Momentaufnahmen: <i>Eine kleine Weinreise nach Bullay an der Mosel</i>

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Während sich das Laub der Bäume langsam bunt verfärbt und man sich insgeheim einen freundlichen Herbst wünscht, beginnt für die Winzer die arbeitsreichste Zeit. Der Höhepunkt eines jeden Jahres ist die Weinlese. Dann entscheidet sich, ob der Winzer Geld verdient oder nicht. Für den Winzer ist es nicht immer leicht abzuwägen, ob er die Trauben lieber noch ein zwei Tage an den Rebstöcken hängen lässt und somit eine vollreifere Traube erwirtschaftet oder sie frühzeitig aberntet. Ein Tag Regen kann vieles kaputt machen, denn mit dem Regen kommen auch die Pilze und die Fäulnis an die Trauben. Eine ausgewogene Reifephase ist wichtig für die Zuckermengen in den Trauben, die gleichzeitig die Konzentration der Säure abmildert. Letztlich entscheidet nicht nur das perfekte Klima über die Qualität des späteres Weines. So viele Faktoren wollen berücksichtigt werden. Das Arbeitsjahr eines Winzers ist vielfältig, um ein edles Tröpfchen hervorzubringen.

Geschmäcker sind verschieden, deshalb ist es immer aufregend sich auf was Neues einzulassen.

Es verschlägt uns nach Bullay, Kreis Cochem-Zell, ein kleines überschaubares Örtchen an der Mosel mit knapp 1500 Einwohnern. Hier im staatlich anerkannten Ferienort lässt man gerne die Sinne und Blicke schweifen. Die steilen schiefrigen Hanglagen sind ein Meer von Rebstöcken, soweit das Auge reicht. Mit einer Länge von knapp 206 Kilometern, schlängelt sich die Mosel mit immer neuen Windungen durch die Landschaft bis sie die Einmündung in den Rhein bei Koblenz erreicht. Eine romantische Bilderbuchatmosphäre, die zum Verweilen einlädt.

Überall an der Mosel begegnet man Spuren vergangener Epochen. Die Römer führten den Weinanbau an der Mosel ein, und machten somit die Mosel zum ältesten Weinanbaugebiet Deutschlands.

Der Brautrock ist die bekannteste Weinlage in Bullay. Es gibt eine Geschichte über die Entstehung dieses Namens. Um die gräflichen Kassen wieder zu füllen, verpfändete seinerzeit Graf Beissel seinen Weinberg, um die Brautausstattung inklusive des Brautrockes für ein reiches Ritterfräulein zu bezahlen, das sein Sohn heiraten sollte. Ausgerechnet der zukünftige Schwiegervater war der Pfandnehmer, stattete daraufhin seine Tochter selber aus und gab den Weinberg bei der Hochzeit an seinen Schwiegersohn zurück. Allerdings nicht ganz ohne Hintergedanken, denn er verlangte, dass sämtliche Erträge aus diesem Weinberg seiner Tochter zukommen sollten. Der Weinberg hatte zumindest seinen Namen und auf vielen Etiketten der Weinflaschen ist er somit auch zu lesen.

Am besten schmeckt der Wein dort, wo er wächst! Oh ja, da steckt viel Wahrheit drin! Wir haben uns das kleine Weingut von Winzer Josef Niesen ausgesucht. Bereits seit 1684 baut seine Familie in den steilen Hanglagen Wein an, man ist jetzt in der 10. Generation.

Unsere Wanderung beginnt selbstverständlich am „Brautrockbrunnen“ auf dem Lindenplatz in der Ortsmitte von Bullay. Eigentlich bin ich ein eher fauler Mensch, zumindest was das Wandern angeht. Wandern, lasse ich mal lieber die Anderen! Doch als die Idee geboren worden war, einen ca. 2 Kilometer langen „Spaziergang“ auf dem Weinlehrpfad durch die Bullayer Hanglagen zu machen, war ich gespannt, was uns erwartet.

Schnell wird klar, es geht steil bergauf. Gutes Schuhwerk ist daher empfehlenswert!

Der Weinlehrpfad ist durch mehrere Tafeln beschildert, die dem Interessierten die Möglichkeit zum Verschnaufen geben, und nebenbei kann man noch was über die Weingegend lernen. Es geht vorbei an bekannten Rebsorten wie dem „Blauen Spätburgunder“ und dem „Müller-Thurgau“, der erst Ende des 19. Jahrhunderts neu gezüchtet worden ist. Willkommen ist die Abwechselung beim Verschnaufen schnell mal rechts oder links in die Weinreben zu hüpfen, um eine „Vorverkostung“ des späteren Flascheninhaltes vorzunehmen. (Nicht immer schmecken die Beeren so, wie sie optisch rüber kommen). Eine kleinere Hanglage ist die Bullayer Einzellage von Graf-Beisel-Herrenberg, die an den Lehnsherrn der Gemeinde aus dem 17. Jahrhundert erinnert. In den steilen Lagen werden auch heute noch die Weinreben wie zu Urgroßvaters Zeiten, überwiegend in kräfteaufwendiger Handarbeit und weniger mit „Weinbergs-Raupen“, abgearbeitet. Die besten steilen Lagen, geben nach wie vor haltbare, frische und strukturreiche Weine.

Ein kleiner „Absacker“ aus den Beständen des Winzers, oben in den Weinbergen im Hüttchen sitzend, entlohnen neben dem überaus einladenden Panorama mit Blick auf Alf und der Burg Arras am gegenüberliegenden Moselufer, für vorangegangene Strapazen. Unser Endziel haben wir allerdings noch nicht erreicht.

Gestärkt geht es weiter, vorbei an der „Königin unter den Weißweinsorten“, die bereits zur Römerzeit an der Mosel angebaut worden ist. Ich spreche vom Riesling, der mit 70 Prozent die dominanteste Rebsorte in den Bullayer Weinbergen darstellt. Wie in kaum einem anderen Weinanbaugebiet, wird der Wein durch die Schiefer- und Schieferverwitterungsböden geprägt. Die Reben müssen tief wurzeln, um Nährstoffe aufzunehmen. Dies verleiht insbesondere dem Riesling seine mineralische Note. Einige Meter weiter und es ist geschafft! Hoch oben am Ende des Weinlehrpfades liegt das Ziel mit der Bergweinstube „Onkel Toms Hütte“. In der wärmenden Nachmittagssonne genießt man bei einem guten Gläschen Riesling einem wunderbareren Blick nach Bullay und der Mosel.

Wie heißt es so schön: Erst die Pflicht, dann die Kür. Mit dem neugewonnenen Wissen und Erkenntnissen aus der „Weinwanderung“ scheint man gleich viel kompetenter bei der Weinprobe. In Bullay hat man mit einigen schönen Straußenwirtschaften die Qual der Wahl. Wobei wir „unserem“ Winzer treu bleiben und gerne seinen Wein erfolgreich auf die Probe stellen. Na denn, Prost!

Bürgerreporter:in:

Ines Peters-Försterling aus Marburg

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