Spaziergänge in der Leineaue: Der Erdboden in der Leineaue barg viele Kostbarkeiten aus vergangenen Jahrtausenden

Geweihäxte aus der mittleren Steinzeit; gefunden im Leinetal
  • Geweihäxte aus der mittleren Steinzeit; gefunden im Leinetal
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Das Naherholungsgebiet Südliche Leineaue erstreckt sich von der Haustür in Döhren oder Wülfel bis hin zum Schulenburger Berg mit dem Schloss Marienburg als krönenden Abschluss. Die Leinemasch bietet sich dabei nicht nur als eine wunderschöne Landschaft für Ausflüge ins Grüne an; sie steckt auch voller Geschichte. In den vergangenen 20 Jahren habe ich in loser Folge interessante historische Details und Ausflugsziele im MASCHSEEBOTEN – das ist eine Stadtteil-Zeitung in Döhren und Wülfel - vorgestellt. Die Hefte mit den einzelnen „Spaziergängen in die Leineaue“ sind längst vergriffen. Daher sollen nach und nach die einzelnen Beiträge nun bei myheimat einen weiteren Leserkreis bekannt gemacht werden. Diesmal wird das Leinetal als wichtiges Fundgebiet für die Archäologie gewürdigt. Haufenweise kamen hier schon Relikte unserer fernsten Vorfahren wieder ans Tageslicht:

Der Erdboden in der Leineaue barg viele Kostbarkeiten aus vetgangenen Jahrtausenden

Es war im Jahr 1931. Im Hemminger Ortsteil Arnum lebte der Lehrer und Freizeitforscher Karl Plasse. Im Auf-trag des Direktors des früheren Provinzialmuseums Hannover, Karl-Hermann Jacob-Friesen, durchstreifte Lehrer Plasse die Leineaue und überwachte die Kiesbagger. Plasse trug eine umfangreiche Sammlung prähistorischer Artefakte zusammen und sorgte nebenbei für eine wissenschaftliche Sensation. Er entdeckte in der Leineaue eine Waffe aus der Altsteinzeit. Damals galt der Fund als erstes entdeckter Faustkeil in Niedersachsen und ging mit diesem Ruhm in die Fachliteratur ein. Dabei war schon lange vorher - nämlich 1914 - auch in Beulshausen im Landkreis Northeim bereits ein derartiges Gerät aufgelesen worden. Diese Entdeckung wurde allerdings erst 1956 veröffentlicht. Wer zu spät kommt, den bestraft eben das Leben.

Der Faustkeil des Herrn Plasse stammt aus der Altsteinzeit, der ältesten Epoche der Menschheit. Damals muß, zumindest während der wärmeren Perioden, das Leinetal schon besiedelt gewesen sein. Die Funde aus der Lei-neaue gehen bis in die Zeit der Neandertaler vor rund 200.000 Jahren zurück. So alt könnten Fundstücke nahe der saaleeiszeitlichen Mittelterasse der Leine bei Jeinsen sein. Möglicherweise noch älter - nämlich zwischen 300.000 bis 400.000 Jahren - scheinen Steine mit Anzeichen von Bearbeitungsspuren zu sein, die aus einer Kiesgrube zwischen Hemmingen und Döhren stammen. Diese primitiven Schaber und Geröllgeräte hat vielleicht schon der „Heidelberg-Mensch“ in der Hand gehabt (vgl. Häcker, Paläolithische Funde bei Hemmingen, Lkr. Hannover, in: Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte, Bd. 44).

Aus den Kiesgruben von Hemmingen, Arnum und Döhren stammen Faustkeile verschiedener Größen, kleine Fäustel, Schaber, Klingen und Abschläge, die aus der mittleren Altsteinzeit (bis vor 100.000 Jahren) stammen und damit wohl auch noch den Neandertalern zuzuordnen sind. Erst vor 35.000 Jahren löste der moderne Mensch die Neandertalmenschen ab, blieb aber wie sie vorerst Jäger und Sammler.

Die Menschen der Altsteinzeit lebten in verschiedenen klimatischen Verhältnissen. Eis- und Warmzeiten wechselten sich ab. Als die Gletscher der letzten Eiszeit abschmolzen, kam nicht wieder das subtropische Klima der Warmzeit zwischen der Riss- und der Würmeiszeit mit seinen Elefanten, Nashörnern und Hirschen zurück. Die Winter waren statt dessen immer noch sehr hart und der Mensch wurde zum Rentierjäger. Wisent, Ren und Schneehase stand auf dem Speiseplan unserer Vorfahren. Das Ren muss dabei als Hauptlieferant von Fleisch, Knochen und Fell religiöse Bedeutung gehabt haben. Wissenschaftler fanden bei Ausgrabungen in Niedersachsen Rentieropfer aus dieser Zeit. Die Rentierjäger der jüngeren Altsteinzeit, die etwa vor rund 8000 v. Chr. endete, waren schon relativ weit fortgeschritten. Sie erfanden Pfeil und Bogen, Harpune und Geweihbeile und kannten sogar die Nähnadel aus Knochensplittern.

Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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