Bamberger Kellerkommando in Augsburg zu Gast

Bamberger Kellerkommando | Foto: Agentur
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Wo finden die popkulturellen Innovationen des 21. Jahrhunderts statt? In Berlin, Tokyo oder New York? Falsch geraten. In der idyllischen fränkischen Bierstadt Bamberg hat eine Truppe junger Menschen eine musikalische Revolution losgetreten: Das kuriose Kellerkommando vermengt althergebrachte Volksmusik aus Franken und anderen Ländern mit fetten HipHop-Beats von heute inklusive russischem Straßenrap. Zu hören und zu sehen am kommenden Donnerstag um 20 Uhr im Augsburger Ostwerk. Der Einlass ist bereits ab 19 Uhr.
Sie stöbern in Omas Liederkiste, stauben ab, was sie darin finden und möbeln den Inhalt so gehörig und einfallsreich auf, dass er glänzt wie neu und so revolutionär klingt wie ihr Name. Das Kellerkommando aus Bamberg katapultiert mit fetten HipHop-Beats und urbanen Grooves die fränkische Volksmusik zielsicher ins 21. Jahrhundert.
Das Kellerkommando hat erkannt: Wenn Wirtshaus- und Kerwa-Lieder sich über Generationen hinweg gehalten haben, dann muss ein Zauber in ihnen liegen, müssen sie Ohrwurmqualität haben. Und damit die Hits von früher auch morgen noch welche sind, mischt ihnen die siebenköpfige Band den Sound von heute unter.
Was es dazu braucht, sind Bläser, Akkordeon und ein charismatischer Sänger auf der einen Seite und Drums, Bass, Synthies und ein exzentrischer Rapper auf der anderen. Seit 2009 mischt das Kellerkommando in dieser Besetzung die Volksmusik auf und sorgt bei Publikum und Kritikern nach kurzer Irritation schnell für
heillose Begeisterung.
2011 gewannen die Kerwa-Rapper den deutschen Weltmusikpreis Creole, kürte sie die Volkswagen Soundfoundation zu einem der Talente 2011. Von Warner Music gab’s einen Plattenvertrag und von Bestsellerautor Tommy Jaud das Lob: „Ja leck mich am Arsch! Endlich mal was Neues. Endlich mal was Mutiges. RESPEKT!“.
Kellerkommando beweist: HipHop ist die Volxmusik von heute!

Volksmusik? Volksmusik! Nicht als Gag, als ulkige Idee, als fröhlicher Einwurf zwischendrin. Sondern als Kernkompetenz, als das besondere Gut, als etwas unbedingt Erhaltenswertes. Doch trotz eines Selbstverständnisses als fränkische Volksmusiker steht das siebenköpfige Kellerkommando aus Bamberg mit allen 14 Beinen im Hier und Jetzt, in der Moderne, der Popkultur und urbanen Musik. „Auch Volksmusik war immer Popmusik“, befindet der Kellerkommandeur, Sänger und Akkordeonspieler Dada Windschi . „Es ist die überlieferte Popmusik vorangegangener Generationen.“ Und das Kellerkommando kommt, um diese Popmusik in die Gegenwart zu holen, sie neu zu beleben und ihr den Gout des Altbackenen und Bäuerlichen und interwäldlerischen zu nehmen. Der Schwank darf und soll bleiben. Das Muffige hingegen hat keinen Platz. Gar keinen.
Das beweisen die Konzerte von Kellerkommando . Sie sind regelrechte Messen des ambitionierten Frohsinns, wo der Rock von heute auf die Instrumente und Mundart von Vorvorgestern trifft. Zum Akkordeon sowie den klassisch in einer Blaskapelle geschulten Trompeten und Posaunen gesellen sich Drums, Bass, Keyboards und ein Rapper mit pakistanischen Wurzeln. Tradition trifft urbane Modernität, Dialekt battelt sich mit Deutsch-Rap, Humpta-Humpta wird zu ‚Zwo-Drei-Vier-und-Abfahrt!’. Viele Welten treffen aufeinander, bilden indes keine Gegensätze, sondern vereinen sich zu einem einzigartigen Amalgam, das „die Leute gleichzeitig zum Lachen und Tanzen bringt – was wohl das schönste Kompliment ist, das man einer Band machen kann“, wie sie sagen.
Die SZ verfasste über ihr Debütkonzert 2009 unmittelbar eine halbe Seite. Ihr erster Fanbrief kam von Star- Autor Tommy Jaud, der schrieb: „Endlich mal was Neues. Endlich mal was Mutiges! Respekt!“ Kurz darauf teilten sie sich schon die Festivalbühnen u.a. mit den Fantastischen Vier, Napalm Death, Haindling und Samy Deluxe und spielten auf Einladung des Goethe-Instituts in Mexiko. Sieben fränkische Gringos brachten dort 3.000 Mexikaner förmlich zum Ausrasten. Das ahnte die Jury bereits, die ihnen die Creole, Deutschlands bedeutendsten Weltmusik-Preis verlieh: In ihrer Laudatio würdigte sie „die wundervoll dreckige Bühnenshow, die hochvirtuose und gnadenlos romantische Darstellung und den Beweis, dass Punk und Frank zusammen gehen.“
Das weiß Dada Windschi schon lange. Seit einem Jahrzehnt veranstaltet er jährlich den ‚Anti-Stadl’, sein Gegenentwurf „zu der Volksmusik-Soße, die man im Fernsehen zu sehen bekommt.“ Jährlich tanzen hier viele hundert Aufgeschlossene zu einem Sound zwischen Bauernstübl und Rock’n’Roll-Show. Sie wissen also, wie man Altes entstaubt, Mondernes tradiert und sich in einer Weise zwischen Stühle setzt, dass ausnahmslos jeder bei ihrer peitschenden Polonäse dabei sein will. Demgegenüber steht die Street Credibility und tiefe Rap-Verwurzelung ihres MCs Ali A$ : Von 2006 bis 2009 stand er bei Samy Deluxe’ Plattenlabel
‚Deluxe Records’ unter Vertrag, wo er vier Tonträger veröffentlichte, darunter sein Debütalbum „Bombe“ sowie eine Kollabo zwischen Samy, ihm und Tua. Mit der Single „ Ich bin ein Star holt mich hier raus“ sammelte er weitere Meriten und das entsprechende Video rotierte auf MTV und Viva. Mit „Mondscheinbrüder“ liefern Dada Windschi , Ali A$ , Bassist Sebastian Schubert , Keyboarder Patrick Köbler, Trompeter Stefan Schalanda , Posauinist Ilya Khenkin und Drummer Norbert Weinhold nun ihre erste EP mit Studioaufnahmen ab, ein erstes Album soll Anfang 2013 folgen. Auch diese Aufnahme-Sessions beweisen, wie sehr bei ihnen alles geht: Pumpende Bassdrums mischen sich mit Offbeat-Bläsern, Vocoder-Effekte spielen mit Akkordeonweisen, knallige Raps reiben sich an Schunkel- Refrains. Selten gingen Kontraste dermaßen gut zusammen – als hätte die Welt nur auf Kellerkommando gewartet, um zu beweisen, dass das alles so gegensätzlich gar nicht ist. Wenn es mit Aufrichtigkeit, Leidenschaft und großer Musikalität betrieben wird.
Woran es liegt, dass es hier so gut funktioniert? Weil es menschlich ist. Musik von Menschen, die mit Achtung, großem Gespür und einer ordentlichen Portion Unverfrorenheit die Schätze ihrer Ahnen heben, und mit absoluter Natürlichkeit in die Moderne transportieren. Eine neue Form von Zeitgeist – geschichtsverbunden, aber niemals -klitternd, voller Tradition, aber nicht schnarchnasig oder plump. Sondern voll berstender Energie, aufgeladen mit Spielwitz und Lebensfreude, die sich übertr.gt. Und zwar auf jeden – sei er auch noch so angeätzt von den Kindheitsstunden, als Mutti wieder stundenlang den ‚Blauen Bock’ gucken musste. Hier ist er: der kaleidoskopisch farbenfrohe Bock für die Generation Erlebnishunger.

BESETZUNG
David Saam Akkordeon, Gesang 
Dimitri Hinter Rap
Stefan Schalanda Trompete
Ilya Khenkin Posaune
Patrick Köbler Keyboard
Sebastian Schubert Bass
Norbert Weinhold Schlagzeug

Bürgerreporter:in:

Thomas Rank aus Günzburg

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