Billig will ich - oder: Eine Erinnerung wird wach

Dieser Artikel erschien am 15.1.2009 in der Heimatbeilage DEISTER ANZEIGER
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Stimmt, es war vor 50 Jahren, um 1959: Meine Familie war mitten in die Stadt gezogen und mein Schulweg änderte sich auf einmal. Ich konnte die Lange Straße entlang oder auf dem etwas kürzeren Weg über die Schulstraße. Aber auf dem ersten Weg war mehr los, da gingen noch andere aus der Klasse mit mir und es gab viele Schaufenster, - obwohl der Verkehr auf der B217 mitten durch den Ort schon nervte. Und auf diesem Weg kamen wir dann auch am "Süßen Kaufhaus" vorbei, der Schrecken der Eltern, das Groschengrab - meine Renner hießen unangefochten Kokosflocken (heute könnte man mich damit jagen!)

Und nun wird dieser Laden seine Pforten schließen. Die Kundschaft fehlt. Mir wird der Laden nicht fehlen, das zu behaupten wäre eine freie Erfindung - er liegt schon lange nicht mehr auf meinem Schulweg und mit den Süßigkeiten ist es auch vorbei.

Nebenan eröffnete vor gar nicht langer Zeit erst die Springer Tafel in einem ungenutzen Ladenlokal. Und damit schließt sich unausgesprochen der Kreis.
Auf der einen Seite des Hauses konnte es den Kunden nicht preiswert genug sein. Und weil auch "preiswert" noch zu teuer war, und man darum lieber mit dem Auto zum Markt auf der grünen Wiese fährt, weil da ja alles so viele billiger sei... wächst der Kundenstamm der Tafel auf der anderen Seite des Hauses.

Wie langen wollen wir unsere Widersprüche eigentlich noch aushalten: Auf der einen Seite ist der Mini-Lohn der Friseuse mit dem Prädikat "Ausbeutung" geschmückt und auf der anderen will ich aber auch nicht einen höheren Preis zahlen.
Auf der einen Seite schimpfen wir über die hohen Sprit-Preise und sonstigen Kosten für das Auto aber dann kaufen wir angeblich preiswert auf der grünen Wiese ein. Die Aufwendungen für den Fahrweg dorthin und zurück werden gar nicht erst echt ausgerechnet.

Die schönen süßen Sachen aus dem kleinen Laden nebenan können jetzt nicht mehr bei einem Bummel durch die Stadt erworben werden, kein beiläufiger Genuss. Nun liegt dazwischen ein Autoweg, der sinnlich süße Duft nach Zuckerwaren ist auch nicht mehr angesagt.
Je länger ich nachdenke, je weniger verstehe ich das ganze - unser Verhalten, unsere Widersprüche. Was wollen wir eigentlich erreichen mit der Rennerei nach BILLIG WILL ICH?

Am Sonntag steht in den evangelischen Gottesdiensten ein genau dazu passender Bibeltext als Predigtext im Mittelpunkt.
Ich ahne, da liegt eine Antwort -- ich werde mir diesen Text noch einmal in großer Ruhe ansehen für Sonntag!

Johannes 2
... in Kana in Galiläa wurde eine Hochzeit gefeiert. Die Mutter von Jesus war dabei, und auch Jesus war mit seinen Jüngern dazu eingeladen. Als der Weinvorrat zu Ende war, sagte seine Mutter zu ihm: »Sie haben keinen Wein mehr!« Jesus erwiderte ihr: »Frau, das ist meine Sache, nicht deine! Meine Stunde ist noch nicht gekommen.« Da wandte sich seine Mutter an die Diener und sagte: »Tut alles, was er euch befiehlt!« Im Haus standen sechs Wasserkrüge aus Stein, von denen jeder etwa hundert Liter fasste. Man brauchte sie wegen der Reinigung*, die das Gesetz vorschreibt. Jesus sagte zu den Dienern: »Füllt diese Krüge mit Wasser!« Sie füllten sie bis an den Rand. Dann befahl er ihnen: »Jetzt nehmt eine Probe davon und bringt sie dem Mann, der für das Festessen verantwortlich ist.« Sie brachten ihm eine Probe, und er kostete das Wasser, das zu Wein geworden war. Er wusste nicht, woher dieser Wein kam; nur die Diener, die das Wasser geschöpft hatten, wussten es. Er rief den Bräutigam zu sich und sagte: »Jeder bringt doch zuerst den guten Wein auf den Tisch, und wenn die Gäste schon reichlich getrunken haben, folgt der schlechtere. Aber du hast den guten Wein bis zuletzt aufgehoben!«

Bürgerreporter:in:

Christel Pruessner aus Dersenow

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