Das ist mir zu schwer, das soll der Teufel spielen

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Eindrucksvolles Konzert von Xurigoawa Boerzhijin, Horn und Wolfgang Kraemer am Flügel im Kultursaal Pöttmes

Im ausverkauften Kultursaal freute sich Baronin von Herman, dass es nun doch geklappt hat, endlich das Konzert in Pöttmes zu spielen welches schon in 2020 geplant war. „Selten kommen so viele Menschen nach Pöttmes, aber es ist auch der Durst nach Kultur“, so die Kulturreferentin. In 2020 konnte coronabedingt Ludwig van Beethoven, der typische Klavierkomponist, nicht so geehrt werden wie er es verdient hätte.

Beethoven ist der Gipfel einer Epoche, nämlich der Wiener Klassik. Das wundervolle Konzert im lichtdurchfluteten Kultursaal begann mit drei Sätzen aus der Sonate F-Dur für Horn und Klavier, op 17 von Ludwig van Beethoven.

Die Geschichte erzählt, dass der Komponist diese erst einen Tag vor der Aufführung im Jahr 1800 für den Hornvirtuosen Giovanni Punto zu Papier gebracht hat. Mit den Gedanken wieder in Pöttmes, beginnt das Horn solistisch, spielerisch das Klavier dazu und zusammen ist es eine wunderbare Tonkunst. Xurigoawa Boerzhijin, Horn und Wolfgang Kraemer am Flügel treten in einen Dialog zusammen und ergänzen sich so harmonisch, dass es eine wahre Freude war. Beide Musiker leben mit Herzblut ihre Instrumente.
Es geht weiter mit der Sonate Nr. 1 f-Moll op. 2 Nr. 1 für Klavier. Kraemer spielt so unglaublich gut, in unverwechselbarer Klangsprache, mit flinken Fingern und zunehmendem Tempo. Die Sonate ist bei allen unter Opus 2 veröffentlichten Werke Joseph Haydn gewidmet, bei dem Beethoven zwischen 1792 und 1794 Unterricht nahm. Es ist ein sehr individuell geprägtes Werk, setzt sich aber im musikalischen Ausdruck deutlich von Haydn ab.

Impromptu von Liedkomponist Franz Schubert op 90 Nr. As-dur, das vierte und letzte aus der Serie Op 90. Kraemer spielt das Stück am Flügel himmlisch und komplett auswendig. Es war ein musikalisches Erlebnis! Seine eigenen Werke allerdings mochte er nicht so wirklich selbst spielen. Er redete sich heraus: „Das ist mir zu schwer, das soll doch der Teufel spielen“! Kraemer allerdings sieht sich bestimmt nicht als Teufel und spielt diesen Schubert fast göttlich. Mit dieser Poesie der Musik zeigt Kraemer spielend, wie man Schubert auf beeindruckende Weise, lyrisch-liedhafter Form, auf dem Klavier wiedergeben kann. Das Impromptu in As-dur op. 90 Nr. 4 zählt dabei zu den populärsten Stücken der Klavierliteratur. Mit großem Ausdruck spielte Kraemer mit Fingerspitzengefühl auf dem Tasteninstrument und konnte in abwärts perlenden Arpeggien versinken.

Der Titel Wolfgang Kraemers Diplomarbeit lautete: Die weite Entwicklung der klanglichen Ausdrucksmöglichkeiten durch Claude Debussy. Sein Name fällt gemeinsam mit Impressionismus, was ursprünglich aus der Malerei kommt – Farben, Flächen, Verschwommen. Ce qu'a vu le vent d'ouest oder „Was der Westwind sah“ ist eine Komposition des französischen Komponisten Claudie Debussy. Der Komponist wechselt zwischen den Tonarten, was das Gefühl der Orientierungslosigkeit gibt. Der Titel des Stückes ist inspiriert von einem Märchen von Hans Christian Andersen. Debussy war bekannt dafür, eine Affinität zu Andersens Geschichten zu haben. Filigran und behauptend spielt der Pianist tatsächlich diesen Debussy auswendig, ausgezeichnet, musiziert er voller Erzählkraft. Bei Debussy stehen die Titel der Preludes erst am Schluss, damit der Zuhörer nicht beeinflusst wird.
Villanelle für Horn und Klavier von Paul Dukas steht als letzter Komponist auf dem Programm. Dukas studierte am Pariser Konservatorium Klavier, Harmonielehre und Komposition. Er unterrichtete unter anderem Olivier Messiaen. Exzellent spielt Xurigoawa Boerzhijin sehr lebendig auf ihrem Horn und zaubert durch „Stopfen“ interessante Klangfarben, die begeistern. Welch ein Erlebnis und welch eine Vielfalt! Beide Musiker ziehen alle Register ihres Könnens!

Mit tosendem Applaus wollten die Zuhörer eine Zugabe erhaschen. Diese bekamen sie auch, doch anders als erwartet. Anstatt der Zugabe Piano und Horn gab es einen Überraschungskandidaten. Kraemer konnte sehr interessant darauf hinführen und erweckte beim Publikum die Neugierde. Raunen und Unruhe durchstreifte den Saal, bis sich endlich die Lösung fand. Die Lösung hieß Christian Auer, er ist Tenor und kommt aus Obergriesbach. Auer ist Hobbysänger, hatte bereits bei Wolfgang Wirsching Gesangsunterricht. Auer singt seit seiner Kindheit, und an diesem wundervollen Abend in Pöttmes. In Begleitung von Klavier und Horn sang er einen Schubert „Auf dem Strom“, der Text stammt von Ludwig Rellstab aus dem Jahre 1828. Mit seiner Singfreude und Temperament war er eine Bereicherung!

Baronin von Herman war begeistert, was der Pianist aus dem Flügel „herausholen“ konnte. Sie sei schwer beeindruckt, wie die beiden Musiker zusammen harmoniert haben. Sie sagte: „Wenn man die Augen für einen Moment geschlossen hatte, hatte man das Gefühl die Musik komme aus einem anderen Raum in diesen Saal um noch präsenter zu sein“. Weiterhin: „Wenn dann einer nach Pöttmes kommt, sich in die letzte Reihe setzt und jetzt einen Schubert vorsingt mit dieser Feinheit… dann ist das schon etwas Besonderes“. Sie bedankte sich bei den drei Musikern mit einem Gastgeschenk und überreichte Wolfgang Kraemer zusätzlich noch einen Pöttmeser Teller als Zeichen ihrer Wertschätzung für 25 Jahre Kirchenmusiker und 10 Jahre Jubiläum in der evangelischen Gemeinde in Aichach.

Die in Obergriesbach lebende Xurigoawa Boerzhijin wurde in der Mongolei geboren. Ihren Bachelor absolvierte sie an der Nationalen Universität in Peking, agierte als Lehrerin im Fach Horn an der Hochschule in Hohot. Es folgen Aufbaustudien in Deutschland, sie spielte als Hornistin in Peking. Von 2017 bis 2021 ist sie Solist of Master im Fach Horn an der Hochschule für Musik in Detmold. Seit 2018 ist sie Lehrerin für verschiedene Blechblasinstrumente in den Musikvereinen Altomünster-Sittenbach und Kühbach, seit 2019 Dirigentin bei der Jugend-Blaskapelle Nördlingen.

Bürgerreporter:in:

Claudia Neumüller aus Kulmbach

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