Momentaufnahmen: “Last but not Least” - <i>Weltkulturerbe Schloss Schönbrunn</i>

Schloss Schönbrunn Rückseite
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Bevor wir die Heimreise antreten, tauchen wir ein letztes Mal in das große Theater mit imperialer Kulisse ein. Vor uns liegt Schloss Schönbrunn, die Sommerresidenz der Habsburger Kaiserfamilie. Unzählige „Sisi-Filme“ kommen mir sofort in den Sinn, als wir die erhabene Anlage über den Eingang von der „Schlossbrücke“ betreten. Wir haben Glück, ein paar Sonnenstrahlen finden den Weg durch die Wolken, so dass der warme Gelbton des riesigen Gebäudekomplexes an Raum gewinnt. Man kann nicht alles haben. Von der Vorstellung perfekter Bilder mit strahlend blauem Himmel, habe ich mich bereits verabschiedet. Es ist früh, und das sollte man in der Wintersaison tatsächlich beherzigen, die Schlangen von „übermächtigen“ Italienern und Japanern halten sich im Rahmen. Wir wählen die „Grand Tour“, wo wir alle der vierzig Schauräume von Kaiser Franz Joseph und „Sisi“, sowie die Räume Maria Theresias aus dem 18. Jahrhundert besichtigen können.

Der kostenlose „Flüsterer“ liefert uns wieder die notwenigen Hintergrundinformationen, eine komfortable Errungenschaft! Die Ursprünge von Schönbrunn gehen bereits auf das Mittelalter ins Jahr 1559 zurück, wo Kaiser Maximilian II. das aus einer Mühle umgebaute Lustschlösschen Katterburg erwarb. Allerdings verstarb er im Jahre 1576 plötzlich, so dass der Besitz über Rudolph II. später an Kaiser Matthias ging. Einer Legende zufolge soll dieser im Jahr 1612 bei einem seiner Jagdausflüge die Quelle gefunden haben, die später dem gesamten Anwesen den Namen „Schöner Brunnen“ gab. Die erste urkundliche Erwähnung von Schloss Schönbrunn findet sich im Jahr 1642, nachdem Kaiser Ferdinand II. und seine Kunstliebende Gattin Eleonora von Gonzaga hier ein repräsentatives Lustschloss errichten ließen.

Die zweite Türkenbelagerung mit vielerlei Verwüstungen im Jahr 1683, ging auch am Schloss Schönbrunn nicht spurlos vorbei. Wieder stolpern wir über den Architekten und „Meister des Barock“ Johann Bernhard Fischer von Erlach, der von Kaiser Leopold I. 1696 mit dem Bau eines kaiserlichen Lustschlosses beauftragt worden war. Für Maria Theresia richtete man das Areal Mitte des 17. Jh. als Sommerresidenz her. Geschichtsträchtig erlebte das barocke Prachtschloss seine Glanzzeit während des Wiener Kongresses in den Jahren 1814/1815. Nach erheblichen Zerstörungen im 2. Weltkrieg war der Wiederaufbau des Schlosses 1952 abgeschlossen. Seit 1997 steht die ehemalige Sommerresidenz der Habsburger nun auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes.

Wir schreiten die herrschaftliche Treppe hinauf und beginnen unseren romantischen Rundgang durch die Pracht und Verschwendung vergangener Zeiten. Kaum vorstellbar, dass Schloss Schönbrunn über 1441 Räume verfügt, von denen die 40 Schauräume also nur einen kleinen Bruchteil darstellen. Die Innenausstattung ist genial (für damalige Zeiten). Jede Raum hat einen Namen und damit auch seinen eigenen Stil und Stempel. Es fallen Gegensätze auf, denn die Wohn- und Arbeitsräume von Kaiser Franz Joseph sind dann doch eher schlicht gehalten. Allerdings machen das die Repräsentationsräume und Gästezimmer in Glanz und Gloria wieder wett.

Kaiser Franz Joseph I. wurde im Jahr 1830 in Schloss Schönbrunn geboren. Gleich am Anfang befindet sich „Raum 5“. In einem einfachen, verhältnismäßig kleinem Eisenbett starb Kaiser Franz am 21. November 1916 nach 68 jähriger Regierungszeit (1848 – 1916) vereinsamt.

Einige Zimmer weiter stoßen wir auf die Räumlichkeiten von „Sisi“. Beim Toilettenzimmer (Raum 8) bin ich über die optische Darstellung der Kaiserin ein wenig überrascht. Mir sticht Sisi in Lebensgröße (die Menschen waren damals eher Miniaturausgaben) mit bodenlangem Haar ins Auge. Für Sport, Schönheitspflege und die Pflege ihrer langen Haare, brachte Sisi täglich mehrere Stunden auf. Gleich daneben hat das gemeinsame Schlafzimmer (Raum 9) auf Grund des stattlichen, aber kurzen Ehebettes einen „niedlichen“ Charakter. Kaiser Franz heiratete die 16jährige Sisi im Jahr 1854, sie begehrte von Anfang an gegen das strenge höfliche Leben auf, so dass sie auch nur die ersten Ehejahre mit Franz diesen Raum zusammen benutzte. Als kaiserliche Hauptaufgabe, gebar sie 1858 nach zwei Töchtern mit Kronprinz Rudolf endlich den ersehnten Thronfolger. Danach begann sie ihr eigenes unabhängiges Leben mit ausgedehnten Reisen, ohne den höflichen Verpflichtungen große Beachtung zu schenken. Das „Enfant terrible“ der Hofburg passt damit bestens in die Zeit des „Fin de Siècle“.

Weiter geht es zu „Raum 11“. Das sogenannte „Marie Antoinette Zimmer“ diente als Familienspeisezimmer. Tolles Zimmer! Das fängt schon mit dem eigenwilligen Parkettboden an. Die Tafel ist mit feinstem Wiener Porzellan gedeckt, das Hofsilber und Kristallpokale dürfen ebenfalls nicht fehlen. Je nach Anlass wurde das Hofzeremoniell mehr oder weniger eingehalten. Durfte man sich im Familienkreis schon mal über den meterlangen Tisch unterhalten, war das beim offiziellen Dinner nur im Flüsterton mit dem Tischnachbarn erlaubt. Etwas stört mich an der Kulisse!? Ich frage mich, ob die aus den Stoffservietten raus lugenden Croissantattrappen noch essbar sind!? ;-)

Über Kinder-, und Frühstückszimmer, Gelben Salon landen wir im Spiegelzimmer. Der mit Weiß-Golden-Rokokodekorationen prächtig ausgestattete Raum stammt aus Zeiten von Maria Theresia. Wunderbare Kristallspiegel hängen an den Wänden, die so angebracht sind, dass sie in dem Raum den Eindruck eines imaginären Korridors liefern. Musik liegt in der Luft und wir streifen diesmal den kleinen Mozart. 1762 stellte der sechsjährige Mozart hier sein Können unter Beweis. Von der Begeisterung der Kaiserin ermutigt, sprang Mozart nach seinem Spiel der Kaiserin auf den Schoß und küsste sie mit inniger Umarmung, berichtete zumindest Mozarts stolzer Vater seinerzeit.

Im überwiegend italienischen Dunstkreis der Besucher ziehen wir weiter zur „Großen Galerie“. Wow, wortwörtlich bleibt einem bei diesem Anblick die Spucke weg (zumindest mir). Die Beschreibung „Prunkraum“ untertreibt, denn der Raum ist Superlativ. Diesem Eindruck kann auch die zweijährige Generalsanierung, die einen Teil mit externen Wänden verhüllt, keinen Abbruch leisten. Ich würde jetzt bitte gerne ein paar Fotos für das Gedächtnis „schießen“ und mit nach Hause nehmen. Leider ist Fotografieren hier strengstens untersagt. Ein Wermutstropfen, … Mit der „Großen Galerie“ und daneben der „Kleinen“, befinden wir uns im Mittelteil des Schlosses.

Wir stehen inmitten eines prächtigen Rokoko-Festsaals, der mit schlappen 420 qm allein schon durch seine Größe besticht. Sicherlich die ideale Örtlichkeit für reißende Bälle, Empfänge und andere große Veranstaltungen des Hofes. In meiner Vorstellung husche ich von Wiener Walzer-Klängen begleitet, durch den langen Saal bis mir schwindelig ist. „Hier kann man auf jeden Fall Tanzen, was das Zeug hält.“ In der „Großen Galerie“ hängen an beiden Seiten der Wände üppige Kristallspiegel, viel Weißgold in der Stuckdekoration strahlt uns entgegen. Der Blick nach oben zur Decke des Saals, macht das Raumerlebnis mit den wunderschönen Fresken einmalig. Man muss sich Zeit nehmen! Es ist alles einfach überwältigend, so dass der eine Moment schon den nächsten überlagert.

Man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Auch nicht, als wir von einer netten jungen Dame nach unseren Tickets gefragt werden. Im Zeremoniensaal endet der kleinere Rundgang durch das Schloss. Natürlich haben wir das Ticket für die Große Tour gebucht, so dass wir weiter durch die Geschichte gleiten.

Erstaunlich, chinesische Kunst hält im 18. Jh. in die kaiserliche Wohnkultur Einzug. Wir befinden uns in den Räumlichkeiten von Maria Theresia. Im Chinesischen Rundkabinett hielt sie geheime Konferenzen mit ihren Staatskanzler Fürst Kaunitz ab, der jederzeit und unbemerkt über eine Wendetreppe in die Gemächer gelangen konnte. Im Blauen Chinesischen Salon (Raum 28) fanden im November 1918 die historischen Verhandlungen zum Verzicht auf die Regierung Kaiser Karl I. statt. Das war das Ende der Monarchie und die Beendigung von Schönbrunn als kaiserliche Residenz.

Maria Theresias Privatsalon, dass Millionenzimmer, besticht durch die aufwendige Wandvertäfelung mit Rosenholz, die mit vergoldeten Schnitzornamenten überzogen ist. Kleine indio-persische Miniaturen sind unter Glas in die Vertäfelung eingelassen.

Begonnen haben wir unsere „kleine“ Reise durch Schönbrunn im Sterbezimmer von Kaiser Franz Joseph. Wir beenden den Rundgang mit dem ehemaligen Geburtszimmer. Hinter einer Plexiglaswand bewundern wir das einzig erhaltene Prunkbett des Wiener Hofes. Das aufwendig mit rotem Samt überzogene und mit kostbaren Stickereien ausgestatte Bett, befand sich bis 1947 im ehemaligen Schlafzimmer von Maria Theresia in der Hofburg. Nachdem es restauriert wurde, ist es seit 1980 hier in Schönbrunn zu bewundern.

Uns zieht es nach Draußen in den Schlossgarten. Natürlich versprüht er im Winter fast gar keinen Charme. Wir hüpfen über die flächigen „Eisschollen“ in Richtung Neptunbrunnen, was bei der Ausdehnung von knapp einem Kilometer ein sportliche Leistung darstellt. Dahinter hoch oben erahnt man im dunstigen Nebel die Gloriette. Es bleibt wenigstens die Ablichtung des von Johann Ferdinand Hetzendorf um 1770 entworfenen Neptunbrunnen. Er bildet die südliche Begrenzung des Gartens. Die Steinskulpturen aus Marmor von Wilhelm Beyer geschaffen, umrahmen als Dekoration die im Sommer sprudelnden Wasserspiele. Mittig sticht der Meeresgott Neptun mit seinem Dreizack in der Hand aus der Figurengruppe dominant heraus. Die Darstellung des die Meere beherrschenden Neptuns, wird in der Kunst des 16. bis 18. Jh. oft als Gleichnis für die Fürsten dargestellt, die die Geschicke des Landes zu lenken wussten.

Damit schließt sich zumindest für uns der Kreis. Das war´s längst nicht …

Fazit: Man gleitet durch die Stadt Wien wie in einem Walzer! Stets im ¾ Takt in Bewegung, haben wir uns soviel vorgenommen, davon nur Einiges geschafft, immer wieder abgelenkt von den Verlockungen weiterer imposanter Eindrücke rechts und links der Weges. Wien, das Innere nach Außen gekehrt, die Vergangenheit gekonnt in der Gegenwart in Szene gesetzt. Wir nehmen wunderbare, teils unverhoffte Momente mit.

Für mich steht heute schon fest, ich komme auf jeden Fall wieder!

Bürgerreporter:in:

Ines Peters-Försterling aus Marburg

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