Erlebnisse von Reineke Fuchs (5)

Aus unserem schneidigen Reineke Fuchs ist ein fußkranker lahmer Invalide geworden. Einmal leichtsinnig gewesen ist der sonst erfolgreiche Jäger in die Falle getappt, hat zwei Zehen eingebüßt und sich dadurch eine eitrige Wunde an seiner rechten Vorderprante zugezogen. Die damit verbundene Blamage ist noch sein geringstes Problem, viel mehr plagt ihn der Hunger. Ein Fuchs der auf 3 Beinen daherlahmt ist auf der Jagd zur Erfolglosigkeit verdammt und über kurz oder lang dem Hungertod ausgeliefert, wenn – ja wenn ihm nicht bald etwas anderes einfällt.

Doch mit der Erinnerung an den alten fetten Gichtfuchs kommt er einem Ausweg aus seiner trostlos scheinenden Situation schon näher. Über den alten Grießgram hatte man allgemein gemunkelt, er sei in die Stadt gegangen und habe sich dort mit Nahrung versorgt. Genaueres weiß Herr Fuchs allerdings nicht und er kann es sich nicht leisten, erst Erkundungen einzuholen, sein Magen knurrt und er ist so mager geworden, dass man auf seinen Rippen Klavier spielen könnte. Also beschließt er, das Reich der Tiere zu verlassen und sich seinerseits in die Stadt zu begeben. Ob die Menschen wie Füchse unterirdisch in einem Bau wohnen oder auf Bäumen oder wie auch immer, das wird er dann vor Ort erst einmal beobachten und sich danach eine Strategie überlegen.

Obwohl es noch nicht dunkel ist, macht er sich sogleich auf den Weg, um in der Stadt im Schutz der Dämmerung und der Nacht nach Nahrung zu suchen. Solange es hell ist, sucht er so weit als Möglich Deckung im Wald, an bewachsenen Flurrainen in Getreide- und Maisfeldern. Trotzdem kann er - wenn auch nur kurze Strecken über abgemähte Wiesen nicht vermeiden. Dabei ist er äußerst vorsichtig, er schärft alle seine Sinne und beobachtet die unbewussten Reaktionen seines Körpers. Einmal können weder seine sensible Nase, seine scharfen Augen noch sein feines Gehör etwas Verdächtiges analysieren und trotzdem sträuben sich ihm die Haare. Auch wenn er nicht weiß, warum dies geschieht, so vertraut er doch seinem Unterbewusstsein und nimmt einen anderen Weg.

Es ist schon einige Zeit dunkel, als er sich dem Rand der kleinen Stadt nähert. Doch – je näher er kommt, desto heller wird es, der Himmel über der Stadt ist von fahlem – und dennoch kalten Licht erhellt, wie er es nur von der lärmenden, stinkenden Blechkiste kennt aus welchem dieses eigentümliche zweibeinige Wesen steigt, das sich nachts in den Wald schleicht, dort auf die Bäume klettert und manchmal Blitz und Donner herunterschickt. Manchmal klettert es nach ein paar Stunden einfach so wieder runterklettert, begibt sich lautlos und unauffällig zur Blechkiste, um dann mit Lärm, Gestank und hoher Geschwindigkeit wieder zu verschwinden. Reineke kann sich auf derart konträres Verhalten keinen Reim machen. Für die Menschen ist das ganze weit weniger mysteriös, für sie sind das Jäger die abends mit dem Auto ins Revier fahren, die letzten 100 bis 500 Meter zum Hochsitz pirschen, etwas schießen oder auch nicht….

Im Dorf angekommen, sieht er, dass das Licht von vielen ganz niedrigen Sternen kommt die auf einer Stange sitzen oder an einer Schnur über asphaltierten Straßen hängen. Außerdem gibt es ganz viele Blechkisten, die plötzlich stehen, anfahren, nur rumstehen und allesamt stinken. In diesen Gestank mischt sich der starke Geruch nach Menschen und auch nach Essen. Vorsichtig geht er im Schutz von Büschen seiner Nase nach und gelangt auf einen großen Hof mit stehenden Blechkisten. Zwei davon sehen eindeutig anders aus als die übrigen und sie duften nach Essen! Doch im Gegensatz zu den übrigen kann er bei diesen beiden nicht ins Innere schauen, außerdem sind sie sehr viel kleiner. Herr Fuchs schleicht um diese beiden Boxen herum und wittert die nahe Nahrung. Er kratzt am Boden, doch dieser selbst riecht nur schwach nach Beute. Er kratzt an der Seite, was ein fürchterliches Geräusch verursacht aber sonst keine Wirkung zeigt.

Mitten in seinen Bemühung hört er plötzlich laute Stimmen von Menschen, ein Schwall seltsamen Rauches durchzieht seine Nase und er sieht, wie aus einem riesengroßen weißen Gebilde mit vielen viereckigen Sternen drin zwei Menschen mit einem großen Gefäß direkt auf ihn zukommen. Mit einem raschen Satz zur Seite rettet er sich in die nahen Büsche und den Schatten der beiden Blechboxen. Von dort sieht er, wie die beiden Menschen oben an der Box den Deckel zur Seite schieben und aus dem großen Gefäß lecker duftende in die Blechbox kippen, den Deckel zurückschieben und sogleich wieder in dem weißen Gebilde verschwinden. Das was Herrn Fuchs so verwundert hat, ist eine Gaststätte aus welcher die Köche gerade die Essensreste in eine große Mülltonne entsorgt haben und der seltsame Rauch kommt von den Zigaretten…. Aber das interessiert Herrn Fuchs sowieso nicht.

Er weiß jetzt, wie er an Futter kommt, stellt sich auf die Hinterbeine und schiebt mit seinem Fang (das ist die Schnauze) den Deckel ein Stück zurück. Trotz kranker Pfote bereitet es ihm keine Mühe, in die Tonne zu hechten wo es für ihn bislang ungekanntes Futter in Massen gibt. ER IST GERETTET und schlägt sich seinen Wanst voll. So leckere Nahrung hat er noch nie gehabt und so leicht ist er nie zuvor an Beute gekommen. Gerade, als er beschließt, sich immer auf diese Weise zu ernähren, hört er über sich ein seltsames Geräusch, plötzlich es dunkel, der Deckel der Mülltonne ist zugeklappt und Herr Fuchs …. hat keinen blassen Schimmer, wie und ob er da wieder rauskommt.
Fortsetzung folgt – oder auch nicht – je nachdem, was mit Herrn Fuchs weiter geschieht…

Bürgerreporter:in:

Angelika Böck aus Günzburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

3 Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.