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Den "Petrus" und Umliegendes unter die Lupe gernommen

"Mehr Chancen als Risiken", übertitelt Bernd Rindle (rppr) einen Essay, der entstanden ist, nachdem er mit "Wir in Neu-Ulm" einen zweistündigen "Stadtspaziergang" rund um das Herz Neu-Ulms, den Petrusplatz, mitgegangen war. Sein Fazit: "Der WIN-Stadtspaziergang zeigt Handlungsbedarf und weist Wege zur urbanen Qualitätsentwicklung." Mit Rindles freundlicher Erlaubnis posten wir seinen Beitrag hier auf ulm-news. Eine Fotostrecke findet man hier.

Dem Berliner Nachkriegsbürgermeister Ernst Reuter („Schaut auf diese Stadt“) folgend, haben WIN-Mitglieder, interessierte Bürger, Stadtpolitiker und Medienvertreter beim gestrigen Stadtspaziergang besonders genau hingesehen, zumal diese Bestandsaufnahme über einen Mehr-Stufen-Plan letztlich zu einem attraktiven, lebens- und liebenswertem Neu-Ulm mit eigenem Profil führen soll. Damit entsprechende Visionen real werden und nicht als Fiktionen verharren, setzt WIN-Vorsitzender Heinz Koch auf Pragmatismus und will zuerst die Rahmenbedingungen für den großen Wurf schaffen. Was quasi nach dem Motto „erst der Besen, dann das Reißbrett“ mit der Beseitigung der gröbsten Mängel und Hemmnisse beginnen soll.

Ein Spaziergang dient allenthalben der Erbauung. Er kann aber, wie im Falle der Innenstadtbegehung der Initiative „Wir in Neu-Ulm“ (WIN), auch ernüchtern angesichts der obwaltenden Umstände: viel Verkehrslärm, wenig Flair, volle Straßen, leere Plätze und ein enges Korsett amtlicher Regelungen. Gleichwohl sind die Spaziergänger im Rahmen ihrer Bestandsaufnahme auch auf urbane Kleinodien mit großem Entwicklungspotenzial gestoßen.

So wurden bei Zug durch die Gemeinde bereits beim Entree auf der Herdbrücke zerbrochene Laternen als schlechte Visitenkarte der Stadt ausgemacht, wobei auch mangels breiter Radwege die häufige Nutzung der dortigen Bürgersteige durch Radler Unmut erzeugte. Ein regelrechtes Gefahrenpotenzial entdeckten die Spaziergänger an der Donaustraße, wo Radfahrer den Fußweg entlang der Donau nutzen dürfen, was immer wieder zu Kollisionen mit Fußgängern und Radlern führt, die von der kleinen Schwal-Brücke kommen.

Dagegen gab es ausgerechnet an jenen Orten, die eigens zum Verweilen angeboten werden, keine Spur von Publikums-Verkehr – was dem Straßen-Verkehr geschuldet ist. „Möchte hier jemand gerne freiwillig sitzen“, fragte Heinz Koch durch den Marienstraßen-Lärm und wies auf den Brunnen vor dem Donaucenter. Ein Pegel, der einen fortan rund um den nahezu leeren Petrusplatz, der heimlichen Mitte Neu-Ulms, begleiten sollte.

An Ideen, publikums- und imageträchtige Veranstaltungen in Neu-Ulm anzubieten, herrsche kein Mangel, machte Heinz Koch gestern deutlich. Er ließ aber auch keinen Zweifel an den zuvor nötigen Verbesserungen der Rahmenbedingungen. Eine dringende Kernforderung gilt der Verkehrsberuhigung. Koch denkt in diesem Zusammenhang an jene Regelung, die auch in Ulms Neuer Mitte Anwendung findet: Tempo 20 – von der Herdbrücke bis zum Neu-Ulmer Rathaus. Auf diese Weise werde als Nebeneffekt auch der räumlichen Nähe der beiden Innenstädte dies- und jenseits der Donau Rechnung getragen.

Freilich nicht unter Aufgabe des eigenen Profils – im Gegenteil: „Besucher sollen deutlich erkennen, dass sie auf der anderen Seite der Brücke nach Bayern kommen.“ Gerne auch durch bajuwarische Symbolik – ob sie nun beim „Grenzübertritt“ von Lederhosenträgern begrüßt werden oder eine Stadtführung von Weißwurst und Brezeln flankiert wird.

Eine Führung durch eine Stadt, als deren Zentrum der Petrusplatz zu definieren sei, dessen Umgebung man, vor allem die Friedenstraße, auch durch Pflanzmaßnahmen vor schnellem Durchgangsverkehr schützen könne. Wobei Koch neben dem Verkehr auch die amtliche Regelungspraxis, die nicht immer nachzuvollziehen sei, auf ein sinnvolles Maß eindämmen möchte. Denn gerade Handel und Gastronomie seien mitunter Verordnungen ausgesetzt, die einer adäquaten Entfaltung im Wege stünden und bisweilen sogar zu Ungleichbehandlungen führten. So seien die einen etwa gezwungen, ihr Geschäft zu Fuß anzudienen, während andere wiederum über den Petrusplatz direkt vor den Laden liefern könnten.

Auch agiere das Ordnungsamt in Sachen Außenbestuhlung von Gastrobetrieben zu restriktiv, was gerade in einem Bereich kontraproduktiv sei, in dem sich Neu-Ulm als Wohlfühlstadt besonders profilieren könne. Dies vor allem, weil durch die entstehende Mall auf dem Bahnhofsgelände dem Stadtkern eine neue Qualität in Sachen Kulinarik und Kultur verliehen werden könne.

Eine mögliche Entwicklung, die den bereits vorhandenen Kleinodien der Stadt zugute kommen und das Gesamtpaket abrunden würde. Nicht von ungefähr verwies der CSU-Stadtratsfraktionsvorsitzende Dr. Bernhard Maier auf die Bedeutung der 1857 erbauten Garnisons- und Pfarrkirche St. Johann Baptist, die nach Beurteilung von Fachleuten weltweit zu den bedeutendsten Kirchenbauten des 20. Jahrhunderts gehört.

Einen Steinwurf davon entfernt besitzt Neu-Ulm mit dem Schwal auf der Donauinsel eine weitere Besonderheit, ein stiller Rückzugsraum inmitten der Stadt. Nur wenige Schritte über die Holzbrücke führen wie in eine andere Welt, in der Menschen im Schatten mächtiger Bäumen Entspannung und Entschleunigung finden – und sei es nur während der Mittagspause. Diese bereits bestehende Qualität noch weiter zu entwickeln, etwa durch Angebote im Bereich der Literatur und der „stillen“ Künste, können sich die Spaziergänger im Auftrag der Stadtqualität durchaus vorstellen.

Erbauendes war vom Stadtspaziergang nicht zu erwarten. Allein, er hat Erkenntnisse gebracht, wo der Schuh drückt, Hebel anzusetzen sind und für eine Überzeugung gesorgt: Sollten die skizzierten Verbesserungsvorschläge entsprechend umgesetzt werden, stehen die Chancen nicht schlecht, zwischen Herdbrücke, Petrusplatz und Rathaus tatsächlich ein neues, homogenes Viertel zu schaffen, damit künftig mehr Menschen die Herdbrücke in anderer Richtung beschreiten als bisher.

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