem zugehörigen Notebook geben...
Voll im Trend liegt auch Casio, japanischer Hersteller von u.a. Uhren. Casio bietet eine Armbanduhr an, auf der man die Mondphasen, Ebbe und Flut sowie den Sonnenauf- und Untergang ablesen kann. Weiterhin wird das "moon age", was immer das sein mag, angegeben. Diese Daten bilden dann die Grundlage für eine niedlich anzusehende Grafik, die durch hüpfende Fischsymbole gute und schlechte Angelzeiten dokumentiert. Bleibt nur zu hoffen, daß die Fische auch so eine Uhr tragen!
Halte dem Fisch etwas für ihn sichtbares und bewegliches vor die Nase! Egal was, nur: Ein Haken muß dran sein! Hast du dann noch den richtigen Zeitpunkt erwischt, so gehört der Fisch dir! Ob es ein Feuerzeug oder Haustürschlüssel ist spielt keine Rolle. Versuchs mit einem Flaschenöffner oder einer Mundharmonika - du wirst nie wieder ein Teil von ABU oder sonstwem kaufen!

Iiieh - den kann man doch nicht essen!

Frag mal einen Schweden nach einem Braxen! Siehe oben! Nun, Braxen (Brassen) sind bis zu klodeckelgroße in Schwärmen auftretende Zeitgenossen, die man, so man den richtigen Moment erwischt, serienweise ernten kann. (Am besten mit klumpenweise Teig.) Allerdings sind die Zahl der im Braxen enthaltenen Gräten Legion... Große, dicke in der Mitte bis zu haarfeinen drumherum. Alles reichlich vertreten. Was tun mit solch einem Fisch? Erste Möglichkeit: Kochen und einlegen à la Brathering. Innerhalb weniger Tage hat der Essig ganze Arbeit geleistet und die störenden Teile in Nichts aufgelöst. Zweite: Kochen und einige Male durch die feinste Scheibe des Fleischwolfes jagen... Die besten Fischklößchen, die ich bisher gegessen habe, stammen vom Braxen! Bleibt noch zu erwähnen, daß man sinnvollerweise in beiden Fällen die großen Gräten nach dem Kochen manuell entfernt. Wir waren aber bei den Schweden. Diese haben nämlich vergessen, daß in den schlechten Nachkriegsjahren weder Braxen noch zentimetergroße (-kleine) Rotaugen vor ihnen sicher waren. Damals hätten sie geantwortet: Ja! Wo? Soviel zur Vergesslichkeit des homo sapiens. Apropos kochen und essen: ich weiß nicht warum, aber Fisch gabs bei uns immer nur aus der Pfanne, vom Grill oder als Klößchen. Bis ich eines Tages im Second-hand-Laden eine gebrauchte, nur äußerlich leicht angerostete ABU-Räucherdose inklusive einer Tüte original ABU-Räuchermehl für etwa zwei Euro erstand. Für das gleiche Neu-Teil zahlt man im Laden einen knappen Fünfziger. So wurden denn die nächsten Hechte mariniert und eine halbe Stunde geräuchert: "Unbeschreiblich" würde den Geschmack wie das Wort ja auch sagt nur annähernd beschreiben, deswegen: Unbedingt selbst ausprobieren! Jede flache, fischgroße und verschließbare Metalldose und ein kleiner Spiritusbrenner sowie ein Gitter zum Auflegen des Fisches und etwas feines Sägemehl tuns auch!

Es gibt schon zutrauliche Tiere...

Da war die Möwe am Nissan in Falkenberg, die sich meinen Krabbenköder in der Luft abholte, aber nach einer Landung in Albatrosmanier vom Haken befreien konnte...
Oder die Ente, die sich widerstandslos mit dem Käscher fangen ließ, dann allerding verschreckt schaute und letztendlich ein enormes Gezeter anfing...
An meinem Steg hatte ich einen großen Braxen gefangen und in einen Eimer gelegt. Als ich wenig später vom Teignachschub holen zurück kam, schaute ich in den Eimer: Leer! Ein Stück weiter am Ufer saß eine fette Krähe und war mit dem Zerrupfen des Fisches beschäftigt...
Bei dem selben Steg steht am Ufer eine Bank, oder besser gesagt, eine Sitzgelegenheit aus zwei Baumstümpfen und einem Brett. Eines stillen Abends saß ich darauf, neben mir ein Rucksack, in dem ich ein paar Gerätschaften und Köder aufbewahrte. Plötzlich schubste mich der Rucksack an! Aus einem Loch an der Rückseite schaute ein schöner brauner Eichhörnchenschwanz heraus! Ich zupfte leicht an dem Schwanz, blitzartig war dieser im Rucksack verschwunden, dafür schaute ein Eichhörnchenkopf heraus, sah mich, keckerte unwirsch und verschwand dann nebst anhängendem Eichhorn mit vehementem Tempo auf dem nächsten Baum...
Übrigens hat mein Hund auch kriminelle Angewohnheiten. Obwohl sonst kein Vegetarier stibitzt er immer wieder gerne bei günstigen Gelegenheiten meinen Teigklumpen um ihn genüßlich zu verspeisen...
Dann war da noch die Kuh…: Als ich eines Tages am Emån angelte begann mein Hund plötzlich ein wütendes Gebell – Grund war eine Kuh, die gemächlich aus dem etwa 50 m entfernten Wald trat (zur Erklärung: Auf einigen Kilometern Länge gehört das Gelände am Emån einem Bauern, der dort auch seine Tiere weiden ließ, was ich aber nicht wußte). Normalerweise habe ich kein Problem mit Kühen, als aber aus der einen Kuh immer mehr Kühe wurden und schließlich etwa 20 der gehörnten Vierbeiner auf mich zu trotteten wurde mir doch etwas mulmig zu mute. Von meinem Hund war nichts mehr zu hören, er stand mittlerweile dicht hinter mir… Die Tiere kamen näher – ich stand mit dem Rücken zur Wand oder besser einen Meter vom Emån entfernt, plötzlich: Panik! Da fehlte doch was! Die Kühe waren allesamt Stiere. Wohl nur Jungbullen, wie ich später erfuhr, aber wer kennt sich in der Landwirtschaft schon so genau aus… Ich packte Angel und Käscher (siehe das Kapitel mir der Schubkarre!) und lief, wie ich in meinem ganzen Leben noch nicht gelaufen war…

Bürgerreporter:in:

Lothar Hofmann aus Marburg

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