Sind Biogasanlagen der Königsweg? Ein Zwischenruf

... wie man es dreht und wendet - Methangasfabriken bergen Gefahren ...
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Dass die Biogasindustrie boomt, ist Fakt. Dass Hersteller und Betreiber von großen Methangasfabriken glücklich über die deutsche Subventionspolitik sind, ist nicht von der Hand zu weisen. Wenn sich Agrarindustrielle aus den Subventionstöpfen bedienen, ist das zurzeit geltendes Gesetz. Aber dass die Methangaswirtschaft unsere Energiezukunft sichern kann, ist Glaube und Hoffnung und Irrtum zugleich. Biogas versus Atomkraft – diese ideologisch verbrämte Formel hatte aber die Kraft, die Subventionspolitik von Bund und EU aus dem Ruder laufen zu lassen. Wurden anfangs kleine Biogasanlagen in funktionaler Nähe zum eigenen bäuerlichen Betrieb unterstützt, haben heute Investoren aus dem In- und Ausland die Subventionen fest im Griff.

Dass diese Förderpolitik ausufern könnte, ahnten ihre Urheber nicht. Kleine landwirtschaftliche Betriebe gehen vor die Hunde, weil ihnen zusehends Pachtflächen, die sie traditionell bewirtschaften, genommen werden. Maisbarone blättern den Verpächtern deutlich höhere Pachten auf den Tisch, als die kleinen Bauern bezahlen können. Aber darf man deswegen den Methangasinvestoren Verdrängung vorwerfen? Beim besten Willen nicht, sie verhalten sich marktgerecht, denn Angebot und Nachfrage regeln auch Pachtpreise. Allenfalls könnte man mangelnde Solidarität mit den Kleinbauern vorwerfen, die so an den Rand der Existenz gedrängt werden.

Einhergehend mit dem exzessiven Maisanbau müssen mehr tierische Exkremente produziert werden, um die Gasfabriken „füttern“ zu können. Die hohe Zahl an Bauanträgen für Massentierhaltung ist trauriger Beweis. In diesen Tier-KZs vegetieren Rinder, Schweine oder Geflügel dahin, sie werden gefüttert, mit Antibiotika und Hormonen vollgepumpt. Nur der Tod wird für die Tiere Erlösung sein, aus ihrer „Scheiße“, die sie im Namen von Klimaschutz und Energiewende lebenslang produzieren, herauszukommen.

Landwirtssolidarität am Scheideweg

Doch die Zeiten ändern sich. Heute ist die bäuerliche Union gespalten. Die Landwirte, die stets und immer an einem Kälberstrick zogen, die juristisch, steuerlich und finanziell bestens aufgestellt war, deren Lobby stärker scheint, als ehedem die der Atomwirtschaft, des Steinkohlebergbaus oder der Autoindustrie, sind sich nicht mehr grün. Im westfälischen Ahlen protestierten im Juni Bauern und Bürger gemeinsam gegen den „Biogas-Wahnsinn“. Ein CDU-Ratspolitiker hatte sich kurz vor der entscheidenden Ratssitzung von den Gegnern überzeugen lassen und sich auf deren Seite gestellt. Biogasanlagen seien, so der Ratsherr, aus ethischen Gründen nicht vertretbar: „Wir sind eine christdemokratische Partei. Da könne man schlecht dafür sein, dass hier Lebensmittel zur Stromerzeugung vergoren würden, während andernorts auf der Welt Menschen verhungern.“ Überzeugende Worte eines CDU-Politikers, die bei seinen Ratskollegen keinen Widerhall fanden.

Dass die deutsche Politik großzügig Subventionen für Methangasfabriken verteilt, blieb auch internationalen Investoren nicht verborgen. In Steinhausen im Landkreis Nordwestmecklenburg zeigten lokale Bauern amerikanischen Investoren die Rote Karte. Zwar hätten die Landwirte mit dem Maisanbau für die geplante drei MW-Anlage (vgl. Eimbeckhausen) viel Geld verdienen können, denn bis zu 1.800 Euro pro Hektar sind kein Pappenstil. Allerdings hätten sie dann ihr Viehfutter nicht mehr selbst produzieren können. So engagierten sie sich mit der örtlichen Bürgerinitiative und zogen gemeinsam gegen die amerikanischen Investoren zu Felde.

Politik ist gefordert.

Die romantische Verklärung der Bioenergie hat Politikern offensichtlich den Blick für das Wesentliche versperrt. Die bäuerliche Landwirtschaft ist dabei ins Hintertreffen geraten. Felderwirtschaft mit wechselnder Fruchtfolge muss wieder belebt werden, statt Maismonokulturen zu subventionieren. Ökologisch wertvolles Dauergrünland sollte glücklichem Vieh vorbehalten sein und nicht umgebrochen werden für …. Mais.
Das zu reorganisieren ist Sache der Politik. Unser Gesetzgeber muss einen finanziellen Rettungsschirm schützend über Pachtbauern halten, die traditionelle Landwirtschaft betreiben. Die Mittel hierfür könnten aus Kürzungen der Subventionen für Mais und Massentierhaltung (Güllebonus) resultieren. Dabei dürfen keine neuen Begehrlichkeiten entstehen. Mit den ohnehin schon überhöhten Einspeisevergütungen für Strom und Wärme, die wir als Verbraucher direkt zahlen, sollten die Methangasinvestoren auskömmlich wirtschaften können. Ist das nicht möglich, müssen sie eben dichtmachen. Das ist Marktgesetz.

Alles prima mit dem Klima?

Man kann trefflich darüber streiten, ob der Einstieg in die Methangaswirtschaft Springe beim Klimaschutz voranbringen wird. Aber wer so tut, als gäbe es gerade in Springe Ersatzbedarf für die vom Netz genommenen Atomkraftwerke in Gestalt von Gasfabriken, irrt. Was wir wirklich brauchen, ist ein ehrgeiziges Energiesparprogramm. Alte Kühlschranke, Tiefkühltruhen und Elektroherde beispielsweise gehören zu den Stromfressern, die oft ganz in Weiß unschuldig in Küchen und Kellern immerfort mehr Strom fressen, als ein modernes Gerät benötigt. Das muss geändert werden. Das würde natürlich die Absatz- und Umsatzzahlen der Stadtwerke verringern, aber das wäre ehrliche, auf Energieeffizienz ausgerichtete lokale Energiepolitik.

„Energiesparen“ muss politisch als eines der höchsten Wirtschaftsgüter akzeptiert und öffentlich gefördert werden. Es gibt noch keine „Abwrackprämien“ für Haushaltsgeräte, die älter als zehn Jahre sind. Hier beherzt voranzugehen, Anreize zu schaffen, anstatt Subventionen für Maisanbau und Massentierhaltungen zu bezahlen, wäre ein Schritt in die richtige Richtung. Wer beispielsweise Nachtspeicherheizungen oder alte Kessel in Betrieb hat und keinen Wärmepass für seine Immobilie nachweisen kann, dem muss bei der Wärmedämmung geholfen werden.

Und noch etwas spricht gegen den weiteren Ausbau von Methangasfabriken: Über der Arktis haben Wissenschaftler jetzt ein Ozonloch entdeckt, das etwa fünfmal so groß wie Deutschland sein soll. Schuld am Ozonloch sind sogenannte Treibhausgase, zu denen Kohlendioxid aber in sehr starkem Maße auch Lachgas und Methangas gehören. Methan ist fünfundzwanzig Mal mehr wirksam als Kohlendioxid. Rund vierzig Prozent des weltweit emittierten Methans stammt aus Fermentationsprozessen im Magen von Wiederkäuern und gelangt mit Blähungen an die Umwelt. Auch die Methangasfabriken sind nicht ganz „dicht“. Sie defundieren Methangas und belasteten zusätzlich die Umwelt. Die Emissionen an Lachgasen stammen zum größten Teil aus Viehhaltung, aus Düngemitteln und dem Anbau von Gründüngerpflanzen wie beispielsweise Lupinen oder Luzerne, die den Boden mit Stickstoff anreichern. Die Treibhauswirksamkeit von Lachgas ist knapp dreihundert Mal stärker als die von Kohlendioxid.

Biogasanlagen sind bei aller Schönrednerei mitnichten der Königsweg. Ihre Ökobilanz ist schlicht katastrophal. Eine auf ökologische Nachhaltigkeit und Vorsorge ausgerichtete Landwirtschaftspolitik würde jetzt den weiteren Ausbau von Methangasfabriken erst einmal entschleunigen.

Zu guter Letzt

Bei der Geschwindigkeit, mit der Methangasfabriken aus dem Boden schießen, könnte es möglicherweise Engpässe in der Rohstoffversorgung geben. Dann könnte Energiemais für die Warenterminbörsen interessant werden. Verlegt sich ein Landwirt ausschließlich auf die Produktion und Lieferung von Mais, könnte er für seine Ernte Terminkontrakte abschließen und hierdurch die Preise frühzeitig absichern. Warentermingeschäfte sind international üblich. Auch in Deutschland werden landwirtschaftliche Produkte gehandelt. Warenterminbörsen bergen allerdings Risiken für die Vertragspartner. Geht die Rechnung auf, könnte der Landwirt seine Produkte zu dem vereinbarten Termin zu einem höheren Preis verkaufen. Gefahren bestehen, wenn Spekulationen die Preise „künstlich“ verändern.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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