Schlimmer Finger

Zunächst trat er exhibitionistisch auf, der Finger – als so genannter ‚Zeigefinger’.
Dann betätigte er sich eine Zeit lang als ‚Stinkefinger’.
Beides brachte ihm jedoch immer wieder Ärger ein.
Da besann sich der Finger auf etwas anderes und suchte sich irgendwelche neuen Wege.
Fortan fand sich in der Regel immer irgendein Loch, in das er sich genüsslich hineinstecken konnte. Am liebsten aber bohrte er in der Nase herum.
Dort konnte er sich drehen und wenden wie es ihm beliebte.
Dort konnte er jeweils verweilen solange er wollte.

Eines Tages stieß der Finger beim bedächtigen Bohren in der Nase auf eine sehr begehrliche Kruste. Und da ein Finger, der nicht ab und zu bei Gelegenheit auch etwas mitgehen lassen würde, kein richtiger Finger ist, sah er sich verstohlen um, riss sich die ertastete Kruste blitzschnell unter den Nagel und ließ sie als Beutestück unerkannt mitgehen.
Er begutachtete seine Trophäe im Tageslicht von allen Seiten, hielt sie hoch, um sie dann voller Stolz allen vorbeieilenden Augen zu zeigen.
Alle erblickenden Augen wandten sich jedoch angewidert ab.
Unbeeindruckt nahm der Finger seine Kruste mit nachhause, legte sie auf ein eigens aus Streichhölzern gebasteltes, lackiertes Gestell und stellte dieses in eine Glasvitrine.
Darunter brachte er ein Messingschildchen mit der Aufschrift:

gebo(h)ren am Sonntag den 12. September 2004 um 14,23 Uhr
in der Ludwigstraße - Länge 4,3 cm, Gewicht 0,14 Gramm

an.

In den folgenden Monaten suchte der Finger immer wieder seinen Weg in die Löcher der Nase und förderte dabei allerlei für die Sammlung zutage.

Zur Vernissage der ersten Ausstellung des Fingers unter dem Titel: „Krustenwelten“ werden sicher sehr viele neugierige Augen zugegen sein.

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Kreiner aus München

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