Von "Hilsberg-Riesen" und "Hünstein-Zwergen"

auf jenen grünen Höhen, da sollen sie bald stehen
  • auf jenen grünen Höhen, da sollen sie bald stehen
  • hochgeladen von Bodo von Rühden

Unsere Zeit hat sich verändert, und sie uns. Ich kann mich noch erinnern,
da fingen die meisten Geschichten mit „es war einmal“ an.
Dafür haben wir heute keine Zeit mehr, am liebsten wären wir der Zeit voraus. Wir hetzen ihr aber immer atemloser hinterher und holen sie niemals ein.
Vielleicht sollten wir einfach mal stehen bleiben, dann holt die Zeit
möglicherweise uns ein.
Vor einer langen Zeit, da gab es im schönen Hinterland zwei hoch
aufragende Bergrücken. Der eine ist der Hilsberg, der andere der
Hünstein.
Auf dem Hilsberg da lebten einst die Riesen. Unterhalb des Hünsteins
lebte ein lustiges Zwergen- Völkchen.
Die Hilsberg- Riesen hielten die starken Winde von dem Tal unter dem Hünstein ab. Dafür gaben ihnen die Hünstein- Zwerge von dem, was sie
in ihrem friedlichen Tal anbauten genügend ab, damit die Riesen ihrer
anstrengenden Tätigkeit unbesorgt nachgehen konnten.
Einmal im Jahr trafen sich Riesen und Zwerge auf dem Hünstein zu einem fröhlichen Fest. Die Zwerge, bekanntermaßen begabte Bergleute, deren Stollen man heute noch im Tal unter dem Hünstein finden kann, schenkten den Riesen bei diesem Fest wertvolle Steine und Metalle. Die Riesen erneuerten ihr Versprechen, die kalten Winde abzuwehren und die Bäche die von den Höhen der beiden Berge ins Tal sprudelten immer fliesen zu lassen.
Irgendwann kamen die Menschen in das fröhliche Tal der Zwerge und siedelten dort und auf der Höhe des Hünsteins, noch heute findest du Reste ihrer Mauern auf der Bergeshöhe.
Aber wie das so ist mit den Menschen, ihre Zeit rennt und sie hinterher.
So gerieten Riesen und Zwerge in Vergessenheit.
Lange, lange Zeit ruhten die Riesen unter den Felsen des Hilsberg, bis,
ja bis die Neue Zeit sie wieder erweckte.
Denn nach Richtung Südwest, hatten sich auch Menschen angesiedelt.
Aus dieser Siedlung ist heute ein kleines Städtchen mit dem Titel Bad geworden.
Doch der Oberste der Bürger, der Bürgermeister, war geplagt und gehetzt von den Problemen der Neuen Zeit.
Kein Geld in der Kasse, immer neue Verpflichtungen und keine Aussicht auf positive Veränderung. Was nicht heißen soll, dass es auf der anderen Seite des Berges besser war.
Kann sein, dass der Bürgermeister im Stadtarchiv oder auf einem Dachboden in einem vergessenen Winkel, alte, sehr alte Aufzeichnungen
über die Riesen fand.
Da kam ihm wohl der Gedanke zum Hilsberg zu pilgern und zu versuchen
mit den Riesen Kontakt aufzunehmen.
Er wollte sie bitten, die gewaltige Kraft ihrer Arme zum Wohle seiner Gemeinde einzusetzen.
Riesen sind per se gutmütige Wesen, und sie freuten sich auch, nach so vielen tausend Jahren wieder eine Aufgabe zu haben.
So schlossen die Riesen und der Mensch einen Pakt, heute heißt das Vertrag.
Nicht den Wind abhalten sollten sie, sondern mit kreisenden Armen reine Energie gewinnen, welch eine herrliche Aufgabe.
Am liebsten hätten die Riesen sofort ihre Arbeit aufgenommen, aber
„tempus fugit“, alles hatte sich verändert.
Es waren auch nicht mehr die Zwerge, die im Tal unter dem Hünstein
das Sagen hatten, sondern die Menschen.
So geschah alles, wie es die Neue Zeit vorschreibt.
Prüf- und Genehmigungsverfahren, Ämter und Behörden,
alle wollten in der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit gefragt werden.
Aber die Menschen unter dem Hünstein, die hatte man so gar nicht
informiert.
Furcht geht jetzt um, im friedlichen Tal, vor den lauten Riesen auf dem Berg,
die mit Schatten schlagen, Natur, so wie wir sie sehen wollen, zerstören.
Die Befindlichkeit der Menschen ist zutiefst gestört.
So kam es, wie es kommen musste; der Streit begann. Alle Argumente
gegen die Windriesen wurden gesammelt, eine Vereinigung gegründet,
die mit Gegenargumenten und mit Klagen den Kampf gegen die fürchterlichen Riesen aufnahm.
Streitschriften wurden verfasst, offene Briefe geschrieben, es wurde geklagt
vor Gericht, jeder feierte sich als Sieger.
So wogt plötzlich um die Höhen des Hilsberg ein wilder Kampf der Menschen.
Die dort hinter dem Berg, das sind die Bösen, so schallt es von den Hängen.
Mit aller Macht der Neuen Zeit, seid zum Kampf bereit.
So reiben sich die Riesen verwundert die Augen. So viel Zank und Streit,
dass können sie kaum glauben.
Wo sind denn nur die Zwerge von hinter dem Berge, hat die denn niemand geweckt? Was waren das noch für schöne Zeiten, als sich alle beim Fest auf dem Hünstein trafen.
Da fand man noch Lob für die Arbeit und Anstrengungen eines jeden.
Auf gegenseitigem Nutzen hatte man sich geeinigt.
Friedlich und fröhlich feierte man zusammen und genoss die Zeit des
gepflegten Miteinanders.
Doch; die Zeit rast, Menschen sind eben keine Zwerge, schnell fühlen sie sich übervorteilt. Was gestern noch gut war und morgen noch besser sein sollte, es hat sich gedreht, so wie der Wind.
So wird der Traum eines Bürgermeisters auf beiden Seiten des Berges zum Albtraum.
Doch nicht einmal im Traum sind sich die Menschen nah, jeder sieht nur seine Seite. So schlagen sie denn aufeinander ein, mit Argument und Gegenargument, mit Klage und Gegenklage.
So verzwickt wird die Lage, dass Männer in schwarzen Roben für viel Geld die Streiter ins Feld führen.
Die im Südwesten schreiben „Für neue, saubere Energie“, die im Tal
„Gemeinsam – Fair – Für die Region“ auf ihre Fahnen, zusammen ging das schon, wenn man nur wollte.
So aber wird der Streit wohl weitergehen. Es sei denn, jemand weckt die Zwerge.

©bvr12

Bürgerreporter:in:

Bodo von Rühden aus Dautphetal

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