Der in sich gedrehte Kirchturm in Breidenbach:

Eigentlich sollte das nebenstehende Bild nur als Schnappschuss veröffentlicht werden; aber der Platz für den Kommentar ist zu klein für ein solches Meisterwerk. So etwas sollte als Kunst auf der Dokumenta in Kassel gezeigt werden. Was uns da alles als „Kunst“ angeboten wird, ist oft eine Verhöhnung des Publikums. In meinen Augen ist Kunst unter anderem etwas, was nicht Jeder kann. – Man sagt ja den Politikern nach, dass sie vor der Wahl lügen, dass sich die Balken biegen. Aber wie der Zimmermann den Kirchturm verdreht hat, ist mir heute noch ein Rätsel. Die Balken sind ja letzten Endes keine Stuhlbeine, die man in heißem Wasser oder Dampf biegt (aber nicht verdreht).
Es ist zumindest im Kreis Marburg Biedenkopf ein einmaliges Bauwerk. Im Internet habe ich nur in Stolzenau an der Weser eine ähnliche Kirche gefunden.
Wenn es dazu keine passende Sage gibt, müsste man eine erfinden, wie z. B.:
„Vor langer Zeit war der Teufel über die Frömmigkeit der Breidenbacher Kirchengemeinde so erbost, weil er dort niemanden verführen konnte, dass er im Zorn die Kirche an der Spitze des Turmes fasste und sie in der Luft herum wirbelte, wobei sie ihm auf den Fuß fiel und er wutschnaubend und fluchend für immer aus Breidenbach verschwand. Aber die Kirche mit dem verdrehten Kirchturm steht immer noch.“
Man könnte auch dem Zimmerman unterstellen, dass ihm beim Bau – aus welchen Gründen auch immer – schwindelig war. Den Verdacht, dass er grünes Holz verwendet hat, das sich beim Trocknen verdreht hat, kann man vergessen; denn so gleichmäßig verzieht sich das Holz nicht.
Es ist zwar ungerecht, über ein solches Bauwerk, das zumindest hier im Kreis ein einmaliges Meisterwerk handwerk-licher Kunst ist, zu witzeln. Aber trotzdem kann ich da - auch im Zeitalter der unbegrenzten Technik - nur ehrfurchtsvoll staunen.
Die Breidenbacher können stolz auf ihre Kirche sein.