ACHT WOCHEN „GLÜCK“ Festivalchef Marcus Bosch bilanziert seine 10. Saison bei den Opernfestspielen Heidenheim

Verdi-Oper "Ernani", Opernfestspiele Heidenheim 2019, Klavierhauptprobe im Festspielhaus Congress Centrum | Foto: Agentur
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„Glück“ war die Überschrift der insgesamt 55. Saison der Opernfestspiele Heidenheim. Das so dynamische wie traditionsreiche Festival wird von Marcus Bosch geleitet. Der Sohn der Stadt, international gefragter Dirigent und Professor für Dirigieren an der Münchner Musikhochschule zieht eine positive Bilanz seiner 10. Spielzeit als Intendant: „‘Ernani‘ war nicht nur künstlerisch ein voller Erfolg. Mit meinem Wunschstück ‚Pique Dame‘ war ich sehr zufrieden, wir haben richtig Werbung für das Werk gemacht. Die Konzerte waren - ob mit ihrem russischen Einschlag oder mit Beethoven - alle eine große Freude. Mein Saison-Fazit: Glück gehabt!“

16.800 Besucher erlebten auf dem Heidenheimer Festival-Hügel und an ausgewählten Spielstätten in der östlichen schwäbischen Alb Oper und Konzert auf Höchstniveau. Drei eigene Opernproduktionen, große sinfonische Konzerte bis hin zu zahlreichen Extras wie dem beliebten Jazzfrühstück oder dem großen FestivalPicknick „Schlossbergtafel“ – die Opernfestspiele Heidenheim gelten heute als herausragendes Beispiel für die erfolgreiche Verbindung aus Event und Kunst. Als Glücksfall wird bei Presse und Publikum gleichermaßen die nunmehr zehnjährige Zusammenarbeit der Opernfestspiele Heidenheim mit Marcus Bosch gesehen. Boschs Erfolg lässt sich mit Zahlen belegen: das Publikum hat sich seit seinem Amtsantritt im Jahr 2009 mehr als verdoppelt, das Budget verdreifacht, die Sponsorengelder verfünffacht, und die Opernfestspiele Heidenheim mit ihren beiden Hauptspielorten Schloss Hellenstein (Open-Air-Bühne Rittersaal) und Festspielhaus CCH (indoor) warten heute mit einer Eigenfinanzierung von rund 60% auf. Herausragend ist die Verbindung des Festivals mit der starken und teilweise weltweit engagierten Wirtschaft der Region. Und wohl weithin einzigartig ist eine Trägerkommune, die binnen sechs Jahren kraft politischem Beschluss ihren Festival-Zuschuss mehr als verdoppelt und damit Zeichen setzt in der bundesweiten Kulturpolitik.

Rahmensetzungen wie diese nützen die Heidenheimer Festival-Macher nicht als Ruhekissen, sondern als Grundlage für eine geradezu exemplarische Konzentration auf das Besondere in Oper und Konzert. Beispiel „Verdi-Werkstatt Heidenheim“ (Stefan Lang, Deutschlandfunk Kultur): Die 2016 gestartete und von Deutschlandfunk Kultur und dem CD-Label Coviello Classics begleitete Reihe mit den frühen Opern Giuseppe Verdis gelangte in der Saison 2019 zu einem neuen Höhepunkt in der Produktion von „Ernani“, dem ersten international durchschlagenden Erfolg des Komponisten. Für Christian Kröber ist Cappella Aquileia diesen Sommer „in die Oberliga der deutschen Festivalorchester aufgestiegen.“ (nmz, 24.7.2019). Und Eleonore Büning schreibt in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung über Lea Gordon in der Rolle der Elvira: „Mit engelhafter Höhe, biegsamer Koloratur und orgelnder Tiefe surfte sie über die „Um-tata“-Wogen, dass uns das Herz stehen blieb.“ (28.7.2019). Über Szene (Regie: Jasmina Hadžiahmetović) und Bühne (Bühnenbild und Kostüme: Sonja Füsti) urteilt Manfred Kubiak in der Heidenheimer Zeitung: „...sehr sehr poetisch und (...) mit hintergründigem Witz. Große Klasse.“ (20.9.2019). Die positive Resonanz der Fachwelt spiegelt auch den großen Publikumserfolg, der sich seinerseits in einer sprunghaft gestiegenen Auslastung der „Verdi-Reihe“ von aktuell 91% ausweist.

Mit der zentralen großen Festivaloper „Pique Dame“ - die „Russische Carmen“ - setzten Bosch und Regisseur Tobias Heyder nun ein weiteres Zeichen im Besonderen und abseits der großen Blockbuster und erreichten eine Auslastung von 83%. Die StuttgarterOper Nr. 3 war „GOLD!“, die Erfolgs-Kinderoper von Leonard Evers (Libretto Flora Verbrugge). Im Opernzelt im Brenzpark erlebten fast 2.700 junge und junggebliebene Menschen in insgesamt 16 Aufführungen (Auslastung: knapp 93%) die Geschichte um das Spannungsverhältnis zwischen Glück und materiellem Wohlergehen in der Regie von Ulrich Proschka. Zusammen mit zahlreichen Vermittlungs-Formaten und gefördert u.a. mit Mitteln der Kulturstiftung des Bundes und des Landes Baden-Württemberg, stellt die Auseinandersetzung mit neuen Zielgruppen der „Musikwerkstatt OH!“ (Leitung Laura Nerbl) heute eine wichtige Festivalsparte dar, wovon die stolze Anzahl von über 4.400 Teilnehmern im Festival 2019 beredtes Zeugnis ablegt. Das Projekt "Glücksschmiede" im Rahmen von OH! Komponieren wurde für den MIXED UP Preis der bkj (Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung) nominiert - ein weiterer Beleg für die Qualität und den Stellenwert der Kinder- und Jugendarbeit bei den Opernfestspielen Heidenheim. Die Orchesterkonzerte als zweite Programmlinie der Festspiele richteten ihre Programmatik einerseits auf Russland und brachten mit Werken von Tschaikowski oder Rimsky-Korsakow Klangkörper wie die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz (Dirigent Łukasz Borowicz) oder die Stuttgarter Philharmoniker (Dirgent Marcus Bosch) auf die Heidenheimer Bühnen. Marcus Bosch und seine Cappella Aquileia hingegen setzten mit der Weiterführung des Formates „Beethoven-Projekt“ – u.a. wurde die Schauspielmusik zu König Stephan, die drei Leonoren-Ouvertüren und das Klavierkonzert Nr. 5 mit Solistin Lise de la Salle gegeben – ein weiteres Ausrufezeichen in ihrer mehrjährigen Zusammenarbeit mit cpo: alle Beethoven-Aufnahmen erscheinen beim Hauslabel von Plattenversand JPC ab Herbst des laufenden Jahres 2019 und damit pünktlich zum großen Beethoven-Jubiläumsjahr 2020. Im Heidenheimer Rahmenprogramm „Extras“ fanden sich schließlich Ensembles wie die SWR-Big-Band (Jazz-Gala) oder das Eliot-Quartett. Das „Quartett der Kritiker“ der Deutschen Schallplattenkritik war ebenso zu Gast an der Brenz wie – erstmals bei den OH! – das SWR-Vokalensemble (Biennale für Neue Musik „Zeitgenossen“ im Rahmen der OH!, die im Übrigen dem Komponisten und Flötisten Albrecht Imbescheid gewidmet war).
Matthias Jochner, in einer Person Kulturchef der Stadt Heidenheim und Musiker in der Cappella Aquileia, zeigt sich mehr als zufrieden und findet eine neue Sprachregelung für Inhalt und Qualität der Opernfestspiele: „Wir sagen heute nicht mehr, dass es erstaunlich ist, was in Heidenheim möglich ist. Wir sagen heute, dass so etwas nur in Heidenheim möglich ist!“ Opern und große Konzerte der Heidenheimer Festspielsaison 2020 sind bereits im Vorverkauf: Verdis „Don Carlo“ (Premiere 10.7.2020) und seine sechste Oper „I due Foscari“ (Premiere 23.7.2020) stehen im Zentrum. Das Gesamtprogramm wird im Herbst 2019 veröffentlicht.

Philharmoniker in ihrem siebten Jahr als Heidenheimer Festspielorchester, eine internationale Solistenriege und der wie immer bejubelte Tschechische Philharmonische Chor Brünn als Festivalchor waren die Partner auf dem Weg zum vielbeachteten künstlerischen Erfolg. Die internationale Wahrnehmung der Opernfestspiele Heidenheim steigt: Die Entscheidung, „einmal nicht die üblichen und allseits bekannten Opern in einem solchen Rahmen aufzuführen“, wird beispielsweise von Alain Steffen auf pizzicato (Luxemburg), „ausdrücklich begrüßt“ (26.7.2019).

Bürgerreporter:in:

Thomas Rank aus Günzburg

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