Massenmord an 30000 politischen Gefangenen im Iran geheim gehalten

Es gibt immer wieder Nachrichten, die einen erschüttern. Man verliert den Glauben an die Menschen und an die Politik.

Folgende Nachricht erhielt ich vom Menschenrechtsverein für Migranten e.V.
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Im August 1988 begannen in den Gefängnissen Irans systematische Massenhinrichtungen von politischen Gefangenen, die bis Anfang 1989 andauerten. Unter den Opfern waren Tausende von Gefangenen, die schon jahrelang in Haft waren und gegen sie verhängte Freiheitsstrafen verbüßten. Auch zahlreiche ehemalige politische Gefangene wurden in dieser Zeit erneut
vorgeladen, in Haft genommen und „verschwanden“ dann spurlos. Die meisten der Hingerichteten gehörten der Oppositionsbewegung Volksmudschahedin (PMOI) an.

Das fundamentalistische Regime versucht bis heute, dieses Massaker geheim zu halten. Augenzeugen und Familienangehörige wurden eingeschüchtert und bedroht, damit keine Informationen darüber an die Außenwelt gelangen. Nach Schätzungen fielen diesem staatlich organisierten Massenmord ca. 30000 Menschen zum Opfer. Viele der Hingerichteten wurden von ihren Henkern in namenlosen Massengräbern verscharrt. Bekannt geworden ist das Khavaran-Gräberfeld im Süden Teherans, wo Angehörige und Freunde der Opfer sich regelmäßig versammeln, um der Toten zu gedenken. Auf diesem vom Regime
zum „Friedhof der Verdammten“ deklarierten Areal herrscht ein strenges Versammlungsverbot, und auch die Grabpflege ist untersagt. Trotzdem kommen die Hinterbliebenen hier immer wieder zusammen und nehmen dafür Repressalien durch die Regimepolizisten in Kauf.

Der Menschenrechtsverein fordert, dass die Verantwortlichen für das Gefängnismassaker von der internationalen Menschenrechtsjustiz zur Rechenschaft gezogen werden. Derartige Verbrechen gegen die Menschlichkeit dürfen nicht straflos bleiben, gleichgültig wann sie begangen wurden.

Im Rückblick: Das Gefängnismassaker des Jahres 1988 im Iran „Ganze Generationen intellektueller Opposition ausgelöscht“. Im Frühjahr und Sommer 1988 wurden in mehreren Gefängnissen Vorkehrungen getroffen, die man im Rückblick als Vorbereitung der Exekutionen werten muss. Die Kontakte zu den
Angehörigen wurden abgebrochen. Gefangene wurden nach Partei- und Gruppenzugehörigkeit sortiert und teilweise zu neuen Verhören abgeholt. Die oft aus mehreren Personen bestehenden Verhör-Komitees stellten Fragen nach dem Glauben und der Gebetspraxis der Gefangenen. Die Befragungen erinnern an Inquisitions-Tribunale, in denen man eine "richtige" Antwort kaum geben kann, weil alles darauf abzielt, Abtrünnigkeit nachzuweisen.

Die Hinrichtungen fanden innerhalb weniger Wochen statt: So wurden in Evin im
Halbstundentakt Gefangene erhängt, oft an extra herbeigeschafften Kränen zu fünft oder sechst, damit es schneller ging. Als diese Methode zu zeitaufwendig wurde, ging man zu Erschießungen über, die man wegen der verräterischen Geräusche vorher vermieden hatte. Mit Lastwagen und Hubschraubern wurden die Leichen aus den Gefängnissen geschafft und in Massengräbern verscharrt.

Im Herbst 1988 wurde das Besuchsverbot aufgehoben. Familien erhielten an der Gefängnispforte einige Habseligkeiten ihrer Angehörigen und die Mitteilung, dass sie nicht mehr lebten. Darüber hinaus wurde ihnen bei Androhung von Strafe absolutes Schweigen auferlegt sowie der Verzicht
auf öffentliche Trauerfeierlichkeiten.

Bemerkenswert ist, dass es die iranische Regierung bis heute vermocht hat, diese Hinrichtungswelle, die den Tatbestand eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit erfüllt, vor der iranischen und der Weltöffentlichkeit weitgehend verborgen zu halten und zu leugnen. Ganze Generationen intellektueller Opposition wurden in dieser sorgfältig durchgeführten Hinrichtungsaktion, die in der jüngeren Geschichte Irans ohne Beispiel ist, ausgelöscht. Die Verantwortlichen für dieses Massaker sind zum Teil bekannt. Neben Khomeini, der damals eine Fatwa gegen die "Feinde der Revolution" erließ, sind dies auch Mitglieder des jetzigen Regierungsapparates. Beweise sind nur schwer zu beschaffen, weil es bis heute in Iran keine unabhängige Justiz gibt. Iranische Menschenrechtsgruppen und Journalisten im Exil arbeiten unermüdlich daran, diese Verbrechen dem Vergessen zu entreißen und Zeugenaussagen zu
sammeln.

Nach einem Bericht in ZEIT ONLINE, 6. September 2008, zum 20. Jahrestag des
Gefängnismassakers

Bürgerreporter:in:

Bernhard Eber aus Günzburg

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