„Leipheim darf ernten, und zwar Kultur!“

Cecile Verny Quartet | Foto: Zehntstadel Leipheim
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Ein Interview mit Cordula Baier, Leiterin des Zehntstadel Leipheim

Seit der Eröffnung des Zehntstadels in Leipheim am 19. Oktober 2002 steigt die Begeisterung der Kulturliebhaber mit jeder Vorführung. Die internationale Vielfalt der musikalischen Darbietungen in der kleinen Gemeinde ist überwältigend. Wie die „Ernte“ im Kulturzentrum dieses Jahr ausgefallen ist, wollten wir von der Kulturreferentin Cordula Baier wissen.

myheimat: Frau Baier, die kulturellen Veranstaltungen sind geprägt von der Internationalität der Interpreten. Werden dadurch heimische Künstler eher vernachlässigt?

Baier: Es wäre mir arg, wenn wir heimische Künstler vernachlässigen. Mein Anliegen ist es aber – das gebe ich zu – im Zehntstadel solche Künstler zu engagieren, die in unserem Umkreis eher selten auftreten.

myheimat: Junge und kreative Menschen sind immer auf der Suche nach einer Möglichkeit sich zu präsentieren. Welche Chance hat ein „Newcomer“ auf Ihrer Bühne aufzutreten? Und welche Tipps können Sie den Frischlingen mit auf den Weg geben?

Baier: Sicher, Newcomer haben es manchmal etwas schwer. Dennoch finde ich, dass gerade wir auch Künstler im Programm integrieren, deren Name noch nicht in aller Munde ist. Gutes Demomaterial – auch wenn junge Künstler zugegebener maßen manchmal dafür ganz schön in die Tasche greifen müssen - ist für mich von großer Bedeutung. Etwa 90 % der Gruppen, die ich engagiere, höre ich mir live an, bevor ich sie engagiere. Vorher möchte ich aber schon einen Eindruck der Band haben. Eine gute Demo-CD oder gutes Pressematerial machen mich neugierig … dann fahre ich auch gerne mal 100 km für ein Konzert.

myheimat: Es gibt sehr viele Veranstaltungen im Zehntstadel. Welche Schwierigkeiten sind damit verbunden?

Baier: Klar, wir wollen kein kulturelles Überangebot schaffen, darunter würde nicht nur der Besucherstrom, sondern auch unsere Werbung und Organisation leiden. Ich denke, zwei bis drei Veranstaltungen im Monat sind in der Regel genau richtig, um eine Bandbreite zu bieten, für Abwechslung zu sorgen und dennoch die Qualität unserer Arbeit zu wahren.

myheimat: Modernität wurde in Ihrer Arbeit immer großgeschrieben. Welche innovativen Entwicklungen hat der Stadel seit der Eröffnung erfahren?

Baier: Wir überdenken ständig unser Konzept, verbessern unsere Veranstaltungstechnik etc. Die größten Schwierigkeiten hatten wir anfangs mit einer gerechten Sitzplatzverteilung für unser Publikum - das versuchen wir, durch ein Ticketsystem zu lösen. Immer wieder experimentieren wir auch mit der Bestuhlung, mit der Art der Werbung und so weiter. Was die Programmgestaltung angeht, so gebe ich mir Mühe, immer wieder mit neuen Ideen frischen Wind in den Zehntstadel zu bringen. Ob mit Reihen wie dem Zwiebelkuchen-Blues als winterliche Antwort auf den sommerlichen Butterbrezel-Jazz, ob mit einem Wunschkonzert der Zuschauer, Bandwettbewerb, Jam-Sessions oder unsere jetzt etablierte Reihe TastenTage – ich finde, dass wir nicht in Routine erstarren.

myheimat: Der Umgang mit der künstlerischen Vielfalt hinterlässt sicherlich Spuren über das Zehntstadel hinaus. Welchen Stellenwert hat Kreativität in Ihrem privaten Leben?

Baier: Ich möchte mein Leben bunt und farbenfroh gestalten, auch hier keine Routine aufkommen lassen und mich von neuen Dingen inspirieren lassen. Ich versuche, demgegenüber offen zu sein, was ich nicht kenne.

myheimat: Die Förderungen von kulturellen Einrichtungen werden häufig zuerst gestrichen, wenn die Finanzen der Stadt knapp werden. Inwiefern ist dadurch die Qualität des Kulturprogramms betroffen?

Baier: Leider, so muss ich sagen, leidet in vielen Städten die Qualität des Kulturangebots sehr, weil Finanzen gestrichen werden. Klar, dass es ohne Geld auch kaum Möglichkeiten gibt, Neues auszuprobieren. Zum Glück hat sich der Zehntstadel seit seiner Eröffnung so etablieren können, dass sich die Veranstaltungen selbst tragen. Noch größer, so muss ich aber sagen, ist unser Glück, dass die Stadt Leipheim die Existenz eines Kulturprogramms überhaupt ermöglicht, indem sie diesen schönen Stadel restauriert hat und die Unterhaltskosten sowie die Personalkosten und was damit zusammenhängt, trägt.

myheimat: Wie zufrieden sind Sie mit der diesjährigen „Ernte“? Welche Projekte konnten 2008 realisiert werden?

Baier: Auch dieses Jahr sind wir sehr zufrieden mit der Ernte. Die TastenTage haben wieder großen Anklang gefunden, das Haus bot ein breites Kulturangebot, was von unserem Publikum gerne angenommen wurde.

myheimat: Hatten Sie im Mutterschaftsurlaub noch Einfluss auf die Programmgestaltung oder wollten ihrer Vertretung Frau Schlachter irgendwie beistehen?

Baier: Anfangs hatte mich Frau Schlachter des Öfteren kontaktiert – dann stand ich Ihr gerne mit Rat und Tat beiseite. Ich gebe aber zu, dass ich fast etwas verwundert über mich selbst war, wie einfach es mir fiel, abzuschalten und mich nicht um die Belange des Zehntstadels kümmern zu müssen. Ich zog mich dann zurück, da mir auch Frau Schlachter signalisierte, lieber ohne den Austausch mit mir den Zehntstadel zu führen. Ich hatte somit keinen Einfluss auf die Programmgestaltung.

myheimat: Wie sehen die Zielsetzungen für das kommende Jahr aus? Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Zehntstadels?

Baier: Dass uns weiterhin unser Publikum so gut gesonnen ist, sich gerne auf Neues einlässt und den Künstlern viel Applaus spendet.

Bürgerreporter:in:

Gülcihan Ördek aus Augsburg

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