Du bist gegangen, ohne ein Lebewohl, Manuel...

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Am Mittwoch haben wir uns von Manuel, meinem Neffen, verabschiedet. Manuel war von Geburt an gehörlos. Er hat sich eine Woche zuvor das Leben genommen und wir haben uns gefragt: Warum??
Weit über 200 gehörlose und gehörgeschädigte junge Menschen kamen aus allen Himmelsrichtungen nach Rimpar zum Abschieds-Gottesdienst und haben ihn anschließend zum Grab begleitet.
Wir haben versucht, sein Leben in den Blick zu nehmen:

"Liebe Familie von Manuel, ihr habt zugestimmt, dass für dieses Requiem, diesen Abschied von Manuel das Symbol des Schmetterlings stehen kann.
Dafür möchte ich Euch herzlich danken, denn es gibt kaum ein besseres Symbol, das unseren Glauben an die Auferstehung versinnbildlichen kann.

Krebskranke Kinder und Kinder im KZ bastelten und malten wie aus dem Unterbewussten heraus gerne bunte Schmetterlinge, Ausdruck der Hoffnung auf die Auferstehung auch in allen Religionen und Weltanschauungen.

Wer würde das Wunder der Entwicklung eines Schmetterlings für möglich halten, wenn man es nicht immer wieder in der Natur beobachten könnte?: Für die Raupe auf Stummelfüßchen, schutzlos und gekrümmt im Staub der Welt unterwegs und immer nur auf Nahrungssuche, scheint im „Sarg“ der Puppe das Leben zu Ende zu sein. Aber unter den Strahlen der Sonne befreit sich der Schmetterling aus dem „Grab“ und schwebt hinweg über alle Hecken und Abgründe.

Wir können uns sehr wohl die Zweifel einer stacheligen Raupe vorstellen, die meinte: „Was man ist, das ist man einfach. Alles andere sind Träume. Nie
mand kann aus seiner Haut heraus.“... Da, in diesem Moment, flog neben ihr ein wunderschöner Schmetterling auf.

Alles Leben ist auch Verwandlung: von der Geburt bis zum Tod. Das hörten wir eben auch in der Lesung. „Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib“, der nicht mehr Raum und Zeit unterworfen ist.
Uns bleibt für jetzt sozusagen, die leere Hülle des Kokons zurück, die wir nachher in die Erde senken.

Aber was Euren und unseren Manuel so lebendig und liebenswert machte, ist geblieben, schmetterlingshaft wunderschön in einen neuen, verwandelten Körper übergegangen, der über Raum und Zeit steht, den Sein Schöpfer Ihm für die Ewigkeit geschenkt hat.

Trotzdem möchten wir ihn festhalten - so wie er in unserer Mitte war, mit seinen Stärken und Schwächen, mit seiner Freude am Leben und mit seinen Begrenztheiten, auch mit und durch seine Behinderung.
Aber: auch, wenn es unglaublich schwer, traurig und mit vielen Tränen verbunden ist: Wir können und dürfen ihn nicht festhalten.

Jesus verweigert sich auch Maria Magdalena, als sie ihn erkennt: „Halte mich nicht fest!“ sagt er, liebevoll aber bestimmt, zu ihr.

Wer einen Schmetterling festhalten will, zerstört dieses zarte Gebilde.
Das können und müssen wir auch in unserem Leben immer wieder erfahren: Glückliche Stunden, Menschen oder Begegnungen festhalten zu wollen, heißt, sie zu zerstören. Aber die Sehnsucht auf die, um im Bild zu bleiben, „schmetterlingshafte“ Zeit darf in uns wachsen.

Unter den Strahlen der Sonne Gottes dürfen auch wir einmal aus der Enge des irdischen Kokons herausschlüpfen, um dann miteinander bei dem zu sein, der uns durch Tod und Auferstehung diese große Zukunft, diese Hoch-Zeit, ermöglicht hat.
Er, unser Erlöser, ist für uns diesen Weg gegangen: Er hat uns das Tor zum Himmel weit geöffnet, damit unser irdischen Tod die eigentliche Geburtsstunde, nämlich die für das ewige Leben wird:
Dort bei ihm zu sein, wo es keine Trauer, keine Tränen und keine Behinderung gibt, sondern nur noch Freude und tiefstes Glück.

Ihm, unserem Erlöser, empfehlen wir Manuel und uns an: Herr, lass Manuel und uns Flügel wachsen, die uns aus Krankheit, Not und Zweifel in die Sonne deiner Liebe tragen. Amen."
(Die ganz persönlichen Einzelheiten, die das Leben von Manuel auch ausgemacht haben, sind hier weggelassen).

Bürgerreporter:in:

Franz-Ludwig Ganz aus Rimpar

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