In 137 Tagen von Hamburg nach Schanghai und zurück

... 1966 im Hamburger Oderhafen ...
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Am 24. Dezember 2009 schrieb ich in myheimat „Weihnachtsgrüße: Radio Norddeich funkt nicht mehr“. Zum Artikel gehörte ein Foto von mir und einem seefahrenden Kollegen auf der Willi Rickmers, einem Schwergutfrachter im Ostasiendienst. 558 Leser hatten meinen Artikel gelesen. Am 25.12.2010 um 17:26 Uhr schrieb ein Herr aus Löhne: „Ich war auch an Bord als Moses, 1966 bis Januar 1968.“ Ich stutzte. Holte mich meine Vergangenheit nach vierundvierzig Jahren etwa ein? Mehr als vier Jahrzehnte waren eine lange Zeit. Alles vergangen, vergessen und vorbei?

Ein Teil meiner Vergangenheit ruhte auf dem Dachboden. Dort bewahrte ich auf, was mir lieb und teuer war. In einem verstaubten Aktenordner hatte ich Aufzeichnungen über mein früheres Leben abgelegt, auch über meine Fahrenszeit auf der Willi Rickmers. Ich schlug einen Atlas auf und verfolgte die Reise von damals. Bei dem Wetter im Dezember 2010, bei dem zu Lande, zu Wasser und in der Luft kaum was lief, hatte ich Zeit, in Erinnerungen zu schwelgen. Vor meinem Auge entstanden Bilder und Erlebnisse aus einer Zeit, die Beruf und Abenteuer miteinander verband, in der man in die Welt hinaus kam, fremde Menschen und Kulturen kennenlernte und in „Kochtöpfe“ schauen konnte, in denen exotische Gerichte brodelten.

Da ich Zeit hatte, schrieb ich die Erinnerungen für die myheimat Leser auf, damit sie mich auf meine Reise in die Vergangenheit begleiten können. Gute Fahrt.

"In 137 Tagen von Hamburg nach Schanghai und zurück"

Stockfinstere Nacht. Tanzende Lichter auf dem Wasser. Sie gehören zu kleinen Fischerbooten, die in der Mündung des Jangtsekiang auf den Wellen zu tanzen scheinen. Auf der Brücke des Motorschiffs „Willi Rickmers“ gespannte Wachsamkeit. Hier, im Zugriffsbereich des großen Mao Tse Tung, darf nichts passieren, wenngleich in den Gewässern Chinas das internationale Seerecht ebenso gilt wie im Mündungsbereich der Elbe. Die Topplampe hoch oben auf dem Vormast wirft ihr Sektorenlicht in der Längsachse des Schiffes nach vorne. Die Hauptmotoren der Willi Rickmers sind gestoppt. Nur das Klopfen der starken Dieselhilfsmotoren tief unten im Maschinenraum ist zu hören. Nur schwach glimmen die Stromzeigelampen der Positionslaternen am Brückenschott. Das Gesicht des Rudergängers erscheint fahl im Licht der Girokompassbeleuchtung. Mit ruhigen Stimmen werden Kommandos gegeben und bestätigt.

Die kräftige Strömung nimmt Fahrt aus dem Schiff. Wellen klatschen an den Bug. In der Steuerbordnock schaltet eine unsichtbare Hand einen Scheinwerfer an und richtet ihn auf zwei Seeleute, die mittschiffs eine Jakobsleiter über die Reling werfen, die polternd nach unten fällt. Aus der Dunkelheit nähert sich ein Motorboot. Es geht längsseits und hält Fahrt mit der Willi Rickmers. Behände erklimmt ein kleiner Herr in graublauer Uniform die Jakobsleiter – es ist unser Lotse, der uns zu unserem Liegeplatz in Schanghai bringen soll. Das Lotsenboot dreht ab. Nun ist Englisch die Konferenzsprache auf der Brücke: „Slow Ahead“, lautet das erste Kommando des chinesischen Lotsen. Der 1. Offizier greift zum Hebel des Maschinentelegrafen, mit dem Geschwindigkeit und Drehrichtung der Maschine von der Brücke dem Personal im Maschinenraum übermittelt werden. Klingeltöne und Zeiger der Telegrafen in der Maschine und auf der Brücke weisen die Wachhabenden auf den neuen Befehl hin. Die Willi Rickmers nimmt Fahrt auf.

Je näher wir dem Liegeplatz kommen, umso lauter tönt monotoner Singsang aus Lautsprechern, die an Lichtmasten montiert sind. Schattengleich huschen kleinwüchsige Menschen mit Karbidlampen in den Händen umher und suchen nach den Enden der Wurfleinen, an denen die dicken Trossen unseres Schiffs angebunden sind. Unheimlich, ja, gespenstisch mutet die Atmosphäre an. Sie verstärkt die Erinnerung an die Ermahnungen des Kapitäns vor dem Einlaufen, freundlich zu den Chinesen zu sein, die Leute nicht direkt anzusprechen, nur zu fotografieren, wenn es ausdrücklich erlaubt ist, keinen Alkohol an Deck zu trinken, nicht laut zu fluchen, oder sich gar über unsere Gastgeber - auch nicht hinter vorgehaltener Hand - lustig zu machen. „Es verstehen mehr ‚Chinamänner’ deutsch, als man glaubt, und Spaß verstehen die auch nicht“, schloss der hochgewachsene Kapitän Mayer aus Cuxhaven seinen Appell.

Wir waren gewohnt, dass uns Häfen mit gleißendem Lichterglanz empfangen. Hier umhüllte uns Dunkelheit mit schwachen Lichtpunkten von elektrischen Funzeln an hölzernen Masten. Waren wir wirklich in dem Land in der Mitte mit seiner so andersartigen, vergangenheitsbeladenen Kultur angekommen. War das der Ort, den Hans Albers sehnsuchtsvoll besungen hatte? Plötzlich Getrappel auf der Gangway. Mindestens hundert Männer der chinesischen Volksarmee in feldgrünen Drillichanzügen, mit rotem Stern auf grünen Ballonmützen, verteilten sich geschwind an Deck.

Die Milizionäre wirkten eher wie Landwirtschaftseleven denn Soldaten der chinesischen Volksarmee, auch wenn sie übergroße Pistolentaschen trugen und ihre Umgebung mit unbewegten Gesichtern musterten. Doch sie nahmen anscheinend alles wahr. Auch, als einige trotz der eindringlichen Warnung des Kapitäns Fotoapparate mit an Deck nahmen, um heimlich Erinnerungsfotos zu schießen - wortlos streckten sie eine offene Hand aus und bedeuteten damit, das Knipsen zu lassen. Aufgeregt, aber auch müde von der langen Revierfahrt kletterten wir in unsere Kojen.

Der nächste Tag ließ sich freundlicher an – die aufgehende Sonne tauchte Schiff und Umfeld in ein weiches Licht und vermittelte so ein reizvolles, aber auch fremdartiges Bild, nicht zuletzt, weil die Volksarmisten allgegenwärtig zu sein schienen. Was jetzt schon nervte, war die monotone Dauerberieselung aus den Lautsprechern. Es war Sonntag, wir zogen uns zur Beratung in eine Kammer zurück. Wir schmiedeten Pläne, als plötzlich die Tür aufging und ein mittelgroßer Chinese in blauem Drillich eintrat. Dass veranlasste einen Bordkameraden zum Spontanausruf: „Mok dat Schott dicht“, während ein anderer sekundierte, „Tür zu!“ Da hatten wir den Salat und bekamen die Bestätigung für des Kapitäns Ermahnungen.

„Ich heißen nicht Tür zu, ich heißen Mr. Tsu“, empörte sich der ungeladene Gast, um im nächsten Augenblick freundlich zu lächeln. Es war die erste Gemütsbewegung eines Chinesen an Bord und sie brach das Eis. Mr. Tsu teilte uns in fast akzentfreiem Deutsch mit, dass er unser Dolmetscher für die gesamte Liegezeit in Schanghai sei. Das ermunterte uns, eine Menge Fragen zu stellen. Die Wichtigste war natürlich, wann wir denn an Land gehen könnten und wo wir was finden würden. Seine lakonische Antwort: „Abwarten und Tee trinken, erst kommen alle in der Messe zusammen, um die Formalitäten zu erledigen, dann wird das Programm vorgestellt.“

"China, ich komme"

Das war Anfang September 1966, gut zwei Monate, nachdem ich auf der M/S "Willi Rickmers", einem 7.000-BRT-Stückgutschiff der Rickmers-Linie, angeheuert hatte. Zuvor hatte ich als Elektriker-Assistent Dienst auf einem der schmucken, weißen, schnittigen Bananenschiffe der Hamburger Laeisz-Flotte Dienst getan. Die M/S "Pongal" fuhr im Liniendienst von Hamburg via Panamakanal nach Guayaquil in Ecuador und zurück. Auf der Hinreise wurden regelmäßig Autos - VWs, BMWs - nach Fort Lauterdale in Florida transportiert. Diese Reisen waren zwar nicht uninteressant, aber zu kurz. Schon nach einem Monat war man wieder in Hamburg. Das ist eher was für Familienmenschen, stand für mich fest. Auf meiner dritten Reise nach Südamerika kam ein neues Besatzungsmitglied an Bord. Er habe alle Weltmeere befahren, erzählte er, in Australien, in China, Japan und Korea sei er gewesen. Er erzählte von der Rickmers-Linie, bei der er gerade eine spannende Ostasienreise nach China absolviert hatte.

Albert, so hieß der Neue, war ewiger Matrose und er erzählte, wenn man ihm nur genug Bier gab. Er schilderte den Affenfelsen von Gibraltar, Port Said, den Suezkanal so bildhaft, als sei man selbst dort gewesen. Die Beschreibungen von Singapur, Bangkok und Schanghai setzten sich in meinen Gedanken fest. Um seinen Geschichten Nachdruck zu verleihen, kramte Albert Fotos aus seinem „Seesack“; die Fernwehfackel brannte lichterloh. Es war klar, dass ich sehr bald die Bananenfahrt unterbrechen würde für meine Reise in „Das Land der Lächelns“.

Ich folgte meinem inneren Kompass und musterte in Hamburg ab. Am Schuppen 42 steckte mir ein Schauermann eine Hand reifer Bananen zu: „Damit du bis zu deinem nächsten Dampfer nicht vom Fleisch fällst“, meinte er. Ich hatte zwar keine neue Heuer, aber ein Ziel. Ich schlug im Hamburger Telefonbuch nach und merkte mir die Adressen der zwei wichtigsten Ostasiencompanies, brachte mein Gepäck zur Aufbewahrung zum Hamburger Hauptbahnhof und lief die wenigen Schritte zum nahegelegenen Ballliendamm, zur Residenz der Hapag Lloyd Reederei an der Binnenalster.

Im Vergleich zur Trostbrücke 1, dem Sitz meiner letzten Reederei, war bei Hapags alles größer, gediegener, bürokratischer, kurzum, formaler. Man hatte mich schon darauf vorbereitet, dass die Leute bei Hapags sich alle Siezen, dass man auch als Assi an Bord Uniform tragen müsse. Wahrscheinlich passten meine Körpermaße nicht zur Schablone. Mit einem ablehnenden Achselzucken gab man mir Seefahrtbuch, Zeugnisse und Gesundheitskarte zurück. In der Mattentwiete hatte ich Glück, die Rickmers Reederei brauchte einen E-Assi für ein Schiff, das sie gerade von der Bremer DDG Hansa gekauft hatten und das an Dukdalben im Hamburger Oderhafen festgemacht hatte.

Da war es nun, dieses spürbare Pochen unter der Haut, das sich verstärkte, je näher ich meinem Ziel kam. An den Vorsetzen kletterte ich in eine Barkasse. Es war das erste Mal, dass ich auf diese Weise ein „Kommando“ antrat. Als wir uns der Willi Rickmers näherten, wurde mir ganz schwummerig, ja, etwas bang ums Herz, denn je näher wir kamen, wuchs vor mir ein gewaltiger Schiffskörper, der keine Ähnlichkeit mehr mit einem Bananenjäger hatte. Rund einhundertsechzig Meter lang und fast neunzehn Meter breit war das Schiff, dessen gewaltiges Ladegeschirr die Aufbauten bei Weitem überragte. Das Schiff, so erfuhr ich später, hat vorher "Kybfels" geheißen und gehörte zur Flotte der Bremer DDG-Hansa, die auf sperrige Schwerlasttransporte auf See spezialisiert war.

"Wenn Sie der neue E-Assi sind, dann kommen Sie mal gleich mit", wurde ich von einem ölverschmierten Overall angesprochen, aus dem ein Kopf mit kurzen Haaren ragte. Ich nickte. "Helmut Saebel, Ihr Blitz“, stellte er sich vor, „werfen Sie noch mal einen Blick auf den Hamburger Hafen, den werden Sie vorerst nicht wiedersehen.“ Das wollte ich ja auch nicht, frohlockte eine innere Stimme. Ich wollte ja nach Ostasien. "Wissen Sie“, erzählte Saebel munter, „Sie haben Glück gehabt. Es war schon ein anderer da, der hatte es aber vorgezogen, der vielen Arbeit aus dem Weg zu gehen. Er ist auf einem Kümo nach Finnland verduftet.“

Das klang zwar bedrohlich, schreckte mich aber nicht. Ich war es gewohnt, zuzupacken. "So, jetzt müssen wir uns aber beeilen, in zwei Stunden verholen wir nach Bremerhaven in die Werft und bleiben dort voraussichtlich 14 Tage", überraschte mich mein Chefelektriker, „die beiden MAN-Hauptmaschinen müssen überholt werden, sonst kommen wir noch nicht einmal um Cap Finistere herum", orakelte er. „Und was ist mit China?“, fragte ich. „Gemach, gemach“, beruhigte er mich er, "da fahren wir anschließend hin."

Helmut hatte es eilig, mir meine Kammer zu zeigen und mir einen Blitzkurs in Willi-Rickmers-Schiffskunde zu geben. „Hier im Achterschiff wohnen Maschinisten und Decksziegen. Die Nautiker und der Funker haben mittschiffs ihr Quartier. Bei Schlechtwetter haben die schlechte Karten. Dann traut sich kein Steward nach vorn. Bei ganz rauer See wie bei einem Taifun, gehen nur noch Lebensmüde an Deck“, dozierte Helmut mit einer gewissen Schadenfreude, „so einen Taifun habe ich schon erlebt.“

Für die Übergabereise war mehr Personal an Bord, als die Bemannungsrichtlinien vorschrieben. Deshalb hatte ich das Glück, achtern in einer Passagierkammer an Backbord auf dem Bootsdeck untergebracht zu sein mit Blick voraus über das gesamte Schiff. Ein eigener Duschraum mit WC vervollständigte den ungewohnten Luxus.

Ich hatte kaum Zeit, mich an den Luxus zu gewöhnen. Mein Chef trieb mich zur Eile an. „Sie müssen vor dem Auslaufen noch die wichtigsten Stationen an Bord kennenlernen. Bei dieser alten Dame weiß man nie, was auf einen zukommt. Aber zuerst der Papierkram.“ Wir besuchten den Funker. Ihm händigte ich mein Seefahrtbuch aus. Kapitän Mayer freute sich, dass einer aus seiner Nachbarschaft, aus Buxtehude, zu seiner Besatzung gehören würde. Dann endlich ging’s ans Eingemachte: Vorschiff, Ankerspill, Radarcheck, Heckspill, Rudermaschinen, also das übliche Kontrollprozedere wie auf jedem anderen Schiff vor dem Auslaufen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Die Anlagen müssen zu jeder Zeit funktionieren. Sonst droht Havarie.

Die Luft im Maschinenraum war öldunstgeschwängert. Schotten, die vormals weiß gestrichen waren, waren verrußt. Auf den Flurplatten Öllachen. Zwei Zweitakt-Dieselmotoren mit je fünf Zylindern standen nebeneinander. Zwischen ihnen ein Arbeitsgang. Achtern der Leitstand mit Füllschieber und Maschinentelegraf. "Das sind doppelt wirkende Maschinen", erklärte der 2. Ingenieur Glade, der sich zu uns gesellt hatte, "die haben Explosionsräume an der Ober- und Unterseite der Kolben. Beide Maschinen bringen es leicht auf 8.000 PS.“

Jetzt wurde es für mich interessant, denn drei bullige Dieselaggregate trieben die Generatoren an, die Strom für eine größere Dorfgemeinde liefern könnten. „Das sind unsere „Herz-Schrittmacher“, meinte Helmut, „ohne die läuft auf keinem Schiff was.“ Wie recht er haben sollte, ahnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht. Aber ich befand mich nun auf gewohntem Terrain. Denn im Grunde gleichen sich die Systeme auf allen Schiffen. Im Geiste waren wir auf das Auslaufen vorbereitet. Doch ich stand plötzlich „unter Strom“, als der Maschinentelegraf schrillte und der Zeiger auf „Maschine Achtung“ rückte. Das Maschinenpersonal entfaltete die festgelegte Routine. Kompressoren Stand-by, Pressluftflaschen zum Anlassen der Hauptmotore öffnen, Hauptmotore durchblasen, Indikatorventile schließen, Meldung an die Brücke: "Maschine fertig."

Das Verholen von einem Hafen zum anderen war eine kleine Generalprobe für mich. Die wenigen Stunden Revierfahrt auf Elbe und Weser nach Bremerhaven in die Werft schärften meinen Blick für den Schiffsbetrieb. In Bremerhaven blieb kaum Zeit, Luft zu holen. Die letzte Leine war noch nicht fest, da waren die Werftspezialisten schon an Bord. Der 2. Ing. und der 1. Offizier erläuterten den Vormännern die Revisionspläne und trieben zur Eile an. Time is money, war ihr geflügeltes Wort. Auch wir Elektriker packten an, denn es war üblich, nach der eigenen Überholungsroutine an elektrischen Anlagen den Maschinisten zu helfen. Schließlich war auch die letzte Schraube eingesetzt, Probeläufe absolviert, Reserveteile an Bord genommen und verstaut – alles war klar zur Reise. Im Maschinenraum sah es immer noch aus, als hätte man den Müll der Freien und Hansestadt Bremerhaven da hineingekippt. Aber – jede Sekunde, jede Minute, jede Stunde, jeder Tag kostet dem Reeder Geld. Hausputz könne man auch auf See machen, hieß es. Mir war das nur Recht.

Die Willi Rickmers hatte gut geladen. In den Schiffsräumen lagerten Maschinen, kleine Elektrizitätswerke, Textilien und andere Stückgüter, an Deck waren ausrangierte Omnibusse und Lkws für Tripolis festgelascht. "Sechzehn Knoten, mehr macht sie nicht", erklärte mir Helmut Saebel. Eine lahme Ente im Vergleich zu einem 23-Knoten-schnellen Bananenjäger, dachte ich, behielt das aber für mich. Wir pflügten durch den englischen Kanal, passierten Dover, Cap de la Hague, Ile D’Quessant, die Biskaya und ließen das berühmt berüchtigte Cap Finistere, das von Seeleuten auch Cap Finster genannt wird, an Backbord liegen. Wenn das Wetter einigermaßen mitspielt, werden wir Schanghai in gut dreißig Tagen erreicht haben, errechneten die Nautiker. Dafür lebte ich nun.

Während der Atlantikpassage Richtung Gibraltar fühlten wir uns im warmen Maschinenraum recht wohl. Das Gepolter der Maschinen war ja nichts
Neues und der Rhythmus hörte sich an wie „nach China, nach China“. Zwischendurch knallten mal Buchsen an den Hauptmotoren durch und heiße, rußige Abgase vernebelten den Maschinenraum, aber sonst lief alles nach Plan. In Ceuta, gegenüber von Gibraltar, bunkerten wir Brennstoff und setzten die Fahrt fort mit Ziel Port Said, Ägypten.

Die Willi Rickmers alias Kybfels wurde 1954 in den Dienst gestellt. Wind und Wetter, Seewasser und Korrosion hatten an unserem Schiff genagt. Brüchige Kabel mussten an Deck ausgetauscht werden. Die elektrischen Gleichstromwinden hatten zeitaufwendige Intensivpflege und Wartung bitter nötig, denn die Häfen, die wir ansteuern sollten, hatten kaum Kräne und die Fracht wäre dann mit eigenem Geschirr zu löschen. Fällt so eine Ladewinde aus, stoppt die Entladung der Fracht, die Liegezeit verlängert sich. Das kostet Geld. Zeit ist im Schiffsbetrieb also eine Währungseinheit und die Besatzungsmitglieder sind die Währungshüter, die auf vorbeugende Instandhaltung und nicht auf Verschleiß setzen. Nach Ceuta hatte die Willi Rickmers Kurs auf Algier genommen. Nächste Ziele waren Tripolis in Libyen und Port Said in Ägypten.

Die Arbeit machte wirklich Freude, wenn da nicht die Frau des Chiefs gewesen wäre. Sie war zwar von keinerlei Sachkenntnis getrübt, erzählte aber den Matrosen, wie und wo sie Farbe auszubessern hätten. Auch mich suchte sie heim und erklärte mir, wie ich die Kupferkontaktbahnen der elektrischen Anlasser der Winden optimal reinigen könnte. Das hätte ihr Mann, der Chief ihr erzählt, schwadronierte sie bis zu dem Tag, als wir uns unisono ihre Einmischung verbaten.

Die Einmischung der Dame hatten wir schnell als Betriebsunfall abgehakt. An Bord entwickelte sich eine gute Kameradschaft. Die älteren, erfahrenen Ostasienfahrer ließen auch die Newcomer etwas gelten. Es gab viel zu erzählen, man organisierte Spiele und auch kleinere Feste, sodass rundherum alle zufrieden waren. Es wurde viel gelacht und gesungen, denn auf einem Schiff gibt es immer einen, der ein Instrument bei sich hat und mit Musik und Gesang die Seeleute bei Laune hält.

Wir näherten uns Tripolis. Viele von uns machten Post. Schrieben Briefe an Angehörige und Freundin. Ich schrieb meinen Eltern, denn in Hamburg hatte ich nur wenig Zeit, nach Hause zu fahren. Nun sollten sie in Buxtehude wissen, dass ich wohlbehalten und mit einer tollen Crew nach China unterwegs war. Ing.-Assi Heino und ich planten in Tripolis einen Landgang. Der Pinneberger hatte vor, nach dieser Reise in Hamburg die Schiffsingenieurschule am Millerntor zu besuchen. Heino war einen Kopf größer als ich und in Tripolis übernahm er die Führung. Schon bald waren wir klatschnass geschwitzt. Wir retteten uns unter die Arkaden der im französischen Kolonialstil erbauten Häuser.

Ein farbenprächtiges Bild bot sich uns. Tief verschleierte Frauen und Männer im traditionellen Burnus bevölkerten die Straßen. Fremdenlegionäre in schmucken Kakiuniformen mischten sich unter die Passanten. Mehrmals widerstanden wir der Versuchung, die Basare auszukaufen. Gold- und Silberschmuck, Schnitzereien, gehämmerte Messingbecher, Gewürze, Kuchen und farbenprächtige Tücher – die feilgebotenen Waren erhöhten die Frequenz der Herzen.

Wir begnügten uns mit kleineren Souvenirs, etwa mit einer mit Ziegenfell bespannten Tontrommel, mit ausgesuchten Gewürzen und einem kleinen Ring aus purem Gold. Menschen, Basare, Kamelsättel, Gewürzduft und andere Eindrücke ließen wir bald zurück, denn die Liegezeit war nur kurz. Die Busse und Lkws waren entladen. Der Landgang war zu Ende. Die Gangway wurde eingeholt. Mit dem Kommando „Leinen los“ begann die nächste Etappe.

"Wenn wir in Port Said ankommen, musst du alles, aber auch wirklich alles verschlossen haben", warnte mich Helmut Saebel, mit dem ich mich fortan duzte. "Die fliegenden Händler sind flink, die kommen über jedes Fallreep, über jede Festmacherleine an Bord. Mit ihren wieselflinken Fingern zaubern sie dir alles, was nicht Niet- und Nagelfest oder weggeschlossen ist, weg.“ Als wir in Port Said Anker warfen, schoss sogleich eine Armada an Nachen, Motorbooten und Flößen auf unser Schiff zu. Hagere Männer und Kinder reckten uns dünne Arme mit schmalen Händen entgegen und lange Finger umklammerten Kinkerlitzchen, die sie zum Verkauf anboten. Ich kehrte eiligst zu meiner Kammer zurück, verriegelte die Fenster und verschloss die Tür.

Zurück an Deck erwartete mich Chaos. Die ägyptische Invasion war in vollem Gang. In Windeseile verwandelten sie das Hauptdeck in einen Basar. Schlangenbeschwörer sah man. Ein Araber mit breitkrempigem Hut und knielangem Mantel erregte unsere Aufmerksamkeit. Blitzschnell griff er mit einer Hand unter den Mantel, zog sie wieder heraus und aus der geschlossenen Faust lugte ein goldgelbes, lebendes, piepsendes Küken. Dann ergriff er mit der anderen Hand den Kopf des Kükens, riss daran, der Schreck fuhr uns durch die Glieder. Wir dachten, er würde dem Küken den Kopf anreißen. Aber er öffnete beide Hände, in denen zwei Küken piepsten. Natürlich wollte er uns den Zaubertrick verkaufen, aber wir winkten ab.

Nicht weit vom Zauberkünstler war ein Friseurstuhl aufgestellt. „You like hairdressing Sirrrr“, hört man von der einen Seite, daneben preist ein anderer „Sirrr, a camel saddel for your son, Sirrrr“, an. Plötzlich richtet sich eine Hasselblad auf uns. „A picture for your family in only twenty minutes, Gentlemen.“ Alles in allem war das eine gelungene Veranstaltung. Ein grimmig dreinblickender Polizist sorgte für Ordnung.

Bei aller gelungenen Folklore – unser Schiff musste durch den Suezkanal und wir waren für den Nachtkonvoi eingeplant. Die Nachtfahrt erforderte eine besondere Vorbereitung. Im Kabelgatt im Vorschiff war der Suezscheinwerfer untergebracht. Er musste an Deck gehievt und auf seiner Halterung montiert werden. In dem Scheinwerfer waren zwei zweitausend Watt Glühlampen in ihren Fassungen drehbar gelagert. Zwischen den beiden Lampen geteilte Hohlspiegel, mit denen man die Lichtschenkel auf die beiderseitigen Ufer des Kanals einstellen konnte. Für die Lotsen ist die nächtliche Beleuchtung wichtig, denn dabei werden die Ufermarkierungen angestrahlt. Fällt eine Lampe aus, steht der Lotse praktisch im dunklen und ein Schiff würde unweigerlich auf Grund laufen. Deshalb die doppelte Lampeninstallation und deshalb muss der Scheinwerfer während der ganzen Nacht von den Elektrikern betreut werden.

Ich sollte den Suezkanal später noch öfter passieren. Das Schönste an der Passage waren die Nachtfahrten unter klarem Sternenhimmel mit unzähligen Sternschuppen und ebenso vielen Wünschen. Nach gut zwanzig Stunden hatten wir Port Suez erreicht. Der Lotse ging von Bord und weiter fuhr das Schiff durch den Golf von Suez, durch das Rote Meer nach Djibuti in Somalia, das heute eher bekannt ist als Piratennest. Wir bunkerten Treibstoff für den längsten Teilabschnitt unserer Seereise durch das Arabische Meer und dem Indischen Ozean, durch die Malakkastraße nach Singapur, unserer nächsten Bunkerstation.

Je tiefer wir in den Osten eindrangen, umso größer war der Informationsbedarf. Lag es an der tropischen Luft, die wie ein unsichtbarer Schleier über dem Meer hing? Die Stunde der Nautiker hatte geschlagen. Denn nur sie waren in der Lage, unseren Wissensdurst zu befriedigen. Gern gaben sie Antworten auf die bohrenden Fragen. Wann passieren wir die Malediven, wann Ceylon, wann erreichen wir die Inselwelt Indonesiens?

Wir erreichten den Großen Kanal, jene enge Wasserstraße, die die zahlreichen kleinen Inseln der indischen Nikobaren von Sumatra trennte. Eine anstrengende Revierfahrt stand uns bevor. Auf der Brücke herrschte Ruhe. Ein erfahrener Matrose hatte das Ruder übernommen, nachdem der Autopilot abgeschaltet worden war. Helmut bat mich, die zweite Rudermaschine zuzuschalten. Der Umschalter war am Schott in der Kartoffellast montiert, einem muffigen, dunklen, verschlossenen Raum im Achterschiff. Im Normalfall ist die manuelle Steuerung der Rudermaschinen Routine.

Aber was jetzt passierte, war eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ich wollte die zweite Rudermaschine zuschalten, doch der Schalter hakte. Er blieb sozusagen in einer Nullstellung, die auch die erste Rudermaschine stromlos machte. Ich riss am Schalthebel, doch es tat sich nichts. Das Ruder auf der Brücke reagierte nicht. Der Kapitän befahl Maschinen stopp und volle Kraft zurück, um die Fahrt aus dem Schiff zu nehmen, denn wir näherten uns bereits einer der vielen kleinen Inseln, die jetzt bedrohlich wuchs. Der Generalalarm wurde ausgelöst.

Infolge des Chrashmanövers gingen die Generatoren in die Knie, der Überlastungsschutz sprach an und die Hilfsdiesel gaben ihren Geist auf – das Schiff war kurze Zeit manövrierunfähig. Die Ingenieure im Maschinenraum überlegten nicht lange. Zu oft hatten sie schon einen Blackout erlebt. Sie starteten einen Hilfsdiesel nach den anderen und sorgten so für die überlebenswichtige elektrische Versorgung des Schiffs mit Strom. Unterdessen unterstützte mich Helmut. Provisorisch behoben wir den Schaden am Umschalter und brachten die Rudermaschinen zum Laufen – das Schiff nahm wieder Fahrt auf.

Was ich erlebt hatte, war der Supergau auf einem Schiff und ich sah mich plötzlich im Auge eines Taifuns eines emotionsgeladenen Chiefs. Auch unsere sachlichen Erläuterungen brachten ihn nicht auf die Planken zurück. Dass der Rudermaschinenumschalter offensichtlich nie gewartet worden war, nahm der Chief nur am Rande zur Kenntnis und er behandelte mich wie einen Saboteur. Nur dem energischen Eingreifen von Kapitän und Chefelektriker war zu danken, dass sich die Obsession des Chiefs in Grenzen hielt. Den angedrohten „See-Sack“ musste er zurücknehmen.

Diesen Zwischenfall habe ich nie vergessen. Wir waren in einer bedrohlichen Situation, in der alle und alles in Gefahr waren. Der Groll gegen den Chief verflog alsbald. An Landgang in Singapur war für mich aber nicht zu denken. Zu sehr beschäftigte mich die Beinahekatastrophe. Helmut und ich setzten den Havarieschalter instand und überlegten, wie die Umschaltung der Rudermaschinen verbessert werden könnte.

Wehmütig stand ich an Deck und sann über Entgangenes nach, als in Singapur die Gangway eingeholt wurde. Die Treibstofftanks waren bis zum Rand gefüllt. Aber erst mussten wir Hunderte kleiner Inseln Malaysiens zwischen Singapur und Borneo passieren. Dann lag der lange Törn durch das Südchinesische Meer vor uns. Die Tagesroutine holte uns sehr bald ein. Jetzt überholte ich die elektrischen Installationen der großen Maste. Zwischen den Deckhäusern bis zu den Toplampen waren Kabel zu erneuern. Schicht um Schicht alter Farbe war dabei im Weg. Die Schellen mussten teilweise mit Hammer und Meißel abgeschlagen werden. Die Ummantelung der Kabel zerbröselte in den Händen; Es war mit Drahtgeflecht aus Stahl armiert. Salzwasser war durch Risse in der Deckfarbe gekrochen und hatte die Oxidation des Metalls beschleunigt.

Ich war der wohl glücklichste Mann an Bord. Solange ich in den Masten hing, Kabel, Steckdosen und Lampen austauschte, hatte ich nicht nur einen Platz an der Sonne, sondern nach den Nautikern auch die beste Aussicht. Exotische Frachtensegler sah ich, Dschunken und Sampans krochen buchstäblich zwischen amerikanischen, französischen und chinesischen Kriegsschiffen umher. Kein Wunder, denn an Backbord lag Vietnam und voraus das kommunistische China.

Die Beschaulichkeit wurde jäh unterbrochen. Der Funker gab Unwetterwarnung. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde angelascht, vertäut und festgezurrt. Mein Platz war jetzt im Maschinenraum bei den Generatoren. Über uns tobte ein Taifun. Ächzend drehte und wand sich die Willi Rickmers in den haushohen Wellen. Wir hielten uns an Relings, Rohren und Maschinenteilen fest. Die Stöße der genieteten Stahlplatten des Schiffsrumpfes schienen zu atmen, schoben sich zusammen oder gingen auseinander. Mir wurde flau im Magen.

Irgendwann legte sich der Sturm. Geschlafen und gegessen hatte ich nicht. Die alten Hasen schmunzelten. Sie kannten das Spiel des unberechenbaren Chinesischen Meeres. Bald hatten wir die Formosa-Straße, Taiwan an Steuerbord, passiert und Schanghai erreicht. Ende der Seereise.

Nachdem das Stückgut größtenteils entladen und die Lademarke seitlich am Schiff gut sichtbar war, ging die Willi Rickmers auf dem Jangtsekiang vor Anker. Was dann folgte, möchte ich lieber in Plattdeutsch festhalten: „Disse Geschicht is lögenhaft to vertellen, awer wahr is se doch! Wahr mutt se doch sein, anners kunn man se jo nich vertellen!“

Ohne Flax: Kaum hatten wir Anker geworfen und die Gangway war weggefiert, stürmten scheinbar Hunderte kleiner Chinesen an Bord und verteilten sich in Windeseile wie von unsichtbarer Hand gesteuert in Gruppen an Deck, oder verschwanden in der Maschine. Bündel um Bündel an Tauen wurde an Deck gehievt und Bretter für Stellagen, die außenbords gehängt wurden. Mit Rostpickeln und Drahtbürsten bewaffnet kletterten die Chinesen auf die Stellagen und begannen zu hämmern. Es war ein ohrenbetäubender Lärm an Bord. Schon bald schwamm das Schiff in einem Meer aus grünen, grauen und roten Farbsplittern. Bis zur Wasserlinie hämmerten und bürsteten die Söhne aus dem Land des Lächelns ohne Lächeln auf den Gesichtern die Bordwand. Im nächsten Arbeitsgang verteilten sie rote Bleimennige auf dem blanken Metall. Als alles trocken war, wurde als Deckanstrich das „Rickmers-Grün“ aufgetragen. Ein Farbton, der in etwa dem englischen Racing Green entspricht.

Währenddessen erlebten wir im Maschinenraum ebenfalls eine gelbe Invasion. Unsere neuen Mitarbeiter hängten Stellagen zwischen Schornstein und Bilge ab und balancierten darauf mit Eimern und Putzwolle in den Händen. Mit scharfem Sodawasser wuschen sie den Ruß von den Schotten. Es war unheimlich und spannend zugleich, wie es im finsteren „Kohlenkeller“ nach und nach heller und mit frischer weißer Farbe schließlich ganz hell wurde. Ein Wunder war geschehen.

Nachwort

Während man sich in Hannover bemüht, Erinnerungen an die Expo 2000 zu pflegen, geschah im fernen China ein Wunder. Das Land, abgekapselt vom Rest der Welt, geprägt von strengem Maoismus, hat eine Metamorphose durchlebt und sich für den Rest der Welt geöffnet. Die Expo 2010 als kulturelles Schaufenster der Welt ist der Beweis dafür.

Das Bild von Schanghai hat sich gewandelt. Architekten, Wolkenkratzer, Flaniermeilen und Bürohäuser haben den Veränderungsprozess begleitet. Altes musste Neuem weichen. Und doch ist es den chinesischen Stadtplanern bei aller Euphorie, „Wir können das auch!“, gelungen, Altes zu erhalten.

Wenn ich heute die Bilder des neuen Schanghai sehe, werden Erinnerungen wach an Erlebnisse, die ich dort vor vierundvierzig Jahren hatte und teilweise fotografierte, wenngleich das Fotografieren damals strengstens verboten war. Es gab nur wenige Stätten, wo das möglich war. Sozusagen unter der Hand sind einige Aufnahmen entstanden, die das Schanghai von damals zeigen.

Von Bord unserer „Willi Rickmers“ waren uns die Wege vorgezeichnet. Vom Pier am Jangtsekiang wurden wir per Fahrradrikscha über den Bund zu Seemannsklub gefahren. Der Bund ist heute eine prachtvolle Flaniermeile. Der Seemannsklub war der ehemalige Offiziersklub des Soldaten des britischen Empire und war bekannt wegen des längsten Tresens der Welt. Hier konnten die Seeleute wie Gott in China speisen, sich unter heißen Tüchern für eine Rasur vorbereiten lassen, sich eindecken mit maoistischer Propagandaliteratur, die in mehreren Sprachen vorrätig war.

In begrenztem Umfang konnten wir uns frei bewegen. Jeder Straßenzug hatte seine eigene Rote Garde mit Bühnen, auf denen Parolen skandiert wurden. Kam man als „Langnase“ vorbei, wurde man eingeladen zur Vorführung. Man wurde beklatscht und man las aus einem deutsch/chinesischen Brevier freundliche, Völker verbindende Phrasen chinesisch vor. Als Lohn gab es an jeder Ecke Maobuttons, für die ich später zuhause reißenden Absatz hatte.

Für einen jungen Burschen aus Buxtehude war damals die drangvolle Enge einer Stadt wie Schanghai völlig fremd. Menschenmassen schienen zu erdrücken. Erst sehr viel später wurde die „Einkind“-Epoche eingeleitet. Mit dem Außenminister Gerhard Schröder kam nach der Abschottung zur westlichen Welt 1966 erstmals ein deutscher Politiker nach China. Die Rickmers Reederei war aber traditionell mit China verbunden und durfte auch nach der Abkapselung des Landes seinen Linienverkehr in dieses Land aufrechterhalten.

Bürgerreporter:in:

Friedrich Schröder aus Springe

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