Hilfe schneller fließen lassen

Treffen vor einem Containerprovisorium, das dem Weingut der Gebrüder Bertram derzeit als Verkausraum, Büro und zur Weinverköstigung gleichzeitig dient: Dr. Knut Schubert, Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland/Kreis Ahrweiler, Hubert Pauly, Präsident des Weinbauverbandes Ahr, Winzer Markus Bertram, LandsAid-Vorstandsvorsitzende Gaby Breuckmann und Winzer Stefan Kurth.
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  • Treffen vor einem Containerprovisorium, das dem Weingut der Gebrüder Bertram derzeit als Verkausraum, Büro und zur Weinverköstigung gleichzeitig dient: Dr. Knut Schubert, Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland/Kreis Ahrweiler, Hubert Pauly, Präsident des Weinbauverbandes Ahr, Winzer Markus Bertram, LandsAid-Vorstandsvorsitzende Gaby Breuckmann und Winzer Stefan Kurth.
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Ein Jahr nach der Flutkatastrophe im Westen Deutschlands prüft LandsAid Maßnahmen zur weiteren Hilfe für betroffene Bauern und Winzer.
Kaufering/Ahrtal, 12. Juli 2022. Am 14. Juli jährt sich die verheerende Flutkatastrophe im Westen Deutschlands zum ersten Mal. Doch noch immer geht der Wiederaufbau nur schleppend voran – das betrifft auch die vielen landwirtschaftlichen Betriebe und Weingüter im Ahrtal. Allein der Schaden im Weinbau beläuft sich laut Geschäftsführer des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland/Kreis Ahrweiler, Dr. Knut Schubert, auf insgesamt rund 200 Millionen Euro. Staatliche Mittel zum Wiederaufbau sind bislang kaum geflossen. Dafür konnten jedoch circa zehn Millionen Euro an berufsständisch generierten Spendengeldern ausgezahlt werden, so Schubert. Gaby Breuckmann, Vorstandsvorsitzende der Kauferinger Hilfsorganisation LandsAid, hat im Rahmen eines Projektbesuches mit ihm sowie dem Präsidenten des Weinbauverbandes Ahr, Hubert Pauly, und zwei betroffenen regionalen Winzern gesprochen. Dabei stellte sich heraus: Grund für die Verzögerungen im Wiederaufbau sind nicht zuletzt Probleme mit der komplizierten Antragsstellung zur staatlichen Fluthilfe. LandsAid prüft nun die Etablierung einer lokalen Beratungsstelle in der Region.

Hilfe für Bauern und Winzer

Bei den schlimmen Sturzfluten letzten Sommer in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen kamen mehr als 180 Menschen ums Leben. Städte und Dörfer wurden verwüstet und unbewohnbar. Auch die Landwirtschaft und den Weinbau hat es hart getroffen: verwüstete Felder, vernichtete Ernten, ruinierte Gebäude und Maschinen. Mehr als 1.000 Landwirte waren in ihrer Existenz bedroht. Von den insgesamt 65 selbstvermarktenden Weinbetrieben an der Ahr waren nur fünf nicht von der Flut betroffen – alle anderen waren geschädigt, bis zu 20 Betriebe komplett zerstört. Den Bauern und Winzern zu helfen, die durch die Flut zum Teil alles verloren hatten, darauf hatte sich LandsAid fokussiert. Familien, die keine Einkünfte mehr hatten, sollten schnell Geld erhalten. Gemeinsam mit der Schorlemer Stiftung des Deutschen Bauernverbandes, den jeweiligen Landesverbänden und der Organisation ADRA Deutschland hat LandsAid ein Soforthilfeprogramm ins Leben gerufen.

Mehr als fünf Millionen Euro konnten damit für die Beseitigung von hochwasserbedingten Schäden und zur schnellen Existenzsicherung bereitgestellt werden. Bis zu 20.000 Euro pro Betrieb haben Bauern und Winzer aus diesem Gemeinschaftstopf an „Soforthilfe“ erhalten. „Durch die Kooperation mit dem Deutschen Bauernverband konnten wir deren Gesamtstruktur nutzen und auf diese Weise unkompliziert und zeitnah helfen“, sagt LandsAid-Geschäftsführer Sven Weber. „Auf die staatlichen Hilfen mussten die Bauern zum Teil sehr lange warten, auch aufgrund bürokratischer Hürden. Manche haben sie bis heute noch nicht bekommen. Mit unseren Mitteln haben wir den Landwirten und Winzern ermöglicht, die erste Notlage zu überbrücken und mit dem Wiederaufbau zu beginnen.“

Neun von zehn Anträgen fehlerhaft

Dass dieser allerdings nur sehr langsam vorangeht, liege auch an einem „zähen, komplizierten und zeitaufwendigen Prozess, an die weiteren staatlichen Mittel zur Hochwasserhilfe zu gelangen“, meint Weinbaupräsident Hubert Pauly. „Von zehn Anträgen auf Fluthilfe werden neun fehlerhaft ausgefüllt.“ Zudem würden Gutachter benötigt, um die Schäden an defekten Gebäuden und Maschinen zu beurteilen und zu dokumentieren. Da aber fast jeder in der Region betroffen sei, dauere es sehr lange, einen Gutachter überhaupt zu bekommen. Hinzu komme, dass sich viele Betroffene „davor scheuen, Hilfe überhaupt anzunehmen – und erst gar keinen Antrag ausfüllen“, so Pauly. Dadurch sei es schwierig herauszufinden, wer Hilfsbedarf hat und worin dieser genau liegt.
„Hier würden wir gerne ansetzen – und unterstützend eine tiefergehende und qualitativ hochwertige Beratung anbieten, die über einfache ‚Info-Points‘ hinausgeht,“ erklärt Weber. „Wir möchten den Bauern und Winzern die Hemmschwelle nehmen und ihnen dabei helfen, die komplizierten Anträge von A bis Z auszufüllen.“ Im Rahmen der weiteren Zusammenarbeit mit dem Bauern- und Winzerverband würden die nötigen Schritte dafür geprüft – damit, so Weber, „die Hilfe schneller fließen kann“.

Das Projekt wird unterstützt durch Aktion Deutschland Hilft. LandsAid ist seit 2012 Mitglied in dem Bündnis der Hilfsorganisationen.

Bürgerreporter:in:

Andrea Schmelzle aus Landsberg am Lech

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