"Großschnauze Brandt"
Wie die DDR den Mauerbau argumentierte

Foto: P. Gross / Screenshot "Berliner Zeitung" u. "Neues Deutschland"
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Am Sonntag, den 13. August 1961 errichtete die DDR eine Mauer, die Berlin zu einer auch sichtbar geteilten Stadt machen sollte.
In den Tagen danach waren die Zeitungen in Ost- Berlin voll mit Erklärungen der SED- Führung, weshalb der Mauerbau unvermeidlich war.

Hier nur ein exemplarischer Artikel der (Ost-) "Berliner Zeitung" vom 14. August 1961:

"Wir unterhielten uns mit vielen Berlinern. Einer meinte: Schon in Ordnung, die Maßnahmen. Nur... Die Westberliner dürfen zu uns, und wir dürfen nicht nach Westberlin. Warum der Unterschied"?

Wenn es kein Unterschied wäre, ob man nach drüben oder von dort ins demokratische Berlin fährt, hätte sich unsere Regierung alle Schritte sparen können. Das eine scheint dem anderen gleich, und doch ist es nicht dasselbe.

Bei uns hat das schmutzige Geschäft des Menschenhandels nicht den geringsten Boden. Weder gibt es Wechselstuben noch Horror"-Filme, weder Spielhöllen, noch Agentenlöcher und Revancheorganisationen. Eine saubere, friedliche und ehrliche Umgebung ist der demokratische Teil der Hauptstadt unserer Republik, Niemand braucht um sich zu fürchten. Im Gegenteil. Jeder, der zu uns kommt, wird für seine Anständigkeit profitieren.

Nun sagen einige: Trete ich in den Frontstadtsumpf, dann passe ich schon selber auf, daß er mich nicht hinabzieht. Sümpfe sind jedoch tückisch, besonders dieser. Auch Leute, die sich für gescheit und umsichtig hielten, wurden sein Opfer. Die Vergangenheit hat mehr als genug Beweise dafür geliefert.

Erst tauschte man nur mal so um, ging "studienhalber" in eine der Krimi-Flimmerkisten. Dann wurde ein Besuch im Amerikahaus daraus, wo sich einige freundliche Herren plötzlich für Einzelheiten über unsere Betriebe, für strategische Nachrichten aus der DDR zu interessieren begannen. Kopfjäger fanden bei manchem früher oder später ein offenes Ohr.

Wollte im Ernst „klug" genannt sein, wer sich jenem System der antikommunistischen Hetzer an die Rockschöße klammert? Am Ende mußten Betrug und Unmoral stehen, bis hin zum Verbrechen. Damit ist nun Schluß. Unser Staat unternimmt das Selbstverständlichste der Welt: Er schützt seine Bürger.

Er hebt auch den untragbaren Zustand auf, daß sich wenige Einwohner des demokratischen Berlin herausnahmen, auf Kosten der Mehrzahl zu leben. Als Grenzgänger ließen sie drüben Ihre Kraft den Erzfeinden des Friedens, um gleichzeitig hüben die Früchte des Fleißes der Werktätigen zu ernten, Wo wäre das normal auf der Erde? Nirgends. Darum wurde gehandelt.

Gewalt!", wendet man ein. Unser Staat hatte es mit der Vernunft versucht: Seht ein, daß das so nicht weitergeht. Manche verstanden unter Langmut eher Schwäche. Nun haben die Maßnahmen unserer Regierung Klarheit darüber geschaffen, daß wir uns von niemandem eine Nase drehen lassen. Das ist nicht mehr als recht und billig. Den Nutzen haben die ehrlichen und arbeitsamen Berliner.

Das Geschrei der Feinde des Friedens klingt uns wie Musik in den Ohren.

Der Schlag hat gesessen!"

Die "Musik in den Ohren" mutierte in den folgenden 50 Jahren letztlich zu einer sozialistischen Kakophonie. 

Foto: P. Gross / Screenshot "Berliner Zeitung" u. "Neues Deutschland"
Foto: P. Gross / Screenshot "Berliner Zeitung" u. "Neues Deutschland"
Bürgerreporter:in:

Peter Gross aus Bochum

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