Manchmal ist das Reisen wichtiger als das ankommen

Überfahrt nach Göteborg
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Ist in diesem Jahr das Motto für meinen Urlaub. Aus diesem Grund habe ich mich für eine Kanuwandertour entlang des Dalsland Kanals in Schweden entschieden. Der Dalsland Kanal ist kein Kanal im eigentlichen Sinn, sondern ein Reihe von kleineren und größeren Seen, die durch einen Kanal miteinander verbunden sind. Wo die schwedischen Provinzen Värmland und Dalsland mit Norwegen zusammentreffen, findet man ein wildromantisches seenreiches Gebiet, das an Schönheit
seinesgleichen sucht. Das kaum besiedelte Wald- und Hügelgebiet ist ca. 10.000 qkm groß und verfügt über ein weitverzweigtes Netz an Seen, Wasserwegen und verträumten Waldseen.
Rückbesinnung auf die Schönheit und Gesetze der Natur, Ruhe und Erholung waren das Ziel der Reise. Dort oben gibt es keinen Grund zur Eile und man packt am besten die Uhr und die Hektik des Alltags ganz tief in den Koffer und lässt sich einfach treiben von der Schönheit der Natur.
Familiäre Bande in den Norden lassen mich die Reise ohne ein Auto antreten, da ich es stehen lassen konnte. Nachdem ich Kiel erreicht hatte ging ich als Fußgänger auf die Fähre nach Göteborg. Die Überfahrt war ruhig abgesehen von einigen jugendlichen Komatouristen, die den zollfreien Einkauf von alkoholischen Getränken für eine ausgiebige Feier an Deck nutzten.

Nachdem ich morgens um 9.00h bei strahlendem Sonnenschein in Göteborg angekommen war, nutzte ich das gut organisierte System an öffentlichen Verkehrsmitteln, um weiter zu reisen. Züge und Busse fuhren fast auf die Minute pünktlich und das schöne, man wartet aufeinander, auch wenn man laut Fahrplan vielleicht schon unterwegs sein müsste. Nach knapp 5 Stunden erreichte ich Ârjäng, von wo ich vom Camp Besitzer mit dem Auto abgeholt wurde. Die letzten 30 Km ging es über unasphaltierte Straßen zum Camp.
Dort erhielt sich zunächst ein Zelt, Campingkocher + Spiritus und meine Proviantkiste. Nachdem ich das Zelt stehen hatte und die Proviantkiste verstaut war, konnte ich den Rest des Tages die Sonne genießen. Morgen sollte ich mein Kanu und eine entsprechende Einweisung bekommen. Abends beim Lagerfeuer saß ich noch lange vor meinem Zelt, da es nicht vor 0.00h dunkel wird.

Ich staune nicht schlecht als ich die Augen aufschlage, es ist nämlich erst 04.00h und es ist schon so gut wie hell. Ich versuche noch mal einzuschlafen, aber vergeblich. Noch etwas benommen krabbele ich aus dem Schlafsack, zünde den Kocher an um mir einen Kaffee zu kochen und wanke zum Wasser. Baden morgens um 4.30h! Herrlich, es ist warm draußen und das Wasser tut gut. Nach meinem Bad kocht auch das Wasser und ich trinke meinen ersten Camping Kaffee! Dabei schaue ich zu wie langsam der Tag erwacht. Riesige Libellen beginnen ihre tägliche Arbeit und 2 Eichhörnchen toben verspielt durch die Bäume.
Nachdem ich in der Kiste Proviant für ein Frühstück zusammengesucht habe (Marmelade und Wasa) packe ich langsam mein Zelt ein und mache mich fertig für den Aufbruch. Nach einer Einweisung wie ich mein Kanu zu beladen habe bekommen ich noch einen Kompass und eine See Karte. So und das wars! Nun kann ich los. Noch ein bissl skeptisch ob ich mir die Sache mit Karte und Kompass zutrauen kann, geht´s los. Hilft ja nix, kommt ja sonst keiner mit. Also gut Kanu beladen und ab dafür. Anfänglich sah das bestimmt witzig aus. „Such dir einen Punkt, auf den du zusteuerst“ hat der Camp Betreiber gesagt (übrigens ein ehemaliger Berliner). Gar nicht so einfach, das lenken mit so einem Kanu. Man hätte meinen können, ich hätte getrunken, so viele Schlangenlinien bin ich gefahren. Irgendwann habe ich den Dreh doch so einigermaßen raus und es sieht auch schon ein bisschen nach Kanufahren aus….Wenn da nicht die Sache mit der Karte wäre! Vor lauter lenken und paddeln habe ich die Karte ein bisschen vernachlässigt und was habe ich davon?! Ich habe ein leicht die Orientierung verloren. Aber so schwer kann das doch nicht sein. Immer am Ufer lang, kann doch so schwer nicht sein! Derweil wird der Himmel immer dunkler und es fängt an zu Donnern. Also mal vorsichtshalber an Land, denke ich mir, aber da geht´s auch schon los. Ohne Vorwarnung schüttet es aus Eimer. Zum Glück hatte ich vorher die Sachen mit der Wasserfesten Plane abgedeckt, so dass es hoffentlich nicht ganz so nass wird. Nach über 1 Stunde strömenden Regen, hört es endlich auf und ich kann weiter fahren. Da ich immer noch keinen blassen Schimmer habe wo ich denn nun bin, schaue ich mal in der näheren Umgebung um. An den Häuschen an denen ich vorbei komme, hängt die norwegische Flagge….eigentlich sollte ich aber in Schweden sein! Verflixt also wieder zurück Richtung Camp und mal schauen ob ich den weg von da aus finde. Die Sonne kommt wieder raus und es bleibt warm. So langsam bekomme ich Hunger und habe keine Ahnung wie spät es eigentlich ist. Ich vermute aber schon etwas später, da nun keine Menschenseele mehr auf den Wasser ist. Nun gut. Den Weg finde ich wohl heute nicht mehr. Dafür aber eine hübsche kleine Insel, auf der ich mein Zelt aufschlagen werde. Als das Zelt steht noch den Kocher aufbauen und was zu essen machen. Suppe geht schnell und mit Schwarzbrot macht die auch satt. Das Feuer brennt und rund rum an Bäumen und auf Steinen und meiner Leine hängen meine nassen Sachen. Sieht aus wie auf einem orientalischen Basar.
Nachdem am nächsten Morgen die ganzen Sachen wieder eingesammelt und verstaut sind (die Sachen, die immer noch nass sind kommen oben auf die Folie, damit sie während der Fahrt trocknen) geht es weiter. Der Plan ist jemandem meine Karte zu zeigen und nach dem weg zu fragen. Soweit der Plan und der war gut, nur waren absolut keine Menschen da, die mir hätten bei der Umsetzung helfen können. Ich war komplett alleine, alle Häuschen wie leer gefegt. Also doch Plan B. Zurück zum Camp und von neuem ansetzen. Auf dem Weg zum Camp sehe ich tatsächlich Menschen!! Ich paddle schneller, habe Angst sie könnten in ihr Boot steigen und entschwinden. Es handelt sich um ein älteres Ehepaar, das englisch spricht. Er zeigt mir auf der Karte wo ich bin (gar nicht so falsch! Nur auf der falschen Seite). Ich überquere also den See von neuem und nun habe ich die Richtung. Die Karte ist richtig gut und nun kann ich mich sogar ohne Kompass orientieren. Es ist richtig warm und geht gut voran. So langsam bekomme ich den richtigen Rhythmus. Mir begegnen kaum Leute. Entlang der Küstenlinie paddle ich an Camps für größere kanugruppen vorbei, passiere einen alten Autofriedhof und erreiche schließlich nach 3 oder 4 Stunden auf dem Wasser Lennartsfors, wo die erste Schleuse passiert werden muss. Kanu Billeten (so heißt hier) rausgesucht und auf Richtung Schleuse. Dort ist die Ample noch Rot, sprich der Schleusenvorgang läuft noch und ich muss auf die nächste Gelegenheit warten. Ich fülle die Wasservorräte auf und treffe auf andere Kanufahrer, die auch in die Schleuse wollen. Derweil wird es immer schwüler und es bilden sich Wolken, aber nichts Bedenkliches. Dann springt die Ampel auf Grün und 3 Kanus machen sich auf dem Weg zur Schleuse. Der nette Schleusenmann winkt und Kanus zuerst hinein und wir machen uns nebeneinander fest. Um uns herum sind noch mehrere Motorboote, die auch schleusen wollen. Das Schleusentor schließt sich und der Schleusenvorgang beginnt. Fast wie auf Kommando zieht erneut ein Gewitter auf und es beginnt heftig zu regnen. Wir in unserer Kanus haben keine Chance mehr aus dem Booten zu kommen, da das Wasser bereits abgelassen wird. Es handelt sich um eine 3 Kammern Schleuse. 3Kammern hintereinander um insgesamt knapp 14 Höhenmeter zu überwinden. Der gesamte Schleusenvorgang dauert über 1 Stunde und es regnet immer heftiger. Als wir endlich aus der Schleuse können, schwimmen bereits meine Schuhe im Boot und an mir gibt es nichts Trockenes mehr. Wir vertäuen die Boote und flüchten uns ins Schleusenhäuschen. Nach knapp 2 Stunden hört es endlich auf zu regnen und wir sind gespannt ob unserer Boote noch schwimmen und noch irgendwas trockenen ist. Der Schleusenmann hat Mitleid mit uns und bietet uns an über Nacht im Schleusenhaus zu bleiben, damit wir bei dem nassen nicht noch ein Zelt aufstellen müssen. So schöpften wir unsere Boote leer, brauchten die Sachen ins Haus und machten Bestandsaufnahme. Niederschmetternd! Alles nass! Das ganze Haus war geschmückt mit unseren Sachen. Inzwischen kam die Sonne wieder raus und begann langsam die nassen Kleider und Schuhe zu trocknen. Bei einem Topf Spaghetti und Wein hatten wir einen netten Abend. Am nächsten Morgen schien die Sonne und keiner von uns hatte es eilig los zu kommen. Nach einen gemütlichen Frühstück, brachten wir langsam die Sachen zu den Booten und dankten unserem liebenswürdigen Gastgeber. Auch wir verabschiedeten uns und jeder fuhr seines Weges. Das Boot glich mehr denn je einem Basar. Überall lagen nasse Sachen, die die Sonne trocknen sollte. Der See war abgesehen von dem ein oder anderen Kanu menschenleer. Gegen Nachmittag bildeten sich erneut Wolken. Diesmal bin ich schneller! Eine schöne Bucht war schnell gefunden, Boot aus dem Wasser, Zelt aufbauen….Ich bin gerüstet. Denkste! Das Gewitter verzieht sich! Ich hatte keine Lust mehr noch mal aufs Wasser raus. Also nutzte ich die Sonne um die nassen Sachen zu trocknen und den lieben Gott einen guten Mann sein zu lassen. Ich machte ein Feuer und genoss die Stille. An diesem Abend blieb, genau wie an den folgenden Abenden, mein Zelt leer. Die herrlichen milden Nächte luden dazu ein unter freiem Himmel zu schlafen. So gingen auch die restlichen Tage ins Land. Tolles Wetter, eine herrliche Landschaft und eine himmlische Stille. Die wenigen Menschen die man trifft sind nett, offen und freundlich. Man tauscht sich über nette Plätze aus und jeder geht wieder seiner Wege. Hat man einen schönen Platz auf einer der Inseln gefunden, auf der man über Nacht bleiben will, wird das von allen respektiert und keiner versucht noch mit auf die Insel zu kommen. Es gilt das Jedermannrecht. Jedermann hat in Schweden das Recht dort zu Zelten wo es ihm/ihr gefällt (ausgenommen Privatgrund)
Am Ende der Tour holte mich der Camp Besitzer an einer vorher verabredeten Stelle wieder ab und bracht mich zurück ins Camp. Von wo es wieder in Richtung Göteborg ging.
Wem diese Art des Reisens gefällt, der sollte Kanufahren am Dalsland Kanal in Betracht ziehen. Ich werde definitiv wieder kommen.

Bürgerreporter:in:

Katrin Feussner aus Marburg

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