Igling an der Via Claudia

Luftbild Unterigling: Blick auf Ungterigling aus Richtung Nord nach Süd; Links im unteren Bild-Teil der Hautpstrasse = Loibachanger | Foto: Luftbild Unterigling / Gemeinde igling; Dorfchronik
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  • Luftbild Unterigling: Blick auf Ungterigling aus Richtung Nord nach Süd; Links im unteren Bild-Teil der Hautpstrasse = Loibachanger
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Frühmittelalterliche Siedlung und Gräber am Loibachanger

Vor fast 40 Jahren entdeckte man bei Bauarbeiten im Kapellenfeld im Winter 1972 die ersten Gräber eines merowingerzeitlichen Friedhofs. Sie kamen etwa 200 Meter südlich der Unteriglinger Kirche zwischen der heutigen Alemannen- und Bajuwarenstraße zum Vorschein. Die archäologischen Untersuchungen erbrachten insgesamt 107 teilweise reich ausgestattete Gräber, die ab der Mitte des 6. bis ins späte 7. Jhdt. n.Chr. datiert werden können. Die genaue Lage und Größe der dazugehörigen frühmittelalterlichen Siedlung ist bis heute nicht bekannt. Für die Frühmittelalter-Archäologie besitzen die Beigaben aus den Reihengräbern besondere Aussagekraft. So fanden sich in Iglinger Männergräbern häufig Angriffs- und Verteidigungswaffen wie z. B. Schwerter, Schild, Messer, Äxte und Lanzen, in Frauengräbern Schmuckstücke in Form von Gewandspangen, Zierscheiben, oder Perlenketten. Hilfreich für eine zeitliche Bestimmung sind auch die Münzen, die dem Toten gelegentlich ins Grab mitgegeben wurden. So fand sich beispielsweise in einem Grab eine um 530 n. Chr. geprägte Goldmünze des Ostgotenkönigs Athalerich als Beigabe.

Das Leben am Loibachanger im Mittelalter

Als 1999 die Flur 68 am Loibach als Baugebiet ausgewiesen wurde (Oberes Schorenfeld), zeigte sich, dass eine archäologische Untersuchung erforderlich wurde. Das Gräberfeld auf dem Kapellenfeld reicht bis an das Ende des 7. Jahrhunderts und scheint dann aufgegeben worden zu sein. Auch wenn es sich bei der Siedlung auf dem Oberen Schorenfeld/Loibachanger wohl kaum um die zum Gräberfeld gehörige Siedlung handelte – dafür ist sie mit etwa 600 m zu weit entfernt – scheint es kein Zufall, dass die Siedlung gerade in dieser Zeit einsetzte, als das Gräberfeld ausläuft. Aus der Iglinger Siedlung ist eine Hofgrablege mit wenigen, teilweise aber sehr reich ausgestatteten Gräbern bekannt. Sie ist zeitgleich mit den jüngsten Gräbern des Gräberfeldes am Kapellenfeld.

Ein oder zwei Generationen später, um die Mitte des 8. Jahrhunderts, vollzieht sich dann der nächste Schritt: In der Mitte des Dorfes am Loibachanger entsteht eine kleine Holzkirche und mit ihr ein Friedhof. Nach der Sitte der Zeit sind die Toten hier inzwischen sämtlich ohne Beigaben beigesetzt worden. Der Friedhof wird bereits nach gut einem Jahrhundert, um oder nach der Mitte des 9. Jahrhunderts, aufgegeben, während die Siedlung bis um das Jahr 1000 weiter bestand.

Ebenso bemerkenswert wie der frühe Friedhof mit seiner Holzkirche ist auch das Gehöft, zu dem er gehörte: Es ist durch ein, vielleicht sogar zwei Häuser von ganz außergewöhnlicher Größe gekennzeichnet. In jedem Fall ergeben sich aber Grundflächen bis zu 315qm was die Obergrenze aller bislang bekannten Häuser aus dem frühmittelalterlichen Süddeutschland bildet. Da die Größe des Hauses in jener Zeit durchaus ein Anzeichen für den sozialen Rang des Hofbesitzers gewesen zu sein scheint, ergibt sich zusammen mit der Hofgrablege und der kleinen Kirche das Bild eines bedeutenden Herrenhofes der Karolingerzeit. Von besonderer Bedeutung ist auch ein hoher Anteil an Pferdeknochen im Fundmaterial, unter denen wiederum Stuten und Fohlen stark überwiegen (Pferdezucht). Lässt sich zu jener Zeit schon eine Pferdezucht nur im Kontext des gehobenen Adels nachweisen, so kommen noch einige Indizien für frühe Hufeisen des 10. Jahrhunderts hinzu, die damals – als technische Neuigkeit – noch außerordentlich teure Prestigeobjekte waren.

An dieser Stelle rückt nun wieder die Verkehrstopographie Iglings ins Blickfeld: Die römische via Claudia blieb das gesamte Mittelalter hindurch eine der bedeutendsten transalpinen Verkehrsrouten.

Das Ende der Siedlung auf dem Oberen Schorenfeld/Loibachanger lässt sich in die Jahrzehnte um 1000 n. Chr. datieren. Das Ende steht nicht in Verbindung mit einer Katastrophe oder Zerstörung (etwa durch die Ungarn), am Platz der Siedlung blieb nur ein Steinkirchlein zurück, das man nach dem Ende des Friedhofs anstelle der älteren Holzkirche errichtet hatte; es brach – vielleicht nach einem Brand wohl erst in der frühen Neuzeit zusammen.

Eine Untersuchung der Besitzverhältnisse aus der Zeit um 1800 liefert den Hinweis, wohin die Siedlung auf dem Oberen Schorenfeld/Loibachanger verlegt wurde. Es dürfte sich um den südlich der Pfarrkirche gelegenen Teil des Unteriglinger Ortskerns handeln. Während die Gehöfte an der Kirche und nördlich davon später kaum über Besitz im Bereich der ältermittelalterlichen Siedlung verfügten, waren die Gehöfte im Südteil des Ortskerns reich auf dem Gebiet der früheren, älter-mittelalterlichen Siedlung begütert. Damit war um das Jahr 1000 im Wesentlichen der Kern des heutigen Dorfes Unterigling ausgebildet. In der weiteren Entwicklung kam es, abgesehen von verschiedenen Hofteilungen, nur noch zur Ansiedlung von Söldner- und Häusleranwesen am nördlichen und südlichen Dorfausgang entlang der Hauptstraße.

gez. Alfred Platschka
(Webmaster: www.lechrain-geschichte.de)
E-Mail: webmaster@lechrain-geschichte.de

Text-Quellen: (Prof. Thomas Meier); Dr. Bernward Ziegaus (Dorfchronik Igling); Dorfchronik Igling.

Ausführliche Bild-/Text-Beschreibung sind zu finden auf der Website: http://www.lechrain-geschichte.de

Weblinks:
Igling Loibachanger http://www.lechrain-geschichte.de/HiO_Reg_LLL%20Ig...

Bürgerreporter:in:

Alfred Platschka aus Igling

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