85-Jahre Freiwillige Feuerwehr Evestorf

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Vortrag des stellvertretenden Ortsbürgermeisters Horst Schmiedchen auf dem Kommers am 21.05.11

Liebe Kameradinnen, liebe Kameraden, liebe Gäste!

Da die jüngere Vergangenheit durch Frank Wenzel bereits ausführlich beleuchtet wurde, möchte ich mich hier und heute auf die Entwicklung des Feuerlöschwesens im Allgemeinen und die Gründe zur Bildung der Evestorfer Wehr im Besonderen beschränken.

Wer dann mehr über die Geschichte von Evestorf und seiner Freiwilligen Feuerwehr erfahren möchte, kann bei mir für 40 € die Chronik von Evestorf – von der nur noch wenige Restbestände vorhanden sind – erwerben.

Die Beherrschung des Feuers war ein großer Schritt in der Geschichte der Menschheit.

Man konnte damit die Behausungen beleuchten und heizen, Speisen garen, Metalle schmelzen und vieles mehr.

Aber das Feuer war nicht nur ein Segen, sondern unsere Vorfahren erlebten, dass sie allein wenig gegen die Macht eines unkontrollierten Feuers ausrichten konnten.

Somit ist die Entwicklung des Feuerschutzes eine natürliche Folge der Nutzung des Feuers als Wärme- und Lichtspender durch den Menschen.

Im Laufe unserer menschlichen Entwicklungsgeschichte bis hin zur heutigen Zivilisation mussten sie viele Erkenntnisse zur Beherrschung des Feuers und der Sicherung von Hab und Gut sammeln.

Immer wieder wurden ganze Orte und Städte von der Feuersbrunst vernichtet.

Brände im ländlichen Bereich hatten für die Betroffenen meistens verheerende Folgen.

Die Ursache lag häufig in den offenen Feuer- und Kochstellen sowie schnell brennbarem Heu und Stroh, das im Haus und auf den Stallböden gelagert wurde. Durch die leicht entzündlichen Strohdächer verbreiteten sich die Brände dann schnell.
Die Orte waren damit ständig in Gefahr, dass ein Brand alle Häuser in Asche legte und die Bewohner obdachlos und arm machte.

Somit war es eine selbstverständliche Pflicht aller Einwohner bei den Brandeinsätzen zu helfen.
Heute – in unserer Wohlstandsgesellschaft – kann man oft nicht einmal die Hausbesitzer für die Mitgliedschaft in der Feuerwehr gewinnen.

Diese Brände wurden damals von den Nachbarn mit Handpumpen und Eimern bekämpft.
Bis man nach der Alarmierung alle Geräte zusammen hatte und sich an der Brandstelle sammelte, gab es oft nichts mehr zum Löschen.
Von einer organisierten Brandbekämpfung konnte damals also nicht die Rede sein.

Wenn die Häuser abgebrannt waren, pflegten die Fürsten, um Verarmung zu vermeiden, Sammlungen durchzuführen und ihren Untertanen Bauholz und wohl auch Geld zu schenken.
Der König und das Konsistorium verfügten dann Hauskollekten in den benachbarten Orten für die bedauernswerten Abgebrannten.

1733 – zum Beispiel – entstand in der Stadt Pattensen eine entsetzliche Feuersbrunst.
Es wurden 271 Gebäude vernichtet.
12 Personen mussten im Feuer jämmerlich ihr Leben lassen,
50 wurden schwer verletzt und 700 waren obdachlos.

Der Holtenser Prediger schickte dann die Kollektanten los, nachdem er am Sonntag zuvor beim Gottesdienst die Haussammlung in rechter Weise seiner Gemeinde ans Herz gelegt hatte.
Den „Lieblosen“, die nichts geben wollten, kündigte er dabei die namentliche Meldung an die Obrigkeit an.

Evestorf sammelte 1 Taler und 5 Groschen, Holtensen 5 Taler und 16 Groschen, Bredenbeck 11 Taler und 27 Groschen.

Dieses ist aber nur ein Beispiel der vielen gewaltigen Brände, deren Folgelasten den Landeskassen immer schwerer fielen.

Diese Ereignisse führten dann zur Gründung von örtlichen Löschmannschaften und Brandkassen.

1750 wurde die Vereinigung der „Societäts-Genossen“ gegründet, aus der die heutige „Landschaftliche Brandkasse Hannover“ (VGH) hervorgegangen ist. Die Landesbrandkassen waren schon damals mit Beitrittszwang ausgestattet.

Um zu verhindern, dass ein abgebranntes Gebäude mehrfach der Versicherung gemeldet wurde, nummerierte man alle Häuser. Daraus entstanden unsere heutigen Hausnummern.

Auch die sparsamen Evestorfer Bauern versicherten sich in dieser Kasse, aber erst nachdem man ihnen eindrücklich klar gemacht hatte, dass sie nach Brandfällen keine Unterstützung aus anderen Quellen mehr erwarten konnten.

Aus den Erfahrungen über das Brandverhalten der meist eng aneinander gebauten Häuser leitete man die ersten Bau- und Feuerordnungen zur Eingrenzung des Feuers ab.

1681 erschien bereits die Feuer-Ordnung in Hannover, eine der ältesten in Niedersachsen.

Die älteste „Feuerlöschungs-Ordnung für den Amtsbezirk Wennigsen“, den „Instruction(en) wie bei entstehendem Feuer in polizeilicher Hinsicht zu verfahren“ ist, wurde 1754 herausgegeben.

1850 gab der Magistrat von Hannover eine „Dienstordnung für das Corps der Feuermänner der Königlichen Residenzstadt Hannover“ heraus, die eine völlige Umgestaltung des Feuerlöschwesens in Form einer Art Pflichtfeuerwehr bewirkte.

Dies war auch der Startschuss für die späteren freiwilligen Turner-Feuerwehren, die 1852 gegründet wurden.

Aufnahmefähig waren nur solche Männer, welche 6-mal hintereinander Ziehklimmen und das kleine 25-füßige Klettertau (das sind ca. 7 m) erklettern konnten.

Ich wäre einmal gespannt, wer diese Leistung von unseren heutigen Aktiven noch schafft???

Damit trat zum ersten Mal im Raum Hannover der Begriff „Feuerwehr“ auf.

Bisher wurde immer nur von Löschmannschaften, die aktiv das Feuer bekämpften, und Bewahrern, die sich darum kümmerten soviel wie möglich vom Hab und Gut sowie vom Vieh der Betroffenen zu retten, gesprochen.

1880 wurde die Berufsfeuerwehr Hannover gegründet, die 1902 den ersten automobilen Löschzug der Welt in Dienst stellen konnte.

1901 wurden die königlichen Wehrstatuten durch die strengen Bestimmungen der Polizeiverordnung des königlichen Oberpräsidenten zu Hannover ersetzt.

Dieses Polizeigesetz führte zur Gründung vieler Feuerwehren im Calenberger Land. Wenn in einer Gemeinde keine Freiwillige Feuerwehr zustande kam, wurde die Pflichtfeuerwehr „zur Pflicht“.

Diese Pflichtfeuerwehr wurde auch 1901 in Evestorf eingeführt.
Somit ist – genau genommen – die „Feuerwehr“ in Evestorf heute schon 110 Jahre alt.

Die Aufgaben der Pflichtfeuerwehr waren im Wennigser Circular von 1826 genau geregelt.

Die Evestorfer Feuerwehr musste bei Bränden in Argestorf, Holtensen, Sorsum und Weetzen zur Stelle sein.
Wenn es in Evestorf brannte, mussten die Holtenser und Sorsumer Feuerwehrleute den Evestorfern helfen.

Das erste Spritzenhaus wurde von der „Politischen Gemeinde Evestorf“ 1904 gebaut. Es steht heute noch an der B 217 neben dem Transformatorenhäuschen. Hier waren die pferdebespannte Handspritze und andere Feuerlöschgeräte untergestellt.

Bis 1911 war der Kötner Heinrich Schaper Brandmeister in Evestorf.
Nach ihm wurde der Vollmeier August Alves zum neuen Brandmeister gewählt. Als Stellvertreter wurde der Vollmeier Ernst Herbst in seinem Amt bestätigt.

1926 gründeten dann in der Gastwirtschaft Herbst 22 Männer die Freiwillige Feuerwehr in Evestorf.

Erster Führer der Wehr war Ernst Köhne.
Er hieß damals „Feuerwehrhauptmann“.

Die Schwierigkeiten, mit denen ein solches Unternehmen verbunden war, lassen sich heute kaum noch ermessen.
Aus dem 1. Protokoll der Versammlung geht hervor, dass ein monatlicher Beitrag von 2,00 Reichsmark zur Bildung eines Grundstockes für die Anschaffung von Uniformen zu entrichten war.
Auf die Unterstützung der finanzschwachen Gemeinde Evestorf, die seinerzeit etwa 180 Einwohner zählte, konnten die Feuerwehrmänner nicht rechnen.
Jeder musste selbst tief in den Geldbeutel greifen, wenn man bedenkt, dass damals ein Wochenlohn ca. 30 Reichsmark oder ein Taglohn in der Landwirtschaft etwa 1,50 Reichsmark betrug.
2,00 Reichsmark einer gemeinnützigen Sache zu opfern war damals schon eine große Härte für jeden Einzelnen der 22 Gründer.
Dazu kam selbstverständlich auch noch der Dienst im Anschluss an einen 12- oder 14stündigen Arbeitstag oder im Anschluss an eine 72-Stunden-Woche.

Da haben es doch die heutigen Aktiven erheblich leichter!

Aber neben allen persönlichen Dingen, verpflichteten sich diese Gründer – wie auch die heutigen Aktiven – in Evestorf und Umgebung bereit zu sein; zum selbstlosen Helfen und zum Beschützen, wenn es um das Leben oder das Hab und Gut ihrer Mitmenschen geht.

Diese Gründung der Evestorfer Wehr war das Ereignis, dass wir heute hier nun bereits zum 85. Mal feiern können.

Zurückschauend kann gesagt werden, dass die Gründe, die damals zur Bildung der Wehr führten, sich bis heute kaum geändert haben, sondern es sind noch sehr viele neue Aufgaben dazugekommen.

Darum ist die Unterstützung der Freiwilligen Feuerwehren durch die Gemeinde und ihre Einwohner eine Aufgabe, die unabdingbar ist und deren Wichtigkeit immer wieder betont werden muss.

Ich wünsche den Kameradinnen und Kameraden der Evestorfer Wehr unter ihrem Brandmeister Harry Bade im Namen des Ortsrates ein schönes Fest und für die Zukunft wenig Einsätze und viel Glück und Erfolg.

Bürgerreporter:in:

Horst Schmiedchen aus Wennigsen

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