Sagen aus Hannover's Westen: Ein Werwolf trieb früher in Ricklingen sein Unwesen

Die Teufelskuhle am Ricklinger Holz
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Funkelnde Irrlichter, glühende Männer, Werwölfe: An langen Winterabenden flüsterten sich die alten Lindener, Ricklinger und Limmeraner gruselige Geschichten von bösen Spukgestalten zu. Der leider schon vor einigen Jahren verstorbene Heimatforscher Helmut Zimmermann hat einige dieser alten Sagen aufgespürt und für die Nachwelt gesammelt. Ein besonders schauriger Platz, so fand er heraus, war die Teufelskuhle beim Ricklinger Holz.

Wenn ein Ort schon so einen schrecklichen Namen hat, muss hier einst etwas Grausiges geschehen sein. Zwar ist nach der wenig romantischen Auskunft der Wissenschaftler die Teufelskuhle nur ein ehemaliger Seitenarm der Leine. Doch unsere Vorfahren wussten andere Geschichten zu berichten. Vor langer Zeit soll an der Stelle des unergründlichen Gewässers eine kleine Kapelle gestanden haben, in der ein Mönch den christlichen Glauben predigte. Der Teufel überredete nun einen heidnischen Bauern, den frommen Mann zu töten. „Der Missetäter erschlug den Priester mit einer Axt und im selben Moment tat sich die Erde auf, Kapelle und Mörder versanken in der Tiefe“, notierte Helmut Zimmermann in seiner Sagensammlung.

Seither treiben böse Geister an der Teufelskuhle ihr Unwesen. Eine schwarze Riesengestalt lauerte hier ebenso auf arglose Wanderer wie tanzende dreibeinige Hasen und glühende Männer. Gegen die Mächte der Finsternis half nur ein Baldrianblatt. Ohne diesen Schutz konnte, erzählten die Alten, die schwarze Gestalt den Menschen den Hals umdrehen. Relativ harmlos müssen sich dagegen die trügerischen Irrlichter ausgenommen haben. Die Lichtgeister spukten auf einer großen Sumpfwiese zwischen Arnum und Ricklingen und lockten so manchen Reisenden ins Verderben.

Nicht in Zimmermanns Sammlung hat es die Hexeneiche geschafft. Dieser Baum stand in der Nähe der Teufelskuhle und brannte vor vielen Jahren durch einen dummen Jungenstreich ab. Zur Geisterstunden trafen sich hier die Hexen aus der Umgebung zum gemeinsamen Plausch. Doch nicht nur zum unterhaltsamen Geplapper lenkte die Hexen ihren Besen Richtung der alten Eiche an der Teufelskuhle. Hier war laut der Sage zudem  der zentrale Treffpunkt in der Nacht vor dem 1. Mai. Von hier aus ging es dann auf dem Besen reitend gemeinsam zur Walpurgisfeier auf den Blocksberg im Harz.

Bei Ricklingen wohnten aber auch gute Phantasiegestalten. Eine weitere Sage berichtet von einem Zwergenvolk am Nackenberg in der Nähe der Landwehrschänke. Die kleinen Kobolde halfen den Ricklingern bei allen Arbeiten auf dem Hof und im Feld. Doch als eines Tages ein gewisser Zimmermann namens Brommer die Zwerge neckte, zogen die Mini-Ricklinger für immer fort. Blutrünstig wird es hingegen bei der Geschichte von der Mordmühle an der Ihme. Während des 30jährigen Krieges erschlug, so die (wohl historisch nicht zutreffende) Legende, ein Müllerssohn zusammen mit zwielichtigen Freunden die eigenen Eltern. Als am nächsten Morgen die ersten Mahlgäste kamen, fanden sie den Müller und seine Frau tot in ihrem Blute liegend.

Kein angenehmer Zeitgenosse dürfte der Ricklinger Wehrwolf gewesen sein. „Bei Tageslicht ein bescheidener, fleißiger Tagelöhne, verwandelte er sich des Nachts mit Hilfe eines Zaubergürtels in ein Ungeheuer, erschreckte die Leute und stahl die Schafe des alten Schäfers Wehrhan“, wusste Helmut Zimmermann zu berichten. Furchteinflößende Wesen trieben sich aber nicht nur in Ricklingen umher. Die Bauern aus Ahlem und Limmer erzählten sich Geschichten über ein Kalb mit glühenden Augen. Das seltsame Tier tauchte des Nachts in der Lütjen Masch auf, einem Sumpfgebiet am Weg nach Ahlem.

Glaubt man den alten Legenden, lebte bei Ahlem außerdem der Riese Hapke. Angeblich verdankt der Ort diesem Riesen seinen Namen. Eines Tages stolperte Hapke, fiel der Länge nach hin, besah sich die rutschige Erde und rief: „Ah, Lehm!“ Dies hörten die Leute, die sich hier angesiedelt hatten. Und weil ihr Dorf nach keinen Namen hatte, nannten sie den Ort nun nach dem Ruf des Riesen „Ahlem.“

Bei Ahlem spielt auch eine der alten Rittersagen der hannoverschen Gegend. Wegen einer unglücklichen Liebe soll sich ein Edelmann als Einsiedler auf dem nach ihm benannten Mönckeberg zurückgezogen haben.

Von Mord und Totschlag verkündet eine weitere Legende um den Ritter Brüning von Alten. In einer Fehde zwischen dem Herrn vom Haus und Brüning von Alten wegen eines Jagdfalken verloren beide Rittersleut‘ und neun Reitknechte ihr Leben. Ein Kreuzstein, der Brüning-Stein, soll noch heute an das schreckliche Ereignis erinnern.

Diese Geschichte könnte sogar einen historischen Kern haben. Im Klosterarchiv Barsinghausen fand sich der Entwurf eines Sühnevertrages aus dem Jahr 1417 zwischen den Familien von dem Haus und von Alten eben wegen des Todes jenes Brüning von Alten. Ob der heute in der Posthornstraße noch vorhandene Kreuzstein – Brüning-Stein genannt – aber tatsächlich als Denkmal für den erschlagenen Ritter gesetzt wurde, ist ungewiss. Vielleicht gehörte das steinerne Kreuz ursprünglich zu einer Gruppe von sechs Kreuzen, die eine alte Gerichtsstätte an der Ihme markierten.

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Bürgerreporter:in:

Jens Schade aus Hannover-Döhren-Wülfel-Mittelfeld

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