Die Ziegeneiche in Wennigsen und die Sage um den armen Ziegenhirten

Die Ziegeneiche über 400 Jahre alt
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Die Sage vom armen Ziegenhirten vom Kloster Wennigsen

An der Münder Heerstraße am Waldrand steht eine „alte“ Eiche. Sie ist über 400 Jahre alt und ein eingetragenes Naturdenkmal. Überliefert ist, dass hier in früheren Zeiten, bis nach Ende des 1. Weltkriegs, der Sammelplatz der Wennigser Ziegen – und Schweinehirten war.
Die Wennigser Ziegeneiche ist nicht zu verwechseln mit der Ziegenbuche in Bad Münder.
Beide Bäume und Plätze haben ähnliche Bedeutung, auf der Nord– und Südseite des Deisters.

Hier fand noch bis in den frühen 1920 ziger Jahren Hute oder Hude statt. Hute oder Hude steht für Weide, beziehungsweise für eine bestimmte Form der Beweidung, insbesondere von Wiesen und Waldrandflächen.
Die Waldeigentümer, in Wennigsen überwiegend das Kloster, hatten mit den Bürgern der Gemeinde Hute-Verträge geschlossen, wo Hute (Hude) stattfinden durfte. Auf die Huteflächen (Gemeindeweide) wurde täglich das Vieh zur Mast getrieben. Eine ganzjährige Stallhaltung der Tiere war seinerzeit nicht üblich, beziehungsweise mangels ausreichend Futter oder Streu nicht möglich. Viehhüter, Schweine- und Ziegenhirten gab es in jedem Ort rund um den Deister. Als Lohn bekamen sie ein Hutegeld von den Bürgern, die ihre Schweine und Ziegen dem Viehhüter anvertrauten.
Zwischen den Bürgern und den Waldbesitzern gab es bezüglich der Hutegerechtsamkeit immer wieder Konflikte. Das Huterecht musste sehr oft erstritten werden. Es gab sogar eine Bußgeldordnung, wenn der Schweine- und Ziegenhirte die Hutefläche verließ und seine, ihm anvertrauten Tiere, im „Wirtschaftswald“ weiden ließ. Die Mast von Schweinen fand hauptsächlich mit Eicheln und Bucheckern statt, daher durften diese "Waldfrüchte" im Hutewald nicht gesammelt werden. Der Eintrieb von Tieren war notwendig, er brachte aber auch erhebliche Schäden an den jungen nachwachsenden Bäumen. Die Ziegen haben alle jungen Triebe gefressen, die sie erreichen konnten.
Viel Lohn haben die Schweine- und Ziegenhirten wohl nicht erhalten. In der Literatur steht, dass sie oft in ärmlichen Katen wohnten und arm waren. Es gibt viele Sagen und Märchen über die Ziegen – und Schweinehirten. Ein bekanntes Märchen ist „Hans im Glück“. In diversen Theaterstücken und Filmen wird über die Arbeit und die Erlebnisse der Ziegenhirten berichtet.

Wo Hute oder Hude stattfand, gibt es auch Hutebäume, meistens als Sammel- und Rastplatz der Hirten. Es waren häufig mächtige Eichen oder Buchen. Aber auch Ulmen oder Linden kommen in der Literatur als Hutebäume vor.

In Wennigsen ist es die Ziegeneiche an der Münder Heerstraße, um die sich eine Sage um einen Ziegenhirten rankt:


Geschichte vom armen Ziegenhirten aus Kloster Wennigsen und der Ziegeneiche am Deisterrand

Ein armer Ziegenhirte aus Wennigsen saß auf einem Eichenstumpf im Wald nahe der Münder Heerstraße. Er hütete die Schweine und Ziegen.
Als Tagelöhner hatte er nur geringes Einkommen, zumal die Hute nur in den Sommermonaten stattfand.
Er überlegte krampfhaft, wie er endlich zu Geld kommen könnte. Zu Hause warteten seine kranken Kinder, die in der ungeheizten Kate ständig an Erkältungskrankheiten litten. (vielleicht gab es schon Corona – Covid 19 ???) Er musste den Arzt und auch den Apotheker bezahlen. (eine Krankenkasse gab es noch nicht)

Aber von was, bitteschön?

Als er so auf seinem Eichenstumpf saß und überlegte, scharrte eine seiner Ziegen unaufhaltsam nahe dem Stamm der Ziegeneiche. Plötzlich vernahm er ein leichtes Klirren und als er zu der Stelle ging um nachzusehen, lag dort ein funkelnagelneuer Guter Hannoverscher-Groschen.
Er hob ihn auf und ging am späten Nachmittag mit seiner Ziegenherde hocherfreut nach Hause.
Und hier die nächste Überraschung: Seine kranken Kinder waren putzmunter und gesund.
Er wusste nicht, wie es geschah. Aber die Krankheit verschwand, als er den Guten- Groschen fand und seine Sorgen, den Arzt zu bezahlen verschwunden waren.

Jeden Tag trieb der Ziegenhirte seine Tiere zum selben Fleck, setzte sich auf denselben Baumstumpf und beobachtete die Ziegen. Tatsächlich, an derselben Stelle fand er wieder einen Groschen. Der Ziegenhirte erzählte niemanden etwas davon, nicht einmal seiner Frau.
Es war sein Geheimnis, welches er nur mit seinen Ziegen teilte.

So soll es den ganzen Sommer gegangen sein. Er versteckte die Geldstücke in einem Beutel aus Ziegenleder unter seinem Bett.
Doch eines Tages, beim Großreinemachen fand die Frau, als sie das Bett abrückte, einen großen Beutel voller Hannoverscher Groschen. Als ihr Mann nach Hause kam, stellte sie ihn zur Rede. Obwohl er erst zögerte, erzählte er seiner Frau haarklein, wie er zu seinem Reichtum gekommen sei. Diese nahm das Geld, erzählte es in ganz Wennigsen und kaufte sich sofort neue Schuhe und neue Kleider für die Kinder.
Als der Ziegenhirte am nächsten Tag wieder mit seiner Ziegenherde in den Deister ging, sich wieder auf den selben Baumstumpf setzte und die Ziegen beobachtete, wartete er vergebens. Es lag nie wieder ein Guter-Groschen dort und nach wenigen Monaten war der Ziegenhirte wieder genauso arm wie früher.

Was ist die Moral von der Geschichte:

Ein Geheimnis behalte nur für Dich
sage es keinem anderen nich (t).

(frei nach Winni 2020)
Anmerkung: Es gibt in der Literatur ähnliche Geschichten an anderen Orten

Gute Hannoversche Groschen eine Währung während der Zeit von Georg IV 1820-1830 (König von Hannover und England)

Quellen: Aus Wennigsens Vergangenheit Beiträge zur Ortsgeschichte 1973 Friedrich Wüllner
Zeitreise 1754-2004 der Wennigsen – Argestorfer Genossenschaftsforst 2004
Udo Mierau Unterwegs im Deister – Süntel – Tal 2000

Bürgerreporter:in:

Winfried Gehrke aus Wennigsen

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