Die Einrenk-Impfung

Die Einrenk-Impfung

aus der Reihe
Neues aus Narrenberge
von
Margaretha Main

Um bei der groß angekündigten Impfung gegen das böse Corona-Virus dabei sein zu können, habe ich mich diesmal – der Jahreszeit entsprechend – in ein weißes Virus verwandelt das sich als Bakterium getarnt hat. Denn: Wer sich nicht tarnt, wird sofort von den überall lauernden Denunzianten, äh, ich meine wohlmeinenden Mitbürgern, angezeigt.
Auf diese Weise verunstaltet traf ich pünktlich am Neujahrsmorgen auf dem Rathausplatz ein. Eine kleine Menge, bestehend aus überwiegend älteren Frauen und Männern, hatte sich bereits versammelt. Nach und nach strömten von allen Seiten weitere Menschen hinzu, die allerdings in gehörigem Abstand verharrten. Diese Neuankömmlinge waren wohl eher aus Neugier erschienen und nicht, um sich impfen zu lassen. Mann oder Frau wollte sich offenbar dieses groß aufgezogene Schauspiel nicht entgehen lassen.

Kurz nach neun Uhr trat Bürgermeister Einrenk aus dem Rathaus und erhob huldvoll seine Arme. Jubelnder Applaus schwoll an. Er erhob erneut seien Arme und machte eine absteigende Bewegung und schon ebbte der Jubel an.
„Liebe Narrenbergerinnen und Narrenberger!
Obwohl heute ein Feiertag ist, habe ich mich hierher begeben, um meinen Dienst zu leisten.“
Und wieder brandete Applaus auf.
„Gemeinsam werden wir der Pandemie ein Ende setzen!“

Ich lasse jetzt mal die ganzen Appläuse aus. Das würde zu lange dauern, okay?

„Gemeinsam werden wir nicht nur die Pandemie beenden, sondern auch dem bösen Corona-Virus den Gar aus machen.
Ich habe keine Kos…, äh, Mühen gescheut, um meinen Teil dazu beizutragen, diese desolaten Einschränkungen ein für alle Mal zu beenden. Mein Freund, der Filialleiter der hiesigen Bank hat mich intensiv darüber aufgeklärt, wie eine sichere Impfung vonstattengeht und ich habe aufmerksam zugehört.
Also! Wer ist die Erste?“

Sofort rennen die Frauen aus der ersten Reihe auf Einrenk zu. Nur durch einen beherzten Sprung zur Seite kann er ein Überrolltwerden verhindern.
„Immer mit der Ruhe, die Damen! Es kommen alle an die Reihe!“

Einrenk dreht sich in Richtung des Rathauses und winkt. Schon öffnet sich eine Tür und zwei Soldaten treten ins Freie. Sie schleppen einen Tisch herbei und stellen diesen vor Einrenk auf. Kaum steht der Tisch an richtiger Stelle, schleppen weitere Soldaten zwei Koffer herbei und platzieren diese auf dem Tisch. Während einer der Soldaten den ersten Koffer öffnet, strömen weitere herbei und stellen sich neben Einrenk auf.

„So, dann bitte die Erste vortreten!“

Omma Wichtig, wie immer die erste an der Spritze, steht schwups vor Einrenk. Ehe der reagieren kann, hat sie sich schon den Pullover über den Kopf gezogen. Nun steht sie oben ohne vor ihm. Sie hat heute mal auf den BH verzichtet, um nicht so viel Aufhebens machen zu müssen.
Während Einrenk mit einer Mischung aus Erregung und Erstaunen auf Omma Wichtigs Brüste starrt, wird er von einem der Soldaten angestupst.

„Ähem! Das Freilegen des gesamten Oberkörpers ist nicht notwendig. Ich brauche nur einen freien Oberarm – am besten den linken, da ich Rechtshänder bin.“

Obwohl weder Rechtshändigkeit, noch Linkshändigkeit irgendetwas mit der Impfseite zu tun hat, schieben sofort alle ihren linken Ärmel hoch.

Omma Wichtig greift kurz zu ihrem Pullover, den sie neben einen der Koffer auf den Tisch gelegt hat, überlegt es sich aber noch anders. Wenn sie schon mal oben ohne auf dem Rathausplatz stehen kann, dann will sie das auch ausnutzen. Das hatte sich bisher noch nicht eine einzige Frau getraut. Sie würde für immer die Erste bleiben.

Einrenk entnimmt dem offenen Koffer eine Spritze und hält sie hoch in die Luft. Wieder bricht ohrenbetäubender Jubel aus.
Dann holt er sich einen kleinen Glasbehälter aus dem Koffer und hält diesen ebenfalls in die Luft.
Nun sticht er die Nadel hinein. Sie geht nicht durch. Mehrmals versucht er es. Die Nadel geht nicht rein und verbiegt sich. Ein Soldat tritt herbei und schraubt den Deckel ab. Einrenk bedankt sich mit einem Nicken und sticht durch die Gummiabdeckung. Er zieht die Spritze auf und zeigt die volle Spritze mit der krummen Nadel dem Publikum, das trotz des Krummseins jubelt.

Kurz auf Omma Wichtigs Brüste starrend, setzt er die Nadel an und sticht zu. Omma Wichtig verzieht kurz das Gesicht. Einrenk versucht, den Impfstoff zu injizieren und drückt wie wild auf den Kolben. Offenbar blockiert die krumme Stelle den Durchfluss. Dann plötzlich hat er es geschafft. Allerdings ist sein Druck so stark, dass Omma Wichtig nicht nur ihre Dosis abbekommt, sondern den gesamten Spritzeninhalt. Omma und Einrenk starren erschrocken auf die krumme Nadel. Einrenk fängt sich als erster.

„Keine Sorge, Frau Wichtig, Viel hilft viel. Der Banker hat mir versichert, dass man niemals überdosieren, sondern höchstens unterdosieren kann. Also! Freuen Sie sich über den großen Schluck aus der Pulle.“

Während sich Omma Wichtigs Gesichtszüge entspannen, hat einer der Soldaten eine neue Spritze aus dem Koffer geholt. Während Einrenk diese füllt, ist bereits die nächste Dame vorgetreten. Einrenk, inzwischen geschult, sticht vorsichtig zu und verabreicht eine kleine Dosis.
„Das ist mir aber zu wenig. Der Wichtig haben Sie die ganze Spritze verpasst. Das will ich auch haben.“
„Das geht nicht. Erstens reicht diese Dosis vollkommen aus und zweitens reicht der Impfstoff nicht für alle, wenn ich jedes Mal eine ganze Spritze voll einfüh…, äh, injiziere.“
„Das geht mich nichts an. Ich gehe hier nicht eher weg, bevor ich nicht alles bekommen habe.“
Einrenk nickt nach hinten und zwei Soldaten treten vor. Sie haken die Frau unter und schieben sie in die Menge zurück. Kaum haben sie die Frau losgelassen, stürmt sie abermals nach vorn.
„Herr Einrenk! Ich habe ihnen meine Stimme gegeben und jetzt geben Sie mir gefälligst den kompletten Impfstoff!“
Erneut müssen die Soldaten eingreifen und die Frau beiseiteschieben. Erst als sie sieht, dass Omma Wichtig am Boden liegt und röchelt, lässt sie sich abführen.

„Ein Arzt! Ein Arzt! Ist hier kein Arzt in der Nähe?“
Einrenk steht die Panik ins Gesicht geschrieben.
„Heute ist Feiertag. Da hat kein Arzt offen!“
Während Omma Wichtig verendet, wird die Menge unruhig.
„Einrenk! Was bist du für ein Mensch? Du hast versprochen, dass der Impfstoff hilft, nicht dass er uns umbringt!“

Einige stürmen nach vorn und ehe die Soldaten einschreiten können, hat die Meute den Bürgermeister in ihre Mitte genommen. Einer greift in den Koffer, holt sich eine Spritze, sticht die Nadel in den Glasbehälter, zieht die Spritze auf und sticht durch das Hemd in Einrenks Arm. Plötzlich völlig panisch starrt Einrenk auf die Einstichstelle. Erst jetzt schaffen es die Soldaten, den Bürgermeister zu befreien. Sie zerren ihn aus der Menge und stellen sich schützend vor ihn. Einrenk, total blass geworden, taumelt dem Rathaus entgegen, erreicht die rettende Tür allerdings nicht mehr. Auf den Stufen wird er ohnmächtig.

Da die Soldaten davorstehen, kann ich nichts mehr sehen. Als sich plötzlich ein weiterer Trupp Soldaten nähert, stiebt die Menge auseinander. Auch ich mache mich davon, um nicht überrollt zu werden. Was soll eine kleine schwache Retha schon gegen solch eine Übermacht ausrichten?

Auf dem Weg in die Ferne komme ich an vielem Traurigen vorbei. Überall liegen nackte Kühe und Pferde herum. Man hat sie rasiert, weil das Gerücht ging, im Fell der Tiere würden sich die Viren schnell verbreiten. So waren sie im kalten Wind erbärmlich erfroren.
Auch die Hüftoperationshäufigkeit hatte extrem zugenommen, da nach wie vor viele Menschen, selbst Babys, auf einem Bein herumhüpfen, um dem Virus zu entgehen. Man hatte gestreut, das Virus würde Einbeiner verschonen. Oder habt ihr schon einmal einen Einbeiniginfizierten getroffen? Nein? Ich auch nicht.

Was habe ich sonst noch zu berichten?
Ach ja, sowohl Einrenk als auch Omma Wichtig wurden ins Narrenberger Krankenhaus eingeliefert. Während Omma Wichtig nach wie vor nicht gehen kann und wirres Zeug redet – war das mal anders? –, ist Einrenk zumindest schon in der Lage die Krankenschwestern zu befummeln. Nun trägt er einen Arm in Gips, da sich Schwester Rabiata eben nichts gefallen lässt.

Die reguläre Impferei in den Altenheimen hat begonnen. Einige sind sofort nach dem Einstich verstorben, andere schwer geschädigt. Es wurden weder durch einen Arzt Untersuchungen durchgeführt, um festzustellen, ob eine Impfung überhaupt notwendig ist, noch wurden die Bewohner über die Wirkungen und Nebenwirkungen aufgeklärt. Aus diesem Grund handelt es sich ganz klar um eine Körperverletzung – in einigen Fällen mit Todesfolge. Dafür müssen die Impfer und die Heime haften. Die ersten Angehörigen schreiten bereits zu ihren Anwälten.
Tja: Strafe muss sein, nicht wahr?

Viele Grüße von Margaretha Main

P.s.: Ein Hinweis für alle Soldaten, Polizisten und sonstigen Sicherheitskräfte:
Auch Ihr seid Bürger. Auch Ihr werdet eines Tages unter den Folgen dieser künstlich erzeugten Pandemie leiden müssen – genau wie eure Angehörigen. Auch Ihr werdet die extremen Nebenwirkungen der Impfung zu spüren bekommen. Einen Tod oder eine schwere Nachwirkung wird kein Orden ausgleichen können.

Buchtipp:
Margaretha Main
Die Angst geht um in Narrenberge

Bürgerreporter:in:

Elisabeth Keller aus Gnarrenburg

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