Kommentar zur Liebesparade

Duisburg hatte die Möglichkeit, eine Love-Parade auszurichten. Das Ergebnis war nicht nur wegen der unzähligen Toten eine Katastrophe.

Es fängt schon mit der simplen Erkenntnis an, daß in Zeiten leerer öffentlicher Kassen nie der Sinn und Zweck, geschweige denn der Nutzen einer solchen Großveranstaltung nach außen kommuniziert wurde. Irgendjemand hat beschlossen: "Die Love-Parade soll nach Duisburg kommen." So wurde es dann auch gemacht. Kritik konnte da nur unter der Hand geübt werden; dementsprechend war die Unzufriedenheit auch nur im privaten Gespräch zu hören.

Duisburg war eine solche Massenveranstaltung mit seinem solchen Massenansturm bislang nie gewohnt. Universiade 1989, Kirchentag 1991, World Games 2005 und die vielen Meisterschaften an der Wedau sind im Grunde entzerrte und damit überschaubare Veranstaltungen.

Daß Duisburg imageträchtige (Groß-)Veranstaltungen braucht, die Publikum ziehen, ist wohl unbestritten. Nur so kommt Geld in die Stadt und sei es nur bei Handel, Hotellerie und Gastronomie.

Inwieweit hier bei den Veranstaltern Größenwahn hinsichtlich der eigenen Bedeutung und Fähigkeiten vorgelegen hat, kann ich nicht beurteilen. Es wäre aber schon zu überlegen, daß in Zukunft Veranstaltungskaufleute, Reiseverkehrskaufleute und Marketingfachkräfte an den entscheidenden Stellen beschäftigt werden. Nur so kann sichergestellt werden, daß Großveranstaltungen professionell durchgeführt werden.

Doch nun zu den Details. Ein Wort vornweg: Ich gehöre zu den Menschen, die Massenveranstaltungen (wie etwa Konzerte) meiden. Allein schon wegen des Gedränges kann da eine Kirmes unter Umständen schon das höchste der Gefühle sein. Es geht mir daher nicht draum, einer benennbaren Person einen konkreten Fehler nachzuweisen. Ich könnte es auch nicht - ich war ja nicht da. Mir geht es vielmehr darum, Schwächen bei der Planung aufzuzeigen und Verbesserungsvorschläge zu machen.

Erste Erkenntnis dabei: Die Eröffnung der diesjährigen Duisburger Akzente im Hafenstadtteil Ruhrort offenbarte diverse eklatante und vermeidbare logistische Schwächen. Diese Veranstaltung hätte durchaus als Warnschuß begriffen werden und zum Nachdenken anregen können.

Ich selbst habe am Samstagsvormitag einen Ausflug nach Mönchengladbach gemacht und bin am Abend zur Kirmes nach Düsseldorf-Oberkassel gefahren. Ich konnte also die Verkehrsströme dieses Tages selbst erleben. Die Kirmes zieht jedes Jahr auf`s Neue unzählige Besucher an und stellt eine enorme Herausforderung für die örtlichen Verkehrsbetriebe dar. Die Loveparade sorgte für ein weiteres unheilvolles Durcheinander, das durchaus vermeidbar war. Wäre die Liebesparade um 1 Woche auf den 1. August 2010 verlegt worden, hätte die Verkehrssituation beruhigt werden können.

Absolut diskussionswürdig war die Entscheidung, die Straßenbahnlinie U79 nach der Katastrophe zwischen Witlaer und der Duisburger Haltestelle "Grunewald" stillzulegen. Ich habe in Witlaer eine Familie getroffen, die mit 2 kleinen Kindern unterwegs war und mit der Frage alleingelassen wurde, wie sie nach Hause kommen soll. Zum Glück habe ich ein befreundetes Ehepaar getroffen. So gegen 21.30 Uhr sind wir zusammen mit dem Taxi nach Hause gefahren. Es war problemlos möglich, mit dem Auto von und nach Duisburg zu kommen. Ich hatte auch nie den Eindruck, daß es irgendeine Gefahr darstellen würde, wenn die Straßenbahn zwischen Duisburg-Buchholz und Düsseldorf verkehrt wäre. Hätte nicht die moralische Verpflichtung bestanden, Fahrgästen bei der Heimkehr zu helfen? Wieso kann Schienenersatzverkehr nach Witlaer, aber nicht zurück möglich sein? Diese Busse lösten viel Kopfschütteln, Unverständnis, wenn nicht gar Unwillen aus. Ob meine Freunde unsere Fahrkosten erstattet bekommen, wird sich noch zeigen müssen.

Die Mitarbeiter der Düsseldorfer Rheinbahn konnten bei Fragen kompetent helfen. Die Duisburger Verkehrsbetriebe verwirrten ihre Kunden eher. Man mußte den Kollegen Computer befragen, um herauszufinden, wann wie welche Busse und Bahnen während der Liebesparade fahren. Die MItarbeiter lieferten durchaus falsche Informationen. Ein Fahrkartenkontrolleur erzählte mir am Donnerstag, also 2 Tage vorher, die Bahnen würden den gewohnten Linienweg fahren. Einen Tag vorher (aso am Freitag) berichtete ein anderer Kontrolleur, die Bahnen würde nicht nach Düsseldorf fahren (Hatte er das 2. Gesicht und Vorahnungen?); sie würden von der Innenstadt bis zum Betriebshof am Grunewald dahren, dort einfahren und wenden, nur um dann in die Innenstadt zurückzufahren. An den Haltestellen fehlten Aushänge, die über die Planungen informierten; di elektronischen Anzeiger, die berichten, wann eine Bahn kommt, zeigten bis zum Freitag, dem 23. Juli, nur an, daß die Haltestelle "Duisburger Hauptbahnhof" während der Liebesparade komplett geschlossen ist. Die Anzeige, daß die U79 nur zwischen Düsseldorf Hauptbahnhof und Duisburg Grunewald fährt, kam erst am Samstag; da weitergehende Informationen fehlten, wurde der Kunde alleingelassen. Wäre ein spontan anreisender auswärtiger Besucher, hätte mich das schon vor Probleme gestellt. Optimale kundenorientierte und innerbetriebliche Informationspolitik sieht anders aus.

Bürgerreporter:in:

Andreas Rüdig aus Duisburg

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