Friedrich-Wilhelm Meinecke: Nicht für viele Frauen, muss man alle Landkarten ändern

Friedrich-Wilhelm Meinecke, fotografiert von OKOK TELEVISION. | Foto: OKOK TELEVISION, Schumacher

Friedrich-Wilhelm Meinecke leitet seit 1981 den Erholungspark Irenensee in Dahrenhorst. Im Interview gewährt er Einblicke in die Geschichte des Sees, der in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen feiert.
Wer noch mehr über den Irenensee und das kleine Örtchen Dahrenhorst lesen möchte, liest den Beitrag von OKOK TELEVISION.

Herr Meinecke, Sie leiten in zweiter Generation den Erholungspark Irenensee. In diesem Jahr wird der Irenensee in Dahrenhorst 40 Jahre alt. Ihr Vater Friedrich hat das künstliche Gewässer ausgebaggert. Wie ist ihr Vater auf die Idee gekommen?

Der alte Bergmanns Hof in Dahrenhorst, bewirtschaftete schon seit 450 Jahren mit großem Aufwand auf den nassen Böden vor dem Schilfbruch und den teils sandigen Böden in der Nähe der B188 die Felder und Wiesen mit einem kargen Auskommen.
Der Hof war sozusagen ein Grenzertragsbetrieb. D.h. die Ernte brachte gerade so viel Geld, um die Aufwendungen für Saat, Dünger und Beregnung bezahlen zu können. Die wirtschaftliche Perspektive sah sehr düster aus.
Es war also an der Zeit nach einer neuen Erwerbsquelle Ausschau zu halten. Hier bot sich ab 1966 im Rahmen der Flurbereinigung (Zusammenlegung großer landwirtschaftlicher Flächen) die Chance, in diesen feuchten Ländereien einen großen See anzulegen. Gleichzeitig endeten auch die sogenannten Wirtschaftswunderjahre. In dieser Zeit bevorzugten die Deutschen den Urlaub am Baggersee vor der langen Fahrt zur italienischen Riviera.
Das war der Grund, warum mein Vater, Friedrich Meinecke, jetzt nicht mehr landwirtschaftliche Produkte, wie Gerste und Kartoffeln anbauen wollte, denn dies hatten schon Generationen von Hofinhabern vor ihm hier mehr oder weniger erfolglos praktiziert. Jetzt brach das Zeitalter der Dienstleistungen an. Dieser Weg, der bis heute noch anhält, und sich weiter entwickelt, war damals seine Vision von der Gestaltung der Zukunft.
Aus der ursprünglichen Urlaubsform „Zelten auf der Kuhwiese“ wuchs sehr schnell der Anspruch nach Sanitäranlagen, Komfort und Sicherheit. Es war die Geburtsstunde des modernen Campings. Heute hat sich aus dieser Vision heraus der Campingplatz mit all seinen Varianten und Facetten, wie Zelten, Caravan und Motorcaravan sowie zu mietende Häuser entwickelt.

Wie lange hat es damals gedauert, den ausgebaggerten See mit Wasser zu füllen?

Der See wurde nach dreieinhalb Jahren Bauzeit am 3. April 1971 durch Einleitung von Oberflächenwasser und Anstau von Grundwasser geflutet. Im Spätherbst des gleichen Jahres war er dann gefüllt.

Und wie kam es zu dem Namen Irenensee?

Um meiner Mutter Irene, die die Seele des Hofes war ein Denkmal zu setzen, gab mein Vater dem See den Namen seiner Frau. Es gibt nicht viele Frauen, nach denen man alle Landkarten ändern musste.

Ihr Vater hatte anfangs geplant, mit dem See Fischzucht zu betreiben. Doch schon bald sattelte er um auf Naherholung und Camping. Welche Überlegungen steckten dahinter?

Fischzucht wäre als Erwerbszweig ähnlich der Landwirtschaft anzusetzen. Wie aber schon erwähnt, liegt die Perspektive nicht in der Erzeugung von Produkten, sondern in der Anwendung der Dienstleistung.

Hat sich Ihr Vater aus Ihrer Sicht rückblickend richtig entschieden?

Aus heutiger Sicht war die Entscheidung, aus dem landwirtschaftlichen Betrieb einen touristischen zu entwickeln richtig. Das war nicht immer so. Die Gemeindepolitik, als auch Behörden und Banken, gaben Anfang der siebziger Jahre dieser Idee keine große Lebenserwartung. Der feste Glaube an seine Vision und der intensive persönliche Einsatz für diesen Betrieb brachte letztendlich den erwünschten Erfolg.
Mit dem gesellschaftlichen Umbau aus der Industrie- in die Freizeitgesellschaft bestätigte diese Veränderung.

Wann haben Sie die Leitung von Ihrem Vater übernommen?

Im Jahr 1979 habe ich Teile des Betriebes vorerst gepachtet. Nachdem ich meinen Vater überzeugt hatte, dass ich diesen Betrieb auch wirtschaftlich führen kann, wurde er mir 1981 überschrieben.

Wenn Sie die vergangenen Jahre Revue passieren lassen: Wie hat sich Ihr Erholungspark mit dem Campingplatz entwickelt? Was hätte Ihnen erspart bleiben können, welches waren Meilensteine auf dem Weg zur heutigen Anlage?

Nach der Ratssitzung sind alle Ratsherren immer schlauer als zuvor. Es war also äußerst schwierig, im Vorfeld Entwicklungen als Fehlentwicklungen zu entlarven. Im Nachhinein hätte ich das Festhalten am reinen Dauercamping früher aufgeben sollen. Mit der Anwendung der Dienstleistung am touristischen Camping mit all seinen Ausprägungen über Kinderbetreuung, Ausflüge, Sport und Wellnessangebote etc. wäre die Zukunftsentwicklung des Irenensees schon früher eingeleitet worden. In der Campingbranche zeigt sich, dass Betriebe, die sich ausschließlich auf die Vermietung von Stellflächen beschränkt haben, heute hohe Leerstände aufweisen. Umgekehrt haben die Betriebe mit hoher Dienstleistungsdichte trotz Wirtschaftskrise eine gute Auslastung.

enn Sie an Ihre Camper denken: Gibt es eigentlich noch den typischen Dauercamper, der seinen Platz mit Gartenzwergen oder ähnlichem dekoriert? Wie hat sich der Dauercamper in den vergangenen Jahren verändert?

Nicht jeder Dauercamper passt in dieses Klischee. Es gab aber Ende der siebziger Jahre einige zarte Entwicklungen in diese Richtungen, aber nicht nur am Irenensee sondern auch in diversen Vorgärten. Als an einem nebligen Novembertag im Jahre 1979 eine unbekannte Person alle Gartenzwerge enthauptete, wurde aus Angst vor Nachahmung kein neuer mehr aufgestellt!
Das Zusammentreffen von Umweltbewusstsein und Wunsch nach mehr Komfort beendete 1984 die „Kloeimer-Ära“. Fortan musste jeder Caravan an die Abwasser- und Frischwasserleitung angeschlossen werden. Nach anfänglichen Protesten, wurde diese Veränderung aber schnell zur Selbstverständlichkeit. Heute gehört zum Dauercamping ein gewisser Komfort mit Freizeitangeboten und entsprechender Gastronomie.

Wenn Sie einen Ausblick wagen: Wo sehen Sie den Erholungspark in zehn bis 15 Jahren?

Hoffentlich gemütlich sitzend auf meinem Balkon!
Der Trend, der jetzt eingeläutet ist, aus dem reinen Campingbetrieb ein Freizeitressort mit Ferienhäusern, Gästezimmern, exotischen Wohngelegenheiten, wie komfortabel eingerichteten Erdhöhlen, Baumhäusern und schwimmenden Inseln, wird dann seine Vollendung finden.

Dieses Jahr steht im Zeichen des 40. Geburtstags des Irenensees. Welche Veranstaltungen haben Sie wann geplant? Warum sollte sich kein Uetzer die Feierlichkeiten entgehen lassen?

Wir haben in diesem Jahr über 60 Veranstaltungen, damit man auch hoffentlich hinter Burgdorf weiß wo der Irenensee liegt. Um diese Veranstaltungen alle aufzuzählen würde der Platz nicht ausreichen. Ich verweise daher auf unsere Internetseite.

Mal abgesehen vom Irenensee: Was macht Uetze lebenswert? Und was sollte besser werden?

Uetze und Umgebung bieten unseren Gästen Einkaufs- und Ausflugsmöglichkeiten. Auch Feste, wie z.B. das Zwiebel- und Schützenfest sowie die Informa bilden einen Teil der hiesigen Kultur. Es gibt viele Bausünden in Uetze, so u.a. der Abriß alter Bauernhöfe aus dem Kern und Ersatz durch seelenlose Supermärkte, die die Attraktivität dieses Ortes leiden lassen. Trotzdem gibt es auch schöne Fleckchen in diesem Ort. Hierfür empfehlen wir unseren Gästen einen Besuch im Mühlencafé oder ein Ausflug zum Zweiständehaus in Wackerwinkel.
Für die Zukunft wünsche ich mir, dass ein weiteres Ausbluten des Dorfes von kleinen Geschäften, die auch durch das Internet und die Supermärkte im Randbereich gefährdet sind, verhindert wird. Als letzten Wunsch könnte ich mir eine Fahrradwegverbindung nach Burgdorf vorstellen, den sicher viele unserer Gäste auch gerne nutzen würden.

myheimat-Team:

Annika Kamissek aus Bad Münder am Deister

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