Frauenpower und die Barmherzigkeit

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Drei Frauen gestalteten diese Abendkirche.

Am Piano hatte sich Sahar Taherkhani mit dem Thema auseinandergesetzt und sie startete mit Debussy und der Prelude Bruyeres. Und schon da konnten die Besucher ihren Spielstil erleben. Auch bei dem später gespielten Nocturne Op. 27, Nr 1in Cis-Moll von Chopin war er zu genießen. Die Pianistin versteht es fast überzogen die zarten Töne bis ins nahezu nicht hörbare ebenso zu nuancieren wie die lauten Töne. Mit Musik von Ravel und am Schluss Ferhad Dehkhoda rundete sie ihr Musikprogramm so ab, dass sie rauschenden Applaus bekam.

Pastorin Hille de Maeyer hatte bei ihrer Einladung, diese Abendkirche zur Jahreslosung zu gestalten sofort einen Gedanken. Er kam aus ihrer Arbeit als Pastorin für das Handwerk, denn dort kommt sie mit Barmherzigkeit der besonderen Art in Berührung und so brachte sie die dritte Frau dieser Abendkirche mit: Iris Lehnert-Finke. Frau Lehnert-Finke leitet nebenihrem Mann, dem Meister, und vier Mitarbeitern einen Elektrofachbetrieb in Neustadt a. Rbge. Mit ihren Fragen zur vorher vorgetragenen Jahreslosung „Seid barmherzig“ zeigte die Pastorin, warum sie genau diese Frau ausgesucht hatte. Und Iris Lehnert-Finke erzählte:

Sie erzählte von den vergeblichen Versuchen, Mitarbeiter zu bekommen, obwohl der Betrieb gut vernetzt ist. Aber sie erfuhr von einem Integrationsprojekt für handwerkliche Ausbildung von Asylbewerbern. Und dort gab es konkret einen jungen Syrer, der 2015 allein geflüchtet, mit seiner Ausbildung in einem Großbetrieb nicht klar kam. Er hatte schon in seiner Heimat zwei Semester Maschinenbau studiert. Dass er einen starken Willen zum Fortkommen hat, bewies er schon vor dem Vorstellungsgespräch. Er wollte sicher sein, dass er trotz der schwierigen Verkehrsverbindungen zum Betrieb pünktlich war und kam mit dem Fahrrad. Und er stand quasi schon vor dem Betrieb als man noch glaubte, ihn irgendwo vom Zug abholen zu müssen. Und dann zeigte sich wohl sofort: Er war nicht nur motiviert – er bekam ein Praktikum und dann einen Lehrvertrag. Ehepaar Finke erkannte seine Sprachprobleme und half auch hier. Aber der Auszubildende hatte sich auch selbst gekümmert. Weil in Sprachkursen eben technische Begriffe nicht vorkommen, hatte er sich kurzerhand in einem kleinen Heft selbst ein Lexikon gebastelt. Man war und ist auch ein wenig stolz aufeinander: Die gut bestandene Zwischenprüfung, der schließlich erlangte Führerschein und heute schon die Erledigung kleiner Aufträge autark.

Frau Lehnert-Finke erzählte noch viel mehr – nachzuhören auf der Webseite der Kirchengemeinde -. Und dann fiel der entscheidende Satz: man muss gemeinsam bereit sein, sich auf den Weg zu machen. Und dieses Ehepaar hat sich gemeinsam mit einem jungen Menschen, dessen Familie noch immer weit weg ist, auf den Weg gemacht. Heute steht der Syrer kurz vor einem sicher erfolgreichen Abschluss einer Ausbildung. Und dann wird er weiter Teil dieses Unternehmens sein.

Es war zunächst still in der Kirche nach diesem Interview, nach diesen Erzählungen – sehr still.

Dann klang lautet und langer Applaus an. Und man konnte auch in feuchte Augen sehen.

Seid bamrherzig – nicht nur ein Spruch aus der Bibel: Gelebt.

Bürgerreporter:in:

Evelyn Werner aus Seelze

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