Der Hürtgenwald in der Eifel - Ein trauriges Kapitel unserer Geschichte

Der Soldatenfriedhof bei Vossenack
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Am 06.Juni 1944 landeten die Alliierten in der Normandie, die Befreiung Europas hatte seinen Anfang genommen.

Als die siegreichen amerikanischen Truppen am 29.August 1944 in 24er-Reihen durch den "Arc de Triomphe" in Paris zogen, war auch die 28. US-Infanteriedivision dabei. Jene Division, die nur wenige Wochen später, einen hohen Blutzoll im Hürtgenwald zahlen sollte.

Noch kannte niemand den Begriff "Hürtgenwald", doch das sollte sich bald auf dramatische und grausame Weise ändern.

Jetzt begann der Sturm auf die deutsche Reichsgrenze und den gefürchteten Westwall. Die so genannte Siegfriedlinie zog sich, bis auf einige kleine Lücken, von Belgien bis an die Schweizer Grenze.

Doch war der Westwall noch dieses unüberwindbare und gefürchtete Hindernis? Nein, denn nach den schnellen Erfolgen im Ost-Feldzug und der Besetzung Frankreichs, verlor der Westwall zunehmend an strategischer Bedeutung. Man begann die Bunker abzurüsten, wurde das Material doch für den neu zu bauenden Atlantikwall benötigt. Die Bunker wurden teilweise verschlossen, andere von Bauern als Lagerraum oder Unterkünfte für das Vieh genützt. Nach der Landung der Alliierten Streitkräfte in Frankreich und deren schnellen, unaufhaltsamen Vormarsch in Richtung Deutschland, wird im August 1944 der Befehl zum erneuten Ausbau der Siegfriedlinie gegeben.

Teilweise stehen die Bunker unter Wasser, die Schussfelder wurden von der Natur zurückerobert, es fehlen wichtige Belüftungsvorrichtungen sowie Wasseranschlüsse und das so wichtige, die einzelnen Bunker verbindende, Grabensystem. Und es fehlt an Soldaten, die den Westwall verteidigen. Im September 1944 erreichen die ersten Wehrmachtsverbände die Siegfriedlinie, um die bis dahin dort eingesetzten Landesschützen, zu verstärken.

Ziel der Amerikaner war es, zwei Korridore im Gebiet des Hürtgenwaldes zu errichten. Zum einen den "Stolberg Corridor", zum anderen den "Monschau Corridor". Nach dem damaligen Kartenmaterial augenscheinlich kein schweres und unlösbares Unterfangen, in der Realität aber ein grausamer und folgenschwerer Irrtum.

Die Nachschubschwierigkeiten der amerikanischen Armee, gaben den deutschen Verteidigern das nötige Zeitfenster zum Ausbau der vorhandenen Verteidigungslinie. Der Faktor Zeit ermöglichte den angeschlagenen deutschen Truppen eine Atempause und es wurde eine, wenn auch an vielen Stellen sehr improvisierte, Frontlinie eingerichtet. Die Bunker waren besetzt, boten wieder den nötigen Schutz, waren allerdings meist für eine direkte Verteidigung nicht mehr einsetzbar. Die Waffensysteme hatten sich in den Kriegsjahren seit dem Bau des Westwalles stark geändert, so konnten beispielsweise keine schweren Maschinengewehre mehr in den Bunker eingesetzt werden. Die verteidigenden deutschen Soldaten waren stark geschwächt und von den andauernden Rückzugsgefechten stark dezimiert. Eines aber sollte bei den kommenden Kämpfen wohl der wichtigste und für die amerikanischen Soldaten der schlimmste Faktor werden, der deutsche Soldat kämpfte erstmals auf eigenen Boden und es ging um die Verteidigung seiner Heimat. Man kämpfte nicht mehr in den endlosen russischen Steppen oder in der Gluthölle von Afrika, man kämpfte vor den Augen seiner Mütter und Väter. Man kämpfte um sein Land, seine Stadt - seine Heimat ! Schon lange kämpfte der einfache Soldat nicht mehr für die Ideale eines braunen Regimes, er kämpfte um zu überleben und das sollte er auf deutschen Boden ein weiteres und sinnloses Mal beweisen dürfen.
Als Allerseelenschlacht wird die kommende Offensive der amerikanischen Truppen später bezeichnet werden und der Blutzoll der Amerikaner, aber auch der Deutschen, wird diesem Gebiet einen neuen Namen geben - Hürtgenwald.

Am Vormittag des 6. Oktober 1944 begann der Vormarsch der 9. US-Infantry-Division gegen die 275. deutsche Infanterie Division auf der gesamten Breite des Angriffsgeländes in den Wald. In diesem Waldgebiet gelang es jedoch kaum, Ziele für die alliierte Artillerie und Luftwaffe auszumachen. Größtenteils machte das Gelände den Einsatz schwerer Fahrzeuge unmöglich. Weiteres Hindernis für die US-Truppen war die genaue Ortskenntnis der Wehrmacht. So blieb der Angriff im Wald stecken und die Höhen blieben in deutscher Hand. Nach 10 Tagen erbitterter Kämpfe waren beide Seiten so geschwächt, dass die Kampfhandlungen abflauten. Geländegewinn der Amerikaner 2,7 km, Verluste der Amerikaner 4.500 Mann. Verluste der Deutschen 3.200 Mann.

Am 26. Oktober 1944 wurde die 9. US-Division von der 28. abgelöst. Die geschwächte deutsche Infanterie musste ausharren. Am Morgen des 2. November 1944 wurde der zweite Angriff auf den Hürtgenwald eingeleitet, wegen des Datums an Allerseelen wird diese Schlacht auch als "Allerseelenschlacht" bezeichnet. Am 8. November 1944 brachen die Amerikaner ihren Angriff ab und zogen die verbliebenen Truppenteile zurück. Von der 25.000 Mann starken 28. US-Infantrie-Division bleiben 6.000 auf dem Schlachtfeld zurück. Am 16. November 1944 wurde durch die 1. und 9. US-Armee eine Großoffensive im Hürtgenwald gestartet (Operation "Queen"). Ende November fielen die Gemeinden Hürtgen und Kleinhau, weitere Städte folgten. Mit dem Beginn der Ardennenoffensive der Deutschen am 16. Dezember 1944 findet die Schlacht im Hürtgenwald ein vorläufiges Ende. Nach dem Scheitern der Ardennenoffensive am 10. Januar 1945 wurden die Kämpfe erneut aufgenommen. Am 8. Februar 1945 fällt der Ort Schmidt, wodurch die Kämpfe im Hürtgenwald endgültig enden.

Ein Wald in der Eifel - ein Friedhof für Zehntausende von Soldaten und das in den letzten Monaten eines unsinnigen und menschenverachtenden Krieges.

Die genaue Zahl der gefallenen Soldaten wird wohl nie festzustellen sein. Offizielle Seiten sprechen von über 70.000 Gefallenen. Wahrscheinlich wird diese Zahl nach unten zu berichtigen sein, da die damals von amerikanischer Seite angegeben Verluste, auch verwundete, kampfunfähige und vermisste Soldaten beinhaltete. Eines aber ist sicher, jeder einzelne der hier den Tot fand, oder ein Leben lang mit den Folgen des Erlebten leben muss, war zuviel.

Es ist wirklich kaum vorstellbar, dass sich in diesem schönen und eigentlich friedlichen Teil der Eifel im Jahre 1944 derart grausames, sinnloses und menschenverachtendes zugetragen hat und dessen Spuren nach über 60 Jahren noch allgegenwärtig sind. Es ist ein komisches Gefühl durch diese Wälder zu streifen, wenn man sich der Geschichten und Schicksale bewusst ist, die sich dort zugetragen haben.

Man muss an manchen Stellen einfach inne halten um derer zu Gedenken, die hier auf grausamste und sinnloseste Art ihr Leben lassen mussten und es gilt diese Relikte als Abschreckung und Anklage zu bewahren.

Bürgerreporter:in:

Alexander Hagl aus Augsburg

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