„Stuttgart 21“: In Schönheit sterben?

Das Bahnprojekt Stuttgart 21 scheint aus den Fugen zu geraten. Demonstrationen, Eskalationen. Klärende Gespräche bleiben aus. Recht haben, Recht behalten, Recht bekommen, es scheint, die Politik habe aus der Vergangenheit nichts gelernt. Zu erinnern ist an Whyl, Brokdorf, Wackersdorf, Gorleben.

Zwischen Stuttgart 21 und den Atomprojekten besteht aber ein grundsätzlicher Unterschied: Die Atomprojekte standen im nationalen Zusammenhang der Energieversorgung. Stuttgart 21 hingegen hat keinerlei nationale Bedeutung. Es ist lediglich ein teures Vorzeigeprojekt für jene, die es mit der Bahn nach Stuttgart verschlägt. Allerdings muss man sich fragen, warum die Bürger Stuttgarts erst jetzt auf die Barrikaden gehen. Dem Vernehmen nach wurde dieser Luxusbahnhof doch schon seit 1994 geplant.

Was lange währt, muss nicht unbedingt gut sein. Dies kann man anhand des Rangierbahnhofs Maschen sehen, der seinerzeit als der modernste Güterumschlagplatz der europäischen Schienenwelt gepriesen worden ist. Allen voran der damalige Verkehrsstaatsekretär Vaerst anlässlich der feierlichen Eröffnung des Rangierbahnhofs am 7.7.1977: Nach nur sieben Jahren Planungszeit sei endlich der Moment gekommen, die Güter von der Straße auf die Schiene zu holen. Das Projekt habe sieben Milliarden gekostet. Was ist Maschen heute? Eine Schienenbrache kurz vor Hamburg Toren. Die Autobahnen sind zugemüllt mit mehrachsigen Schwerlasttransportern, die dazu noch wegen Mautgebühren die Straßen auf dem „platten“ Land zerstören dürfen.

Meine Sympathie ist mit den Demonstranten, solange sich keine Chaoten dazwischenmischen. Bahnchef Grube wäre gut beraten, wenn er eine Pause einlegte. Für „Stuttgart 21“ ist nach fast zwei Jahrzehnten Planungszeit ganz sicher keine Eilbedürftigkeit gegeben. Wohl aber staatspolitische Verantwortung, die der Bahnchef aufgrund von rechtsgültigen Teilgenehmigungen an die Politik zurückdelegiert. Also, Herr Grube, verfügen Sie einen bahninternen Baustopp. Alle Aufträge sind ganz sicher noch nicht vergeben. Abstandszahlungen für bereits erteilte Aufträge dürften angesichts der erheblichen gesellschaftlichen Schäden vernachlässigbar sein. Es könnte durchaus sein, dass Sympathisanten der Gegner die Bahn bundesweit boykottieren. Der Imageschaden der Bahn AG dürfte heute schon beträchtlich sein. Und warum sollen die Steuerbürger hierzulande für dieses lokale Vorzeigeprojekt, dessen Kosten kaum valide verifizierbar sind, zahlen? Aus der Portokasse wird die Bahn das ganz sicher nicht zahlen können. Lohnt sich das, in Schönheit zu sterben?

Schließlich: Es geht nicht allein darum, Stuttgarter von der Sinnhaftigkeit dieses Projekts zu überzeugen, sondern alle Steuerbürger hierzulande. Dies zuletzt auch mit Blick auf andere Kopfbahnhöfe in Deutschland - etwa München, Frankfurt, Leipzig.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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