"Ach..., Sie sind der Frauenplatz?" - Realsatire (nach einer wahren Begebenheit)

Ich bin Schriftsteller und halte satirische Lesungen an ungewöhnlichen Orten ab, wie: Waschsalons, Arztpraxen, Autohäusern etc.
Zu einer derartigen Lesung in einer Zahnarztpraxis am Frauenplatz unterhalb der Frauendoms in München, war es notwendig, mit meinem gesamten Equipment (Verstärker, Lautsprecher Mikrofone etc.) die Fußgängerzone zum Zwecke des Aus- und Einladens zu befahren.
Also brauchte ich eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren der Fußgängerzone.

Zunächst rief ich eine Nummer der Stadtverwaltung an. Am Telefon wurde mir von einer freundlichen Frauenstimme mitgeteilt, dass das Kreisverwaltungsreferat dafür zuständig wäre.
Also machte ich mich auf zum Kreisverwaltungsreferat.
An der Pforte am Eingang trug ich mein Begehren vor und wurde auf das Zimmer 3035 im dritten Stockwerk geschickt. Dort stellte ich mich brav in die Schlange der Wartenden.
Nach etwa 30 Minuten kam ich dann an die Reihe.
Von einer jungen Frau mit den Traummaßen 90-60-90 – (ebenso das andere Bein) – erfuhr ich dann, dass das Kreisverwaltungsreferat für mein Anliegen überhaupt nicht zuständig sei, sondern vielmehr das Baureferat – Abt. VVSoNu – Sondernutzung in der Friedenstraße 40. (in der Nähe des Ostbahnhofes am anderen Ende der Stadt!)
Buchbinder Wanninger lässt grüßen, dachte ich!
Es war mir schon beinahe zuviel und deshalb fragte ich einen, mir gerade am Eingang des KVR entgegenkommenden jungen Polizeibeamten, wie das Befahren einer gesperrten Straße (wie z.B. Fußgängerzone) eigentlich sanktioniert würde.
Dieser meinte nur, dass dies lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellen würde und es immer Ermessenssache des Beamten vor Ort sei. Das kann dann von mündlicher Verwarnung und bei Behinderung bis zu einem Verwarnungsgeld von 50,- € reichen.
Aber in der Regel würde es so etwa 15,- Euro kosten!

Einige Sekunden lang zog ich in Erwägung, diese 15,- Euro doch einfach zu riskieren und es darauf ankommen zu lassen, denn ich war weder behindert noch hatte ich vor, irgendjemand zu behindern – rief dann aber am Nachmittag dennoch beim Baureferat in der Friedenstraße an.
Von dort wurde mir dann per Fax ein einseitiger Antrag zugesandt, den ich unter Angabe von Gründen, der Fahrzeugdaten mit genauem Gewicht des Fahrzeuges und der Beladung, der Uhrzeit etc. ausgefüllt sofort zurückfaxen sollte und den ich, wie mir dann gesagt wurde, am kommenden Vormittag zur Parteiverkehr-Zeit ab 8.00 Uhr in der Friedenstraße im Original abholen könne.

Als ich dann etwa eine halbe Stunde nach Absenden des Faxes noch einmal bei der Sachbearbeiterin anrief, um die ursprünglich auf dem Antrag angegebene Zeit um eine Stunde vorzuverlegen, wusste diese nicht gleich, um welchen Vorgang es sich handelte.
Als ich bemerkte, dass ich Ihr gerade den Antrag zurückgefaxt hatte, meinte diese plötzlich:

„Ach…, sind Sie der Frauenplatz?“
– worauf mir nur spontan einfiel:
„Ja – und Sie sind doch das Baureferat… richtig?“

Am darauf folgenden Vormittag holte ich dann die rosa Genehmigung zum Befahren des Frauenplatzes zum Zwecke des Ausladens beim Baureferat in der Friedenstraße ab.

„Vorher müssen Sie mit diesem Beleg noch zur Kasse…“ meinte die Sachbearbeiterin, „…die Genehmigung kostet 15,- Euro!“

Wolfgang Kreiner© 2001
aus: „kein Grund lauthals zu singen“
Gryphon Verlag München
ISBN 978-3-935192-25-5

Bürgerreporter:in:

Wolfgang Kreiner aus München

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