Ungewöhnliche Musik in Wettenhausen

Musik aus der Teekanne
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Am Sonntag, den 21.03., fand im Café Original in Wettenhausen im brechend vollen Saal des alten Gebäudes ein außergewöhnliches Konzert statt.

Der Hauptakteur der Abends, Hans-Peter Schulz, erklärte das präparierte Klavier und die Neue Musik, die er an diesem Abend vorstellen wollte. Die meisten Stücke stammten von John Cage, dem Urheber dieser Musik.

John Milton Cage Jr. (* 5. September 1912 in Los Angeles; † 12. August 1992 in New York City) war ein US-amerikanischer Komponist und Künstler. Mit seinen mehr als 250 Kompositionen, die häufig als Schlüsselwerke der Neuen Musik angesehen werden, gilt er als einer der weltweit einflussreichsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Hinzu kommen musik- und kompositionstheoretische Arbeiten von grundsätzlicher Bedeutung. Außerdem gilt Cage als Schlüsselfigur für die Ende der 1950er Jahre entstehende Happeningkunst und als wichtiger Anreger für die Fluxusbewegung und die Neue Improvisationsmusik. Neben seinem kompositorischen Schaffen betätigte er sich auch als Maler. (Wikipedia)

A Room (John Cage)
(Präpariertes Klavier)
Eine Musik schwer zu beschreiben, ist es überhaupt Musik? Die Töne auf dem präparierten Klavier setzen die Ohren in Alarmbereitschaft, schälen Neugierde und Aufmerksamkeit aus der Sonntagsruhe. Ungewohnt, stille Musik, schräg und gerade.

The Wonderful Widow of Eighteen Springs (John Cage)
(Stimme und geschlossenes Klavier)
Es folgt Gesang, fast alleine, begleitet nur von leichtem Fingertrommeln auf geschlossenem Klavier, Frauenstimme, jung und ruhig, wenig Variation, fast eine Liturgie, hoch und tief, Fantasien laufen an den Gefühlen vorbei, gleiten über Gedanken.

Suite for Toy Piano (John Cage)
Kinderklavier, Geklimper, verspielt und ernst, nach Noten, nach Lust, interpretiert mit Leichtigkeit und Lichtklang, jeder Ton steht für sich, wirkt, wirkt nach.

Water Musik (John Cage)
(Klavier und Nebeninstrumente)
Das Radio geht an, eine Frequenz vorgegeben, Klaviertöne, Wasserblasen, Lachen (Publikum), ein einzelner Klavierton (Publikum) , Kichern, Trillerpfeife, Klavierdeckel auf und zu, Geister im Haus, unheimlich, fallende Noten (Improvisation), Frequenzänderung, Rauschen, wartende Körperhaltung, zwei Eimer Wasser werden umgeschüttet, neue Frequenz, neue Geister, wieder Wasserrauschen, Klavier, kurzes Senderjaulen, Abschlussklavier.

Es folgt ein „verkapptes Orgelstück“ mit sechs Manualen. Die Mechanik zum gefühlvollen Spielen fehlt, aus dem Klavier wird eine südamerikanische Gurke (laut Hans Peter-Schulz). Auf negative Weise wird traditionsbewusst gespielt, Pizzikatos werden eingesetzt, entstehen in dieser Klangwelt aus Versehen, werden mit eingebaut. Eine scheinbar zusammenhanglose Musik, die so sehr zusammenhängt, dass die menschliche Wahrnehmungsfähigkeit damit überfordert ist.

Eine Bibelstelle aus Prediger 3, 1-9 wird vorgelesen, demonstrativ, wirft die Sinnfrage auf: Was hat das Handeln für einen Wert?

Was für einen Wert geben wir dem Handeln, der Musik?

Variations 1 (John Cage)
(Ausarbeitung für Klavier von Hans-Peter Schulz)
Ton, Rätschen, Zupfen, Klavier, Klopfen, Klavier, Rätschen, Zupfen, leise, laut, lauter, hoch tief, Schwingung hören, bei den Tönen verweilen, Zwang zum Nachlauschen, Konzentration, den Ton auskosten, bis er verschwindet.

Variations 1 (John Cage)
(Ausarbeitung für Instrumentarien aus dem Bereich der Botanik)
Junge Menschen „spielen“ mit Pflanzen, Steinen, Ton und anderen Naturmaterialien. Alles geht nach Vorgabe, nach der Stoppuhr. Kiesel reiben aneinander, Steine klopfen, Glockenspiel, Holz auf Bambus, Holz auf Holz, Stäbe reiben, Papier zerreißen, , Tontöpfe streicheln, reiben, Holz auf Ton, Hand an Moos, weich und hart, spitz und stumpf, leise und lautlos, klopfen, tanzen, der Kaktus wird gezupft, Disteln werden geraschelt, das Fühlen wird hörbar gemacht, Naturtöne tanzen im Reigen, scheinbar miteinander, manchmal gegeneinander, allein und zusammen.

Guero (Klavier)
Kaum hörbares Streichen, Rätschen, Klopfen, dumpf, eine Maus küpft hin und her, trippelt, nagt, zupft, klopft, klingeling, Ton, husch, es singt die Maus, Türe klappert, Nüsse knacken, Donner, husch – weg, hier ist sie wieder, nagt und trippelt, lauscht, das alles auf einem Klavier, dem die Mechanik zweckentfremdet wird.

Nothing is real – Strawberry Fields Forever
(Klavier, kleiner Lautsprecher, Teekanne)
Töne stehen einzeln, hallen nach, verschwingen, tauchen ab und kommen wieder um die Ecke, schräg, gewagt, ohne Harmonie, Töne pur, Schwingung.
Musik kommt aus der Teekanne, gedämpft, Ahnungen von Strawberryfields forever, sie schwebt, steht im Raum, gibt den Tönen vorher Platz zum Schwingen, füllt nicht jeden Raum, schafft Lücken, lässt Töne frei, unheimliches Rauschen.

Der Abend: Ein Klangerlebnis der besonderen Art, konzentriert vorbei an Gefühlen, ein Fest der Sinne, inspiriert hinein ins Hören, schwingend hinaus in eine schräge Freiheit….

Bürgerreporter:in:

Karola Wood aus Günzburg

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