Freischießen in Wennigsen 2023 geplant
Freischießen Wennigsen am Deister

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Wennigsen feiert 2023 wieder ein „Freischießen“
Freischießen in Wennigsen hat eine lange Tradition

Die Vorbereitungen auf das große Volksfest in Wennigsen vom 17. bis 20. Juni 2023 haben begonnen.
So stand es in der Calenberger – Zeitung der HAZ am 03.01.2023 geschrieben. Sechs Jahre mussten die Majestäten aus 2017 warten, ehe sie mit dem Kommandierenden General im „Wartestand“ Eckhard Rogge die ersten Planungen für 2023 in Angriff nehmen konnten. Normalerweise findet das Freischießen in Wennigsen alle drei Jahre statt. Doch „Corona“ hat in vielen Städten und Dörfern seit 2020 solche Festivitäten ausgebremst.

Die Majestäten schon 6 Jahre im Amt

Somit sind die Majestäten aus 2017 immer noch im Amt, Schützenkönig Jürgen Stegen mit seinem Vizekönig Horst Theobald und der Volkskönig Winfried Gehrke, repräsentieren die Schützengesellschaft nun schon im sechsten Jahr. Nach dem 2. Weltkrieg, das erste Freischießen fand wieder 1954 statt, hat es eine so lange Regentschaft noch nie gegeben.
Das Schützenwesen und die Schützenfeste haben in Deutschland und den Vorgängerstaaten eine sehr lange Tradition und werden regional unterschiedlich gefeiert. Wenn man geschichtlich die veröffentlichen Dokumente der Regionen vergleicht, findet man vielfach den selben Grund, wie das Schützenwesen entstanden ist. Es wurden zunehmend ab dem 15. Jahrhundert Bürgerwehren gegründet, um das Land, die Stadt oder die Dörfer vor Feinden zu schützen. Diese Bürgerwehren mussten natürlich die „Verteidigung“ üben und aus diesen jährlichen „Übungen“ sind dann die Schützenfeste/Volksfeste entstanden. Sie fanden und finden meistens in den Sommermonaten Juni und Juli statt. In einigen Dokumenten findet man Hinweise: „Das Schützenfest soll vor der Ernte auf dem Schützenanger/Reuteranger (einer gemähten Wiese) stattfinden“.

Schießen auf einen Vogel

Ursprünglich wurde nicht auf eine Scheibe, sondern auf einen auf einer Stange befestigten ausgestopften Vogel geschossen. In manchen Regionen hat sich das „Vogelschießen“ immer noch etabliert. Das Sprichwort: „Er hat den Vogel abgeschossen“, stammt von diesem „Vogelschießen“.
Auch der Begriff „Freischießen“ wird und wurde für die Schützenfeste vielfach verwendet. Dahinter steht bzw. stand, dass als Lohn für den „Besten Schützen“ „Abgabenfreiheit“ gewährt wurde.
Diese Begrifflichkeiten haben sich immer mal wieder geändert, so auch in Wennigsen.

Freischießen im Calenberger Land

Im Calenberger-Land, also auch in Wennigsen und Umgebung, ist das Schützenwesen sicherlich auf dieselbe Geschichte wie das Schützenfestes Hannover zurückzuführen, denn es gab den selben Regenten. Deswegen wird hier die Geschichte des Schützenfestes Hannover erwähnt:“
Die Geschichte des Schützenfestes Hannover
Ein Streifzug durch eine fast 600 Jahre alte Tradition
Wie alles begann…

Herzog Erich I. stattete die Hannoveraner*innen im Jahre 1529 mit dem Privileg aus, in jedem Jahr ein Schützenfest veranstalten zu dürfen. Damals konnten weder der Landesherr noch seine Untertanen wissen, dass mit dieser Erlaubnis der Grundstein für eines der größten deutschen Feste und sogar für das größte Schützenfest der Welt gelegt wurde.
Von der Armbrust zur Feuerwaffe
Die erste urkundliche Erwähnung des hannoverschen Schützenwesens geht allerdings noch weiter zurück. 1468 hatte sich Herzog Wilhelm der Ältere, in einem Brief an den Rat über die wehrsportlichen Übungen der Hannoveraner*innen beschwert. Ihm war zu Ohren gekommen, dass die Hannoveraner*innen nach einem auf einer Stange befestigten bunten Holzpapageien schossen, wenn sie mit ihrem Landesherren in Fehde lagen. Das geschah damals noch mit Armbrüsten. Als rund 60 Jahre später die Erlaubnis zu einem jährlichen Fest der Schützen erteilt wurde, hatten auch die Hannoveraner*innen bereits auf Feuerwaffen umgerüstet.

Der Umgang mit Armbrust und Gewehr galt damals weniger sportlichen Zielen. Die so bewaffneten Männer sollten nämlich Hannover verteidigen, wenn feindliche Streitkräfte die befestigte Stadt angriffen. Aus den sportlichen Wettkämpfen in Friedenszeiten ergab es sich aber sehr bald, dass die besten Schütz*innen mit Preisen und Auszeichnungen geehrt wurden.
Schützenordnung
Um Ausschreitungen während der Schützenfeste zu verhindern, wurde bereits im Jahre 1575 eine Schützenordnung erlassen, die den Festbetrieb regelte. Im Jahre 1710 wurden dann die sogenannten „Bruchmeister“ bestellt, die als Hilfsbeamte offiziell für einen geregelten und geordneten Ablauf des Schießens zu sorgen hatten. Die Aufgaben der Bruchmeister sind seit nunmehr fast dreihundert Jahren gleichgeblieben. Während die Schütz*innen seit jeher in ziviler Kleidung antraten, entstand im Jahr 1837 eine neue Schützenordnung, die es ihnen gestattete, auch in gleichmäßig gekleideten Gruppen aufzutreten. Deshalb gilt dieses Jahr als Geburtsstunde der Schützenvereine, weil sich so verschiedene Vereinigungen von Schütz*innen aus gleichen Stadtteilen bildeten.“
https://schuetzenfest-hannover.de/tradition/geschichte/ 12.01.2023

Nun zurück zum Freischießen von Wennigsen:

In einer Chronik zum „Historischen Freischießen Wennigsen“ aus 1995/66 wird auf Seite 7 berichtet, dass über den Ursprung des Freischießens in Wennigsen nichts Genaueres bekannt ist. Historische Unterlagen der Schützengesellschaft (en) gibt es nicht oder wurden im Zweiten Weltkrieg durch einen Brand im Staatarchiv Hannover vernichtet. Es existiert lediglich eine Stiftungsurkunde der Schützenkette vom 20. Juni 1858. Seit 1900 sind alle Schützenkönige von Wennigsen bekannt. Viele Rituale und Kommandos aus Wennigsen wurden von Generation zu Generation nur mündlich weitergegeben. Nach 1954 hat man in Wennigsen das ganze Prozedere zum Schützenfest (ab 1961 heißt es wieder „Historisches Freischießen“) dokumentiert. Es existieren diverse Filme zum Ablauf des Freischießens. (siehe YouTube –optimax –Wolfgang Marx)

Neue Dokumente

Als einziges schriftliches Dokument zum Freischießen Wennigsen wird die Stiftungsurkunde aus 1858 genannt. Bei Nachforschungen im Staatsarchiv Pattensen hat im März 2020 Winfried Gehrke in Akten über das Amt Wennigsen und in Schriftstücke an die Hannoversche Landdrostei zu Hannover Unterlagen zur -Bewilligung zur Haltung von Freischießen in den größeren Ortschaften des Amtes Wennigsen- gefunden. (Zeichen DOK = NL A Hann 80 Nr. 13072, NL A Hann 94 1856 und Nr. 8405 ff) In diesen Unterlagen wird ab 1825 das Amt Wennigsen –Sitten Policei- gebeten Freischießenfeste zu bewilligen. Nicht immer wurde dem Ersuchen der Antragsteller aus den Ortschaften entsprochen. Man befürchtete „Saufgelage, Krawalle und Arbeitsausfall“ Es gibt auch Beschwerdeakten an die Landdrostei Hannover mit der Bemerkung und Frage, warum das Amt Wennigsen ein Freischießen verweigert hat?

Erstes Gesuch für ein Freischießen durch die Schaffer

In diesen Akten befindet sich ein Gesuch der beiden Schaffer Christian Geweke und Heinrich Geweke aus Wennigsen vom 15.Mai 1856, der Schützengesellschaft einen Zeltplatz zu überlassen. Somit kennt man in Wennigsen nun Namen und Amtsbezeichnungen von Aktiven vor 1858. Offenkundig hatten die Schaffer in früheren Zeiten in Wennigsen eine bedeutende Funktion, die in der Gegenwart auf den „Kommandierenden General“ übergegangen ist.
In einem Schreiben der beiden Schaffer an die „Königlich Hannoverschen Kloster-Cammer zu Hannover“ heißt es: „betreffend Überlassung eines Zeltplatzes im sogenannten Häuserhofe – seit undenklichen Zeiten ist das Wennigser Freischießen in dem Klosterforst-Ort der Häuserhof genannt, dicht beim Dorfe Wennigsen gehalten“

Festplatz am Häuserhofe

Hier findet man also sogar einen Hinweis zum Ort des Festplatzes (nahe der Argestorfer Spitze), es werden in dem Schriftstück auch weitere Namen der Kloster-Cammer mit dem Forstmeister von Meding genannt. Man kann auch aus den Ausführungen der Schaffer entnehmen, dass es wiederholt Probleme mit der Kloster-Cammer gegeben hat, Flächen für ein Festzelt zur Verfügung zu stellen. Abmachungen mit der Kloster-Cammer wurden nicht eingehalten (Anmerkung: bezüglich der Auseinandersetzung mit der Klosterkammer hat sich bis heute in Wennigsen -2023- nichts geändert).
Zusammenfassend kann man zu diesen Archivunterlagen festhalten, dass es bereits nachweislich vor 1858 –seit undenklichen Zeiten wie es die Schaffer nennen – ein Freischießen gab.

Dauer der Festivitäten und Gebräuche

In fast allen Städten und Gemeinden, in denen ein Schützenfest oder Freischießen gefeiert wird, gibt es ein traditionelles Programm und einen entsprechenden Festverlauf. In Hannover dauerte ursprünglich das Schützenfest „nur“ drei Tage, erst im Laufe der Zeit wurde daraus das größte Schützenfest der Welt.

In Wennigsen gibt es für das Freischießen einen viertägigen Festverlauf.
Kurzfassung

Samstag:
Am Samstagabend um 18 Uhr wird das Freischießen durch die Artillerie „eingeschossen“. Danach findet die sogenannte Generalprobe mit Festumzug statt.

Sonntag:
Am (Fest)-Sonntag sammeln sich die Offiziere und die Aktiven des Freischießens nach einem festgelegten Plan, die Schützenkette von 1858 wird dem amtierenden Schützenkönig vom Bürgermeister übergeben. Entsprechend der Stiftungsurkunde (die auf dem Festplatz verlesen wird) ist der Schützenkönig und sein Vizekönig verantwortlich für das Fest.
Nach der Parade vor dem Schützenhof und dem „Fahneschwenken“ findet ein Festumzug mit anschließender großen Parade auf dem Festplatz statt (Wiese gegenüber dem Festplatz).

Montag:

Am Montag findet im Festzelt ein Festessen statt, die Teilnahme sämtlicher Offiziere ist Pflicht. Die Teilnahme der Bürger ist erwünscht.
Ab 13.00Uhr treffen sich die Kompanien mit den Offizieren zum „sogenannten Fahneschwenken“. Sie ziehen in Abteilungen durch den Ort und bedanken sich durch das Fahneschwenken bei den Bürgern für die Spenden, die zuvor von den Schaffern eingesammelt wurden. (Anmerkung von 1999 bis 2014 war ich Winfried Gehrke einer der drei Schaffer in Wennigsen)
Am späten Nachmittag findet erneut ein Festumzug mit Parade statt.
Anschließend wird am Schießstand der neue Schützenkönig und ein neuer Vizekönig ausgeschossen. (2017 = Jürgen Stegen und Vizekönig Horst Theobald)
Der jeweils neue Schützenkönig kommt aus den Reihen der Staabsoffiziere. Der amtierende Schützenkönig übergibt seinem Nachfolger die Schützenkette. Der neue Schützenkönig übernimmt die „Amtsgeschäfte“ und ist verantwortlich ein neues Freischießen, in der Regel nach drei Jahren, auszurichten.

Dienstag

Der neue Schützenkönig lädt die Offiziere und gleichgestellte Persönlichkeiten (z.B. die Schaffer) zu einem „Königsessen“ an einem Ort seiner Wahl ein. Anschließend ziehen die Kompanien in Abteilungen wieder durch den Ort und den Gemeinden, die zum „Kirchspiel“ Wennigsen gehören und bedanken sich durch das „Fahneschwenken“ bei den Bürgern für die Spenden.
Am späten Nachmittag treffen sich die Akteure erneut zum Festumzug und zur Parade auf der Wiese gegenüber dem Festplatz. Zum Umzug verkleiden sich die Akteure in unterschiedlichste Kostüme, denn der Dienstag ist der sogenannte „Dölmsche Tag“ Das Fest klingt mit einer lustigen Parade und dem „Säbeltanz“ der Offiziere aus. Nach der Parade auf der Festwiese wird am Schießstand auf die „Volks-Scheibe“ geschossen. Wer nach drei Schüssen die meisten Ringe erzielt hat, ist neuer „Volkskönig“. Teilnahmeberechtigt sind alle aktive Teilnehmer des Freischießens, auch die Teilnehmer aus dem „Landsturm“. Der Volkskönig ist also der „König“ aus dem Volk für das „Volk“ (2017 = Winfried Gehrke) Der amtierende „Volkskönig“ übergibt im Festzelt die neue Plakette (mit der Aufschrift Volkskönig und Datum) an seinen Nachfolger.
In einigen Regionen wird der „Volkskönig“ auch „Bürgerkönig“ genannt, die Funktion und die Ehrung sind gleich.
Am Dienstag, nach der Ehrung des Volkskönigs, klingt der offizielle Teil des Freischießens in Wennigsen aus.

Mittwoch Schinkenkloppen

Als letzter Akt des Festes gilt das sogenannte „Schinkenkloppen“. Das Schinkenkloppen ist kein „offizieller Teil“ des Freischießens. Alle Teilnehmer kommen in „zivil“, die Teilnahme ist freiwillig und findet traditionell beim „Volkskönig“ statt. (2017 = bei Winfried Gehrke im Garten Friedrich-Ludwig-Jahnstraße 23)
Den Vorsitz hat der „Prügelmeister“. Für die sogenannten Vergehen während des Festes bekommen die Delinquenten drei mal drei Schläge auf den Po. Auch für das Schinkenkloppen gibt es ein festgelegtes Prozedere. Der Prügelmeister spricht vor den Schlägen auf den Po den Vers: „ Wie spannen drei Hasen vor einen Plerg se tügen nich alle ter läike ter. Hoppsa,hoppsa,hoppsa……
Der Vers wird auf „Calenberger Platt“ gesprochen.
Der Delinquent muss eine Strafgebühr in die Schinkenklopperkasse einzahlen. Als Trost bekommt er einen großen Schnaps, ein Glas Bier und einen stinkenden Harzkäse.

Ähnliche Ausklänge der Festivitäten Auch in anderen Regionen und ähnlichen Festivitäten findet man in den Programmen einen spaßigen Abschluss. Im Karneval kennt man den Aschermittwoch, oder das Auswaschen der Geldbörse im Fluss/oder See und auch das spaßige Restevertilgen ist bekannt. In einigen Orten lässt man es zum Abschluss noch mal richtig „knallen“ mit einem sogenannten Kassensturz.
Bei allen Festen steht die Geselligkeit und Freude am Feiern im Fokus.
Es bleibt zu hoffen, dass das Freischießen 2023 tatsächlich stattfinden kann, ohne Einschränkung durch eine Pandemie oder sonstiger Ereignisse. Die Vorbereitungen laufen, die Bürger der Gemeinde Wennigsen freuen sich auf ein schönes Fest.
Winfried Gehrke Volkskönig 2017

Bürgerreporter:in:

Winfried Gehrke aus Wennigsen

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