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Wissenswertes über Wildschweine für Läufer

Der Gedanke an Wildschweine verunsichert den Läufer auf seinen Trainingsrunden in Feld und Wald. Der Waidmann Hubert Lödding informiert über Hintergründe und gibt dem Athleten Tipps für den Umgang mit den wilden Borstentieren.

Hubert, welche elementaren Dinge sollte man über die Rüsseltiere des heimischen Waldes wissen?
Für den Läufer ist da sicher die Geschwindigkeit von größtem Interesse. Wildschweine können bis 50 km/h erreichen, obwohl sie bis zu 200 Kilogramm (Keiler) schwer werden. Damit sind alle erwachsenen Wildschweine schneller als der z. Z. schnellste Mensch (Usain Bolt), der eine maximale Geschwindigkeit von 45 km/h erreicht. Im Unterkiefer trägt das Wildschwein zwei kräftige Eckzähne, die bis zu 24 Zentimeter langen Hauer, die zu einem Drittel außen liegen und nach oben gerichtet sind. Im Oberkiefer liegen zwei entgegen liegende Eckzähne (Haderer), die im Bogen gewachsen auch nach oben weisen. Die beiden Zahnpaare reiben ständig aneinander und schärfen sich so ständig nach. Dadurch verfügt das Wildschwein über messerscharf geschliffene Waffen, die den Gegner aufschlitzen können. Beim weiblichen Wildschwein sind diese Zähne nicht so stark ausgeprägt und beim Angriff neigt die Bache (das weibliche Wildschwein) eher zum Beißen. Trotzdem ist die Bache immer dann gefährlicher als der Keiler, wenn es um die Verteidigung des Nachwuchses geht. Das Wildschwein ist das wehrhafteste Wild des deutschen Waldes.
Die Rauschzeit (Paarungszeit der Wildschweine) ist von November bis Februar. Dann zieht es die Keiler zu den gesellig in Rotten lebenden Bachen. Meist im April werden dann bis zu 12 Frischlinge geboren, für die die Bache zuvor eine Art Nest (Kessel) aus Gras, Moos und Laub weit von Läuferpfaden im Unterholz angelegt hat. Wenn dann doch ein Läufer auf Umwegen dem Kessel zu nahe kommen sollte, muss der Ausdauersportler mit einer Attacke der Bache rechnen. Das kann jedoch einem Pilzsammler abseits der Waldwege viel eher als dem Langstreckenläufer passieren, da die Athleten in der Regel auf den Wegen bleiben.

Kann man durch sein Verhalten im Wald die Wahrscheinlichkeit eines Wildschweinkontakts reduzieren?
Auf dem Weg zu bleiben ist das Beste, was man tun kann. Wildschweine haben einen sehr guten Geruchs- und Gehörsinn und erkennen den für sie harmlosen Läufer auf Waldwegen schon durch seine Atem- und Laufgeräusche von weitem und werden sich gegebenenfalls ein wenig zurückziehen. Wildschweine sehen im Läufer auf viel belaufenen Wegen keine Gefahr. Es ist unnötig, sich lärmend auf den Waldwegen zu bewegen.

Wirkt die Begleitung durch einen Hund auf Wildschweine abschreckend?
Da der Hund in jedem Fall für Wildschweine instinktiv eine Gefahr darstellt, und ein undisziplinierter Hund instinktiv erschnupperten Wildschweinen hinterher jagt, kann man sich leicht eine Situation vorstellen, wo der Läufer durch seinen Hund in eine gefährliche Situation gebracht wird. Eine Bache mit Frischlingen wird nicht zögern, jeden Hund, der ihre Jungen bedroht, sofort mit aller Kraft anzugreifen. Der Läufer, der nun ohne Waffen seinem Hund beistehen will, begibt sich in große Gefahr. Wenn der treue Laufgefährte aber doch mit muss, sollte man die dunklen Tageszeiten mit starkem Wildwechsel meiden und seinen Hund gut unter Kontrolle haben.

Fressen Wildschweine auch Menschen?
Der Mensch gehört natürlich nicht zum Beutespektrum der Wildschweine (umgekehrt sehr wohl). Von sich aus greift das Schwein den Menschen nicht an. Nach einer eventuellen Attacke würde es rasch wieder verschwinden. Solche Attacken sind sehr selten und passieren fast ausnahmslos dann, wenn sich das Wildschwein in die Enge gedrängt, oder seine Jungen bedroht fühlt. Dies kann dann der Fall sein, wenn ein Läufer abseits der Wege auf ein verunfalltes oder angeschossenes Wildschwein (Jagd) trifft. Das Schwein ist aber Allesfresser wie wir und frisst auch tote Lebewesen (Aas).

Was tun, wenn man ein Wildschwein vor sich sieht?
Wenn der Läufer eine Wildschweinrotte oder eine Bache mit Frischlingen in 50m oder mehr über den Waldweg oder die Lichtung wechseln sieht, sollte er sich des Anblicks erfreuen und ganz entspannt seinen Lauf fortsetzen. Es besteht nicht der geringste Anlass zur Angst, dass etwa eine Wildschweinrotte uns angreifen würde. Anders sieht es aus, wenn sich der Läufer jenseits der Waldwege ins "Wohnzimmer" bzw. in die "Kinderstube" der Wildschweine begibt, und er plötzlich ein Wildschwein vor sich hat, das sich ihm entgegenstellt und ihn fixiert. Das heißt in der Sprache des Wildschweins: Stopp! Bis hierher und nicht weiter. Wenn der Läufer nun nicht sofort ruhig wegschaut und zurückgeht, riskiert er einen Angriff des Wildschweins. Auf keinen Fall das Tier entsetzt anstarren, da Anstarren in der Natur als Aggression gewertet wird und Angriffe herausfordert. Also dem Wildschwein durch friedfertige ruhige Bewegungen signalisieren: Ich will dir (bei verletztem Schwein) oder deinen Jungen (Bache mit Frischlingen) nichts Böses und weggehen. Ein solches Zusammentreffen ist sicher sehr selten und für auf üblichen Waldwegen trainierende Athleten so gut wie ausgeschlossen.

Gibt es eine Statistik über Konflikte Wildschwein/Mensch?
Wie schon erwähnt, geht für Läufer die auf viel belaufenen Wegen bleiben, das Risiko gegen Null. Wegen des ausgezeichneten Geruchs- und Hörsinns geht das Schwarzwild (Wildschweine) dem Menschen aus dem Weg. Erheblich größer ist die Gefahr durch Wildschweine im Straßenverkehr. Nur hier existieren eindeutige Statistiken. Etwa jeder 150. Verkehrunfall entsteht durch Wildschweine.

Warum haben sich Wildschweine in den letzten Jahren so stark vermehrt?
Der Maisanbau hat erheblich zugenommen. In den Maisfeldern gibt es gute Deckung und reichlich Futter für die Schweine. Das Schwarzwild hat sich nur dem Nahrungsangebot angepasst. Milde Winter und trockenes gemäßigtes Wetter während der Setzzeit um den April begünstigen ebenso einen starken Anstieg der Wildschweinpopulation. Zudem sind die schlauen Wildschweine nachtaktiv geworden und sehr schwer zu bejagen.

Warum erscheinen die scheuen Waldbewohner sogar in Städten?
Wie gesagt sind Wildschweine sehr kluge Tiere. Sie lernen sehr schnell, wo ihnen keine Gefahr droht. In waldreichen Städten und in Städten, wo Waldstreifen weit in die Städte hineinragen, finden Wildschweine gute Fraßbedingungen in Vorgärten mit Gemüse und gefüllten Mülltonnen. Zudem dürfen Wildschweine in diesen "Befriedeten Bezirken" nicht ohne Sondergenehmigung bejagt werden.
Für Berlin z.B. trifft dies besonders zu. Deshalb ist Berlin nicht nur unsere Hauptstadt, sondern auch zur "Hauptstadt der Wildschweine" geworden. In Städten wie Berlin haben sich die Wildschweine so sehr an den Menschen gewöhnt (Füttern etc.), dass sie ihre natürliche Scheu vor dem Menschen verloren haben. Hier ist neues Konfliktpotential zwischen Mensch und Wildschwein durch zu große Gewöhnung entstanden. Der Läufer im Berliner Stadtpark findet also eine völlig andere Wildschweinsituation vor als der im Burgdorfer Holz trainierende Sportler.

Hubert, ich danke dir für das informative Gespräch.

www.spargelsprinter.de.vu

  • Spargelsprinter Rainer Lingemann interviewt Waidmann Hubert Lödding.
  • hochgeladen von Rainer Lingemann
  • Bild 2 / 3
  • Der Keiler unterbricht sein Brechen (Fraßsuchen im Boden) und wirft auf (d.h. er kontrolliert sein Umfeld). Skizze von Hubert Lödding.
  • hochgeladen von Rainer Lingemann
  • Bild 3 / 3

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6 Kommentare

Hallo Günther,
da der befragte Jäger den größten Anteil an Arbeit in diesem Beitrag hatte, werde ich das Feedback an ihn weitergeben.
Schöne Grüße, RL

Hallo Rainer,

hatte schon mal das "Vergnügen" nachts in Wildschweinaugen zu schauen. Bin trotz Angst weitergelaufen. Das war gut so.

Vielen Dank für den schönen Artikel.

Frohe Weihnachten und einen guten Rutsch.

Gruß Stefan

Hallo Stefan, vielen Dank für den Weihnachtsgruß, einen guten Rutsch und eine erfolgreiche Trainingssaison 2011. Grüße von RL

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