Warum Hannover an der Leine und nicht an der Weser liegt

Bild 1: Die Leine im Zentrum von Hannover, links das Leineschloss, im Hintergrund das Neue Rathaus
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Heute fließt durch Hannover – wie hoffentlich allgemein bekannt - die Leine. Aber über anderthalb Millionen Jahre lag Hannover an der Weser. Nur hat es damals niemand bemerkt, weil es weder Hannover noch Hannoveraner gab. Was aber geschah dazwischen? Wie kam es, dass Hannover seinen Fluss wechselte?

Bis vor etwa 400.000 Jahren floss die Weser von Süden kommend bis in den Bereich von Hameln, verschwenkte durch die sogenannte „Deisterpforte“ in Richtung Osten, durchquerte das jetzige Hallertal, erreichte östlich von Adensen (Nordstemmen) unterhalb des Marienberges (mit dem heutigen Schloss Marienburg) das Leinetal, wendete dort nach Norden und floss vorbei an Nordstemmen, Rössing, Barnten, Sarstedt, Gleidingen, Rethen, Laatzen und dann durch das östliche Hannover weiter zur Nordsee.

Was aber veranlasste die Weser, Hannover den Laufpass zu geben? Warum zog sie es vor, sich bei Porta Westfalica einen beschwerlichen Weg durch das Wesergebirge zu bahnen? Schuld daran war die „Deisterpforte“, die der Weser den Weg über Hannover verleidete. Und das kam so:

Nach einer alten Sage, soll eine Herde wilder Mammuts dereinst den Deister-Urwald von Ost nach West auf der Flucht vor der Klimakatastrophe - damals war es die Eiszeit - überquert haben. In der Nähe der heutigen Stadt Springe versuchten die Mammuts sich entlang der wilden Weserschlucht einen Weg zu bahnen und dabei löste sich eine gewaltige Geröll-Lawine, die sie in die Tiefe riss und die der Weser den Weg über Hannover endgültig versperrte. Durch Mammut-Zähne, die man in den Kiesgruben der Deisterpforte später gefunden hat, wird diese alte Sage gestützt.

WIKKIPEDIA liefert aber auch eine wissenschaftlich fundierte Begründung, warum die Weser Hannover den Rücken kehrte: „Die von dem Festgestein gebildete Basis der Weser lag in der Deisterpforte bei etwa 75 m ü. NN; auf dieser Basis lagerte die Weser im Laufe der Zeit ihren Weserkies ab. Damals lag die Deisterpforte also 45 Meter tiefer und bildete eine imponierende Eingangsschlucht. Die Gletscher der Elsterkaltzeit schoben sich über das Hallertal und die Deisterpforte und verdrängten die Weser nach Westen. Diese Gletscher und die Gletscher der späteren Saalekaltzeit luden ihr mitgeführtes Geröll in dem Hallertal ab und verfüllten dabei auch die Schlucht der Deisterpforte“.

Was hätte aus Hannover nicht alles werden können, wenn Weser und Leine immer noch gemeinsam durch Hannover flössen? Hannover würde in einem Atemzug mit Berlin an der Spree, mit Hamburg an der Elbe, mit München an der Isar und mit Köln am Rhein genannt werden. Selbst der Aufstieg in die erste Liga der Weltstädte wäre möglich gewesen, also die gleiche Augeshöhe mit Paris an der Seine, London an der Themse oder mit New York am Hudson und East River. Diese Weltstadtambition schimmerte ja auch ein wenig durch, als damals der Hannoveraner Gerhard Schröder die EXPO nach Hannover holte. Und wenn heute die Abgeordneten des Niedersächsischen Landtages ihren denkmalgeschützten Plenarsaal, der direkt an der Weser –Verzeihung an der Leine - liegt, abreißen und durch eine aufgeblasene Kaufhausarchitektur ersetzen wollen, so kann das nur auf den Minderwertigkeitskomplex zurückgeführt werden, der sich mit dem schmerzhaften Verlust der Weser in die hannöversche Seele eingebrannt hat.

Egal, ob nun die Mammut-Herde oder ob die Eiszeitgletscher Schuld daran sind, dass Hannover nicht an der Weser liegt: Wir einfachen Hannoveraner sind mit unserer gemeinhin träge daher plätschernden Leine durchaus zufrieden. Entspricht sie nicht im hohen Maße unserem gemütlichen und bescheidenen hannöverschen Volkscharakter?

Bürgerreporter:in:

Klaus Hoffmeister aus Laatzen

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