Heilige mit Ecken und Kanten

Mosaik der Theodora in der Kirche Santa Prassede in Rom
  • Mosaik der Theodora in der Kirche Santa Prassede in Rom
  • hochgeladen von Markus Dörre

Dass Heilige einen Heiligenschein tragen, das weiß jedes Kind. Naja... Beinahe. Manchmal vermuten Schüler, die noch nie gehört haben, dass es Menschen gibt, die man Heilige nennt, es wäre ein Astronautenhelm. Ist ja mit viel gutem Willen und einigen zugedrückten Augen auch nicht ganz verkehrt. Denn immerhin verweist ein Heiligenschein darauf, dass derjenige bereits die Welt und die irdische Erdenschwere hinter sich gelassen hat.
Der Nimbus um den Kopf eines Heiligen zeigt an, dass bei ihm sozusagen alles rund gelaufen ist. Rückblickend kann man über sein Leben sagen: "Es war eine runde Sache." Der Heiligenschein zeigt, dass dieser Mensch kein Scheinheiliger war. Nur mit dem runden Heiligenschein ist er echt. Menschen, die bewundert werden, die eine Menge Fans und Nachahmer haben, müssen noch lange keine Heiligen sein, auch wenn manchmal ihre Verehrung ganz ähnliche Züge annimmt. Was einen Heiligen ausmacht, ist nicht so sehr, dass er ein bemerkenswert außergewöhnliches Leben geführt hat und dafür von vielen verehrt wird. Bei einem Heiligen ist entscheidend, weshalb sein Leben aus anderen herausragte und woraus er seine Kraft zum Außergewöhnlichen bekommen hat. Auch das spiegelt sich im Heiligenschein, nämlich in der goldenen Farbe. Gold soll immer auf das Göttliche verweisen, auf eine besondere Nähe zu Gott. In der Verehrung eines Heiligen verehren nie den Menschen selbst, sondern das große, das Gott in diesem Menschen bewirkt hat. Heilige sind also Menschen, deren Leben gerade wegen der besonderen Nähe zu Gott eine runde Sache wurde.
Wissen Sie aber auch, was es bedeutet, wenn ein Mensch mit einem eckigen Heiligenschein dargestellt wird? Gibt es nicht? Doch. In der Kirche Santa Prassede in Rom zum Beispiel finden sich in den weltberühmten Mosaiken zwei Menschen mit eckigen Heiligenscheinen: Papst Paschalis I. und seine Mutter Theodora. Als diese Mosaike entstanden sind, haben diese beiden noch gelebt. Der eckige Nimbus zeigt an: Ihr Leben ist noch nicht vollendet. Sie haben noch ihre Ecken und Kanten, wie alle Lebenden. Es sind Menschen, bei denen nicht alles rund läuft. Da gilt es noch an Manchem zu feilen. Aber sie tragen bereits alle Voraussetzungen in sich, einmal Heilige zu werden. Theodora und Paschalis war es wohl schon zu Lebzeiten anzumerken, dass Gott in ihnen wirkt. Der eckige Nimbus um die Häupter dieser beiden, ist ein schönes Bild für das, was wir am Fest Allerheiligen feiern. Wir gedenken aller Menschen, deren Heiligkeit niemand amtlich festgestellt hat. Vielleicht fällt ihnen ja jemand ein, der in ihren Augen das Zeug zum Heiligen hatte, selbst wenn nicht alles rund lief und er oder sie Ecken und Kanten hatte: Eltern, Freunde, Bekannte, Seelsorger. Doch aus ihrem Glauben und ihrer Beziehung zu Gott heraus waren es für sie ganz beeindruckende Menschen, von denen sie im Nachhinein sagen: Für mich war das ein Heiliger. Ein Mensch, der es mir leichter gemacht hat, an Gott zu glauben, weil er spürbar aus dieser Verbundenheit mit Gott gelebt hat.
Allerheiligen ist aber nicht nur ein Fest von Verstorbenen. Wenn es um alle Heiligen geht, dann sind auch wir gemeint. Denn wir alle tragen den Schein des Göttlichen in uns. Jeder von uns hat sozusagen einen eckigen Heiligenschein. Wir haben das Potential, Heilige zu werden, trotz unserer Ecken und Kanten und auch, wenn nicht alles rund läuft. "Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es!" (1 Joh 3,1) Wir tragen den Schein des Göttlichen in uns und sind dazu berufen, so zu leben, dass die Liebe Gottes in allen Farben durch uns strahlen kann. Durch die Liebe Gottes, die er jedem von uns entgegen bringt, sind wir geheiligt, selbst wenn der Weg zur Vollendung noch weit wäre, weil auch wir unsere Ecken und Kanten haben.

Bürgerreporter:in:

Markus Dörre aus Gersthofen

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