In anderthalb Stunden kam man 1845 mit der Bahn von Hannover nach Celle

Kolorierter Stich der Lokomotive „Ernst August“ der Egestorffschen Fabrik. | Foto: www.bahn.de/niedersachsen: 175 Jahre Eisenbahn in Deutschland (PDF), mit freundlicher Genehmigung
  • Kolorierter Stich der Lokomotive „Ernst August“ der Egestorffschen Fabrik.
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Am 13. September 1845 war die Teilstrecke Lehrte-Celle so weit fertig gestellt, dass die erste Lokomotive bis nach Celle gelangen konnte. Die Bevölkerung unserer Heimat musste sich umstellen. In den „Celleschen Anzeigen“ vom 4. Oktober 1845 wurde die „Bekanntmachung, das Fuhrwesen zur Verbindung des Bahnhofes mit der Stadt und den Vorstädten betreffend“ vom 2. Oktober 1845 veröffentlicht. Es handelt sich um 35 Paragraphen, die von der Königlichen Polizei-Kommission in Celle aufgestellt waren.
Am 9. Oktober 1845 kamen auf der neuen Bahn König Ernst August von Hannover und Herzog Wilhelm von Braunschweig nach Celle. Damit war die Bahn eingeweiht, doch wurde sie erst am 15. Oktober 1845 dem öffentlichen Verkehr freigegeben.
Der erste Zug lief an dem Tag gewiss alle vorhandenen Stationen der Strecke an. Es gibt keine näheren zeitgenössischen Zeugnisse von dem, was dort im Einzelnen geschah.
Etwas Besonderes war es schon insofern, als dass es die vierte Streckeneröffnung im Bereich der Hannoverschen Staatsbahn war und die Bahnstrecke Lehrte-Celle somit als eine der ältesten in ganz Deutschland gilt.
Die Bevölkerung hatte nichts gegen die Eisenbahn, aber als dringendes Bedürfnis erschien sie ihr eben wieder nicht. Wie auf so vielen Gebieten wurde der Fortschritt auch hier behördlicherseits herbeigeführt, nicht aus der Bevölkerung heraus. An einem Fernverkehrsmittel hatte die Bevölkerung damals noch kein Interesse, und die Erkenntnis, dass die Eisenbahn nur als solches vertretbar war und rentabel werden konnte, setzte sich damals eben erst bei den deutschen Regierungen durch.
Pastor Heinrich Friedrich Wilhelm Borchers berichtete 1845 über die Burgdorfer Gemeinde: „(...) Durch den Bau der Eisenbahn ist unter den ärmeren Klassen sowohl der Stadt wie der Landgemeinde ein größerer Verdienst wie gewöhnlich gewesen, weshalb auch der harte und anhaltende Winter nicht so großes Leid, wie zu vermuten, verursacht hat.“ (Kirchenarchiv, Pfarrberichte Nr. 120)
Täglich fuhren 1845 vier Personenzüge von Hannover nach Celle und zurück, zwei am Vormittag und zwei am Nachmittag. Die Fahrdauer betrug 1 1/2 Stunden, sodass ein Pendelverkehr möglich war. Zeitgleich mit der Eröffnung der Eisenbahn am 15. Oktober fand auch die Beförderung der Postsendungen zwischen Celle und Hannover und Braunschweig auf dem Schienenweg statt.
Damals wurden in Hannover alle Entfernungen auf der Eisenbahn (nach dem Vorbild der Posttarife) nach Meilen berechnet (eine hannoversche Meile = 7419 Meter). Nach Meilen war auch der Eisenbahntarif für die drei Wagenklassen berechnet, die es im Hannoverschen gab. Nach dem alten Tarif, der allerdings mehrfach wechselte, kam eine Meile in der ersten Klasse auf 6 Groschen, in der zweiten auf 4 1/2 Groschen und in der dritten auf 3 Groschen. Im Güterwagen konnte jeder Reisende 50 Pfund Freigepäck mitnehmen, während für die Personenwagen nur leichtes Handgepäck zugelassen wurde.
Eine Fahrkarte von Hannover nach Celle kostete zehn Gutegroschen (ein Taler hatte 25 Gutegroschen). Die Eisenbahndirektion Hannover meldete für 1845 eine Fahrgastzahl von 52000 Personen.
Zunächst fuhren nur englische Lokomotiven auf den hannoverschen Linien, bis sie dann später von deutschen Erzeugnissen abgelöst wurden. Diese anfänglich sechs Dampflokomotiven mussten nach ihrer Anlandung in Harburg in Einzelteilen auf dem Landweg nach Hannover transportiert werden. Zum Packhof, wo die Lokomotiven auf Gleise gesetzt werden sollten, war zu diesem Zweck ein gepflasterter Zugang angelegt und eine neue Brücke über den noch vorhandenen Stadtgraben geschlagen worden.
Zu diesem Maschinenpark kamen bis 1845 sieben weitere Lokomotiven hinzu, davon fünf bereits von deutschen Herstellern (Maschinenfabrik Zorge am Harz und Borsig). Alle Maschinen gehörten zur Bauart 1 A 1, das heißt, nur die mittlere von drei Achsen wurde angetrieben. Bei einer Betriebsgeschwindigkeit von 30 Kilometern in der Stunde konnten Höchstgeschwindigkeiten bis zu etwa 60 Kilometer pro Stunde erreicht werden. Für Kohle und Wasser wurde ein besonderer Tender mitgeführt.
Die ersten hannoverschen Lokomotiven sind im Vergleich mit unseren heutigen Lokomotiven leicht zu nennen. So wog beispielsweise die Lokomotive „Ernst August“ der Egestorffschen Fabrik rund 19 Tonnen.
Trotz ihrer Kleinheit waren die alten Lokomotiven sehr leistungsfähig. Die hannoversche Lokomotive Nr. 1, die aus England stammte, fuhr volle 14 Jahre, von 1843 bis 1857, wo sie ausrangiert wurde, nachdem sie in ihrer Dienstzeit 25725 Meilen zurückgelegt hatte.

Bürgerreporter:in:

Matthias Blazek aus Adelheidsdorf

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