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Wie gefährlich ist der „böse Wolf“? (Fotos: Christel Wolter)

  • Ist die Mär vom "bösen Wolf" nur ein Märchen? (Zoo Hannover)
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Vor einigen Tagen berichteten verschiedenste Medien, dass ein Friedhofsgärtner in Tarmstedt, etwas nordöstlich von Bremen, von einem Wolf in die Hand gebissen wurde, während drei andere Wölfe den „Angriff“ aus einiger Entfernung beobachtet haben sollen. Natürlich schlug das hohe Wellen, und natürlich war das Wasser auf die Mühlen so mancher Wolfsgegner. Der Wolf ist gefährlich, so ist die Meinung vieler Menschen. Doch ist er das wirklich? Wie die Umstände des Vorfalls tatsächlich waren, geht aus den Berichten nicht hervor. Ob es nun ein Angriff war, oder eben doch nur eine Situation, die nicht gefährlich war. Das wissen wir nicht. Jedenfalls äußerten sich gleich diverse Politiker dazu, wobei sie aber vor Panikmache warnten. Und das zu Recht.

Seit etwa 1850 galten Wölfe in Deutschland als ausgestorben, auch wenn danach immer mal wieder der eine oder andere geschossen wurde. Doch seit Anfang des neuen Jahrtausends haben sie sich bei uns wieder angesiedelt. Zunächst in den südöstlichen Regionen der neuen Bundesländer, bevor sie sich dann weiter nach Norden und hauptsächlich bis nach Niedersachsen hinein ausbreiteten. In diesem Jahr sollen es inzwischen 73 Wolfrudel, 29 Paare und mehrere Einzelwölfe sein, die bei uns leben. Tendenz steigend. Und die benötigen immer mehr Raum, breiten sich also weiter aus. Aber es ist noch genügend Platz da, könnte doch Deutschland sogar das Mehrfache an Wölfen aufnehmen.

Das allerdings stößt auf Widerstand, denn viele Menschen fühlen sich dabei unwohl, mit dem „bösen Wolf“ denselben Lebensraum teilen zu müssen. Nicht wenige haben sogar Angst vor ihm. Und das gerade in ländlichen Gebieten, wo sie ihre Kinder vielleicht am Waldrand spielen lassen wollen, zumal manche Wölfe die Scheu vor dem Menschen verloren haben, die allerdings nicht in dessen Beuteschema passen. Verständlich sind auch die Befürchtungen der Schäfer, kommt es doch immer mal wieder zu Wolfsrissen.  Auch sie müssen sich auf ein Leben mit dem grauen Räuber, wie er früher oft genannt wurde, einstellen. Höhere Zäune sind inzwischen Pflicht, um Schafe und Ziegen zu schützen und gegebenenfalls einen Schaden ersetzt zu bekommen. Und der sollte dann wirklich auch unbürokratisch gehandhabt werden. Das Bundesland Sachsen macht es vor. Dort werden auch nicht ganz eindeutige Fälle entschädigt. 2015 waren es z. B. bundesweit 107.000 Euro, die an Entschädigungen gezahlt wurden. Das kann der Staat wohl locker verkraften, auch wenn es mehr werden wird. Bis zum August 2017 sollen, seitdem der Wolf zurückgekehrt ist, 3500 Nutztierrisse durch ihn gemeldet worden sein.

Doch wie gefährlich ist der Wolf für den Menschen nun wirklich? Wolfsbegegnungen kommen wegen seiner zunehmenden Ausbreitung inzwischen häufiger vor, auch wenn sie nach wie vor selten sind. Gefährliche Situationen jedoch sind die absolute Ausnahme. Zwar kamen in vorigen Jahrhunderten immer wieder Menschen durch Wölfe ums Leben. Aber das lag fast immer an der Tollwut, die bis Ende des 19. Jahrhunderts normalerweise tödlich verlief, da es noch kein Gegenmittel gab. Doch seitdem sind Wolfsattacken nur noch extrem selten. In den letzten 50 Jahren sind in Europa, wo geschätzt 10.000 bis 20.000 Wölfe leben, vier Fälle bekannt, bei denen nichttollwütige Wölfe Menschen getötet haben. Es wird also darum ein Hype gemacht, der nicht berechtigt ist.
Wenn man z. B. bedenkt, dass in Deutschland jährlich 400.000 Menschen bei Autounfällen verletzt werden und über 3.000 Menschen daran sterben. Dass es pro Jahr 20.000 Grippetote gibt und Zehntausende durch Krankenhauskeime. Wenn es pro Jahr etwa 30.000 bis 50.000 Hundebisse gibt, davon ein Drittel an Kindern. Wenn bei weit über 200.000 Wildunfällen auch Menschen getötet werden, und Hirsche und Wildschweine sowieso. Sollte man dann nicht meinen, dass eigentlich diese Tiere die gefährlichen sind. Und wer käme schon auf die Idee, deswegen alles Wild abzuschießen (ca. 1,5 Millionen Wildschweine, Rehe und Hirsche), Hunde als Haustiere zu verbieten oder auf ein Auto zu verzichten. Wenn man solche und ähnliche Zahlen realer Gefahren bedenkt, dann stimmt die Relation zur aufgeheizten Wolfsdebatte nicht, ist doch der Wolf nicht wirklich gefährlich, sondern für viele Menschen nur gefühlt gefährlich. Da klaffen Wirklichkeit und Gefühlswelten weit auseinander.

Und viele Deutsche machen auch gern in den schönen Alpen Urlaub. Auch dort verbreiten sich die Wölfe immer mehr. Doch nicht nur diese Wildtiere leben dort. Im Trentino, ein Gebiet, das sich südlich von Meran bis zum Gardasee hin erstreckt, im Vinschgau, in den Dolomiten und Bereichen Österreichs auch der Braunbär. Kein Tourist macht sich beim Wandern Gedanken darüber, auch wenn er mit den Großraubtieren zeitweise in einem Gebiet zusammen lebt.

Es ist also nicht ungewöhnlich, dass Raubtiere und Menschen denselben Raum besiedeln. Und in der Regel funktioniert das auch, gehen doch die Vierbeiner den Zweibeinern aus dem Weg. Dass es dann aber doch zu Begegnungen kommt, liegt teilweise aber auch am Menschen selber. So sollen Soldaten die Wölfe auf dem großen Truppenübungsplatz von Munster gefüttert haben, so dass diese an Menschen gewöhnt waren. Andere Menschen haben, was geschehen sein soll, Wölfe mit Futter angelockt, um sie fotografieren zu können. Genau das soll natürlich nicht geschehen, muss doch der Wolf, im Gegenteil, vergrämt werden, damit er dem Menschen aus dem Wege geht.

Doch wie soll man sich nun verhalten, wenn man, was im Leben vermutlich nie vorkommen wird, doch einem Wolf begegnet? Folgendes wird von Wolfexperten empfohlen:

- Selbstbewusst auftreten und sich möglichst groß machen. In die Hände klatschen und laut etwas zurufen, z. B.: „Hau ab“. Auch eine Trillerpfeife erschreckt den Wolf, mag er doch keine lauten Geräusche.
- Beim Joggen oder Radfahren stehen bleiben. Schnelle Bewegungen verleiten den Wolf zum Hinterherlaufen.
- In Wolfsgebieten kleinere Kinder nicht ohne Aufsicht draußen spielen lassen.
- In Wäldern den Hund an die Leine nehmen, kann doch der Wolf sein Revier sonst als bedroht ansehen.
Wahrscheinlich werden nur äußerst wenige Menschen in eine solche Situation geraten. Doch wer in einem Wolfsgebiet lebt, sollte zumindest damit rechnen und darauf vorbereitet sein.

In Deutschland können wir froh sein, dass manche Wildtiere, die bei uns längst ausgerottet waren, in den letzten Jahrzehnten wieder zurückgekommen sind. Manche, wie das Wisent oder der Luchs, werden oder wurden sogar ausgewildert, auch wenn viele Jäger nicht darüber erfreut sind, macht die große Raubkatze doch das Wild scheu. Auch Biber, Fischotter und Adler, die sicher keine Babys aus dem Kinderwagen holen, wie es früher in der Mär hieß, sind zurückgekehrt. Und der Wolf gehört nun ebenfalls dazu, der gar nicht so böse ist wie sein Ruf, zu dem auch die Gebrüder Grimm nicht wenig beigetragen haben. Bei Problemwölfen allerdings oder in Zukunft bei einer zu starken Zunahme, sollte aber auch ein Abschießen kein Tabu mehr sein.

Bei dem großen durch den Menschen verursachten Artensterben weltweit sollte es selbstverständlich sein, dass wir diesen Tieren ihren angestammten Lebensraum zurückgeben. Und irgendwie werden wir es doch wohl schaffen, uns diesen mit den Tieren zu teilen, uns damit zu arrangieren und unbegründete Ängste durch Aufklärung zu zerstreuen. Die Tiere sorgen nicht nur für ein besseres Gleichgewicht in der Natur, sondern sie bereichern sie auch für uns Menschen. Und das gibt ein gutes Gefühl, wo heute doch immer mehr Naturräume zerstört werden. 30 Prozent der Masse aller Säugetiere auf unserem Planeten soll der Mensch ausmachen, 67 Prozent seine Haustiere und nur drei Prozent die Wildtiere. Und diesen nur drei Prozent sollten wir doch einen Lebensraum zugestehen. Auch dem Wolf.

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  • Natürlich ist er ein Raubtier. Doch der Mensch passt nicht in sein Beuteschema. (Der Großteil der Bilder ist im Wisentgehege bei Springe entstanden.)
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  • In Deutschland leben zur Zeit 73 Rudel, und es werden mehr.
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  • Normalerweise gehen sie dem Menschen aus dem Weg.
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  • Gerade Jungwölfe können aber auch neugierig sein und mal näher kommen.
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  • Wild finden sie in unseren Wäldern zu Genüge. Etwa eineinhalb Millionen Rehe, Hirsche und Wildschweine teilen mit uns einen Lebensraum. (Tiergarten/Hannover)
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  • Trotzdem kommt es leider immer mal wieder zu Schafsrissen. Auch Kühe und Pferde wurden schon angegriffen. Doch das ist die Ausnahme.
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  • An kapitale Tiere trauen sich die Wölfe meist nicht heran. Sie bevorzugen schwache und kranke Tiere.
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  • Auch dieses Tier kann eine Dezimierung vertragen, wird es doch immer aufdringlicher. Die Jäger kommen trotz Hunderttausender erlegter Wildschweine kaum dagegen an.
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  • Auch Paare und Einzelwölfe erkunden neue Gegenden auf der Suche nach Revieren oder Partnern.
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  • Diese beiden, die in manchen Alpengebieten auch mit den Menschen denselben Lebensraum bevölkern, gehen sich auch dem Weg.
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  • Es ist schön, dass viele Tiere, die ausgerottet waren, zurückkommen. Beim Luchs hilft der Mensch nach. (Auswilderungsstation an den Rabenklippen im Harz.)
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  • Seit 2013 darf auch der Wisent wieder in freier Natur leben. Im Rothaargebirge wurde er angesiedelt.
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  • Vereinzelt kommen auch wieder Elche aus Osteuropa nach Deutschland herüber. Wird auch dieses Tier bei uns wieder heimisch?
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  • Der Seeadler war in Deutschland fast ausgerottet. Aber er ist zurückgekehrt. Selbst am Steinhuder Meer lebt ein Paar. Steinadler und sogar Bartgeier lassen sich in den Deutschen Alpen immer häufiger blicken.
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  • Am Steinhuder Meer lebt seit gut 15 Jahren auch wieder der Fischotter, der in Deutschland, bis auf kleine Gebiete im Süden, ausgestorben war.
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  • Wir sollten froh darüber sein, dass wir mit diesen und anderen Wildtieren unseren Lebensraum teilen dürfen. Das durch den Menschen verursachte Artensterben ist schon schlimm genug. Wo nur möglich, sollte es aufgehalten werden. Die Natur wird es uns danken.
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3 Kommentare

Das schlimmste Raubtier ist der Mensch selbst.

Lg Anton

Danke für die Aufklärung. Habe es mit Interesse gelesen.

Am 11.10.2021 wurde in Hannover im Hermann-Löns-Park von mehreren Personen ein Wolf gesichtet. War es ein durchziehender Einzelgänger? Ein Spürhund konnte keinen Beweis dafür erbringen.

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