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"Blutkreislauf der Kriminalität" die Lyrik der Zeitung

"Blutkreislauf der Kriminalität" die Lyrik der Zeitung

oder: "lichtscheue Hände lassen sich mit nachprüfbaren Banktransaktionen weniger leicht durchführen" - das muss man sich doch erst mal einfallen lassen.

Heute in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (10.8.2010
Blutkreislauf der Kriminalität
Kopenhagen. „To ryndstykker“, verlangt Steffen beim Bäcker in Kopenhagen, das Mädchen hinter dem Tresen reicht ihm die zwei Brötchen: „Fünf Kronen.“ Steffen schiebt die Chipkarte in den Leser, tastet seine Geheimnummer ein und lässt die umgerechnet 70 Cent von seinem Konto abbuchen. Die Verkäuferin verzieht keine Miene. Sie ist gewohnt, dass Kunden selbst Kleinstbeträge bargeldlos bezahlen. Ob Drinks in der Bar, das Ticket in der S-Bahn oder der Flug nach Australien – alles wird mit Karte, Handy oder Internet-Banking abgewickelt. Selbst Kredite verschaffen sich die konsumfreudigen Wikingernachfahren oft (zu horrenden Zinsen) via SMS. Der Trend zur bargeldlosen Gesellschaft kam in Skandinavien früher und ist weiter fortgeschritten als im übrigen Europa. In Schweden verbietet seit 1.August ein neues Gesetz den Unternehmen, die Bezahlung mit Kreditkarten durch extra Gebühren zu belasten. Gleichzeitig läuft eine Kampagne für bargeldloses Zahlen, nicht nur im Sinne der Bequemlichkeit, sondern auch zur Sicherheit. Wenn weniger Bares im Umlauf ist, kann weniger gestohlen werden, lautet das Argument, und lichtscheue Hände lassen sich mit nachprüfbaren Banktransaktionen weniger leicht durchführen. „Bargeld ist das Blut in den Adern der Kriminalität“, sagt Stockholms Polizeichefin Carin Götblad. Sie regt an, die 500- und 1000-Kronen-Scheine – umgerechnet rund 50 und 100 Euro wert – abzuschaffen. Sie würden doch nur für Schwarzarbeit und Hehlerdeals verwendet. „Zwei von drei Bargeld-Kronen sind doch schwarz“, sagt auch Gewerkschafterin Maria Löök. Nach einer Serie von Überfällen auf Chauffeure strich Stockholms Verkehrszentrale kurzerhand den Ticketverkauf im Bus. Jetzt muss man sich am Automaten bedienen oder mit Handy bezahlen. Nach Raubzügen gegen Banken und Geldtransporter hat man den Umsatz an Barem begrenzt. Es gibt selbst bargeldlose Bankfilialen. „25 Prozent der Bankangestellten waren Opfer von Überfällen“, sagt Mikael Sjöberg, der Chef des Arbeitschutzamtes, „Es ist nicht akzeptabel, dass Menschen Angst haben müssen, wenn sie zur Arbeit gehen.“ Seine Behörde untersucht nun die am meisten gefährdeten Läden, Kioske und Tankstellen. 3000 von diesen droht ein Bargeldbann. Der Verband der Kleinunternehmer wehrt sich dagegen, ältere Menschen beklagen, dass sie sich mit der Technik nicht zurechtfinden. Nur eine Frage der Gewöhnung, meinen die Experten. Gerade für Ältere sei der bargeldlose Verkehr ein Vorteil, denn sie seien Diebstählen besonders ausgesetzt und hätten Schwierigkeiten, die richtigen Münzen zu finden. Die Proteste von Datenschützern sind spärlich geblieben, obwohl das System jede Transaktion kontrollierbar macht und Konsumverhalten und Zahlgewohnheiten offenlegt. Doch in Skandinavien hat man sich daran gewöhnt, dass der Staat jedem aufs Konto und in den Geldbeutel guckt. Schließlich werden Bankguthaben und Zinszahlungen automatisch der Steuerbehörde gemeldet, und das schwedische Öffentlichkeitsprinzip gibt jedem Neugierigen das Recht auf Einblick in die Steuererklärung des Nachbarn. „Wer Bares besitzt, hat etwas zu verbergen“, lautet der Slogan der Kartenlobbyisten. Für Steffen ist das längst Normalität. Und wenn er doch mal Bargeld braucht? Auch das geht beim Bäcker. „Gibst du mir 100 Kronen drauf?“, fragt er das Mädchen an der Kasse, und sie verbucht für die zwei Brötchen 105 Kronen und reicht ihm den Hunderter in bar.

10.08.2010 / HAZ Seite 12 Ressort: WIRT

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